Synode in Rom wird auf Offenheit für Veränderungen eingeschworen
Zu Beginn ihrer letzten Versammlungswoche in Rom ist die katholische Weltsynode auf Offenheit für dynamische Veränderungen eingestimmt worden. In zwei geistlichen Impulsen und einer theologischen Grundsatzrede wurden die rund 350 Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Montagvormittag beschworen, für Veränderungen bereit zu sein und nicht in Kontroversen zu verfallen.
Der britische Dominikaner Timothy Radcliffe appellierte an die Synodalen, der Versuchung zu widerstehen, in eine "unfruchtbare parteipolitische Denkweise" zu verfallen. "Das ist nicht der Weg der Synode. Der synodale Prozess ist eher organisch (...) Er gleicht eher dem Pflanzen eines Baumes als dem Gewinnen eines Kampfes und wird daher für viele schwer zu verstehen sein", so die Mahnung des 78-Jährigen.
Radcliffe, ein langjähriger Oberer des weltweiten Dominikanerordens, hatte in den vergangenen drei Wochen mit immer neuen geistlichen Impulsen das Denken und Sprechen der in Rom tagenden Versammlung mit geprägt. Seine Ideen und Anregungen wurden von zahlreichen Teilnehmern in ihren Beiträgen aufgegriffen.
Die kommenden elf Monate bis zur zweiten, abschließenden Synodenversammlung im Oktober 2024 verglich Radcliffe in seinem finalen Impuls am Montag mit einer Schwangerschaft. Es sei eine Zeit des aktiven Wartens. Weiter sagte er: "Wenn wir unseren Geist und unser Herz offen halten für die Menschen, denen wir hier begegnet sind, für ihre Hoffnungen und Ängste empfänglich sind, dann werden ihre Worte in unserem Leben keimen und unsere in ihrem. Es wird eine reiche Ernte geben, eine vollere Wahrheit. Dann wird die Kirche erneuert werden."
Die bei der Synode ebenfalls immer wieder mit Impulsen präsente italienische Ordensoberin Maria Grazia Angelini führte aus, die Synode sei berufen, eine Synthese als Aussaat zu wagen, einen Weg zur Reform im Sinne einer neuen Form zu eröffnen. Es gehe darum, unter den vielen bei der Synode gehörten Worten das zu erfassen, was voller Zukunft ist und es fruchtbar werden zu lassen.
"Tradition ist eine lebendige Realität"
Den wichtigsten theologischen Impuls für den Start in die letzte Synodenwoche setzte der australische Theologieprofessor Ormond Rush von der Australian Catholic University in Brisbane. Er erinnerte an die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Dieses habe ein dynamisches Verständnis der kirchlichen Tradition gelehrt und einen statischen Traditionsbegriff überwunden.
Zum Beleg zitierte Rush den damaligen Konzilsberater Joseph Ratzinger (später Papst Benedikt XVI.). Dieser schrieb in einem Konzilskommentar: "Nicht alles, was es in der Kirche gibt, muss deshalb auch eine legitime Tradition sein." Es gebe sowohl eine verfälschende als auch eine legitime Tradition, so Ratzinger. Folglich müsse die Tradition "auch kritisch betrachtet werden; wir haben die Heilige Schrift als Kriterium für diese unerlässliche Kritik der Tradition".
Rush zitierte in diesem Zusammenhang auch Papst Franziskus. Dieser hatte 2017 gesagt: "Die Tradition ist eine lebendige Realität und nur eine begrenzte Sicht kann sich das (...) Glaubensgut, als etwas Statisches, Unbewegliches vorstellen." Und weiter: "Das Wort Gottes ist eine dynamische Wirklichkeit, stets lebendig, und es entwickelt sich und wächst."
"Gott wartet auf Ihre Antwort"
Die Synode sei ein "Dialog mit Gott", erinnerte der Theologe einmal mehr. Dies sei "Privileg und Herausforderung" der bei der Synode praktizierten spirituellen Konversation gewesen, wandte sich Rush an die Versammelten. "Gott wartet auf Ihre Antwort."
Nach den Impulsen standen über mehrere Tage Debatten und Entscheidungen der Weltsynode an. Zunächst sollte die Versammlung eine "Botschaft an das Volk Gottes" verabschieden. Im Verlauf der Woche sollten die Synodalen über das weitere Vorgehen bis zur nächsten Versammlung im Oktober 2024 beraten und über ein bis dahin gültiges, vorläufiges Abschlusspapier in Form eines Syntheseberichts entscheiden.
Quelle: kathpress