Zulehner: An entwickeltem Ehrenamt hängt Zukunft der Kirche
Wem an der Zukunft der Kirche und ihrer Handlungsfähigkeit liegt, "wird das entwickelte Ehrenamt nach Kräften fördern". Das betonte der Wiener Theologe und Religionssoziologe Paul Zulehner am Montag in einem Blogeintrag. Der Mangel an Priestern und Geld begünstige einen tiefgreifenden Umbau der kirchlichen Sozialgestalt, die theologisch bereits vom Zweiten Vatikanischen Konzil grundgelegt worden sei: Aus einer "klerikalen Priesterkirche" sei eine "moderne Dienstleistungskirche" geworden, in der sich allerdings Ehrenamtliche dagegen wehren würden, "lediglich Lückenbüßer für fehlende Priester und hauptamtliche Laien zu sein". Die Kirche muss laut Zulehner "Ehrenamts-förderlich" sein, denn sie werde nur in Gestalt einer "Berufungs- und Beteiligungskirche" überleben.
Ausgangspunkt für diese These Zulehners ist eine im Vorjahr durchgeführte, von der Katholischen Aktion (KA) der Diözese St. Pölten beauftragte Studie über ehrenamtliche Tätigkeit in der katholischen Kirche. Gemeinsam mit dem früheren St. Pöltener KA-Präsidenten Armin Haiderer gab der Theologe jüngst das Buch "... Weil es mir Freude macht" heraus. Dessen programmatischer Untertitel lautet "Ehrenamt macht die Kirchen zukunftsfit".
Die beiden Autoren ignorieren dabei nicht die "weniger guten Nachrichten" rund um das Ehrenamt. Fast zwei Drittel der im deutschsprachigen Raum Befragten gaben an, schon einmal darüber nachgedacht zu haben, mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit aufzuhören. Weil sie mit Familie und Beruf ausgelastet sind, weil sie auch Frust in der Kirche erleben oder schlicht aus Altersgründen. Es sei schwer, so klagen viele, junge Leute für ehrenamtliche Tätigkeiten zu gewinnen.
Anstoß für die Selbstentwicklung
Wie die Studie ergab, müsse das aber nicht so bleiben - vorausgesetzt, das Ehrenamt entwickelt sich weiter. Eine wachsende Zahl zumal der jüngeren Befragten sehe es als Bonus, dass ehrenamtliches Engagement auch für die eigene Selbstentwicklung viel bringt, nämlich Anerkennung, Gestaltungsmacht und Beheimatung. Zulehner dazu: "Gottes Lohn und Selbstbelohnung schließen einander ebenso wenig aus wie Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe."
Wenn nun der "verzögerte Umbau" einer Kirche, in der laut dem Konzil alle Getauften das Wirken der Kirche in deren Gemeinden, Gemeinschaften und Einrichtungen tragen sollen, geschehen solle, dann gelte es "Ehrenamts-förderlich" zu sein bzw. zu werden. Dazu bietet die Studie nach den Worten Zulehners wertvolle Anhaltspunkte. Gefordert seien für die Betroffenen befriedigende "Ehrenamtskarrieren" mit einem klaren Beginn, einem Ende, fest umrissenen Aufgabenstellungen, mit Budget, Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, professioneller Unterstützung und einer respektvollen "Anerkennungskultur". Entscheidend sei auch eine "synodale Beteiligungskultur" in der Kirche - aktuell Thema der laufenden Welt-Bischofssynode in Rom. "Folgenlose Beratungstätigkeit zählt zu den verständlichen Gründen, dass jemand aufhören will", schrieb Zulehner.
Teil der Jesusbewegung sein wollen
Wichtig für ehrenamtliches Engagement in der Kirche sei als Grundlage, "dass Menschen ihre unvertretbare Berufung von Gott angenommen haben" und Teil einer Jesusbewegung für eine "himmelsförmigere Welt" sein wollen. Dergestalt Entschlossene würden auch durch Schattenseiten der kirchlichen Gemeinschaft und der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht verunsichert werden, so der Theologe.
Kirchlicherseits seien auch Überlegungen angezeigt, den Schritt vom Ehrenamt in sakramentale Beauftragung - also Ordination - offenzuhalten. Im kirchlichen Leben bewährte Personen - Zulehner nennt sie "personae probatae" - würden dann berufsbegleitend ausgebildet und vom Bischof in ein Team von Ordinierten für diese Gemeinde geweiht: "Theologisch spricht nichts dagegen."
Der in Kral Verlag erschienene Band "... Weil es mir Freude macht. Ehrenamt macht die Kirchen zukunftsfit" von Paul Zulehner und Armin Haiderer wird im Lauf des Herbstes noch mehrfach präsentiert, u.a. am Dienstag, 17. Oktober, um 19 Uhr im Bildungshaus "Laudato si" des Stifts Zwettl, am 7. November im K-Haus Eggenburg und am 14. November in der Amstettener Pfarre Herz Jesu.
(Link zum Blog: https://zulehner.wordpress.com)
Quelle: kathpress