Bischof Küng gegen weitere Liberalisierung der Abtreibungspraxis
"Die Politik hat die persönliche Selbstbestimmung zum obersten Dogma erklärt": Darauf hat der emeritierte St. Pöltner Bischof Klaus Küng am Samstag bei einem Gottesdienst vor dem "Marsch fürs Leben" in Wien hingewiesen. In seiner Predigt in der Karlskirche kritisierte der Bischof das damit einhergehende Recht auf Abtreibung sowie Recht auf Beihilfe zum Suizid. Christinnen und Christen seien dazu aufgerufen, Schwangeren in Not mit Verständnis und Hilfe zu begegnen sowie sich im Lebensschutz von Alten und Kranken zu engagieren, so Küng, der sich zudem gegen eine weitere Liberalisierung der Abtreibungspraxis aussprach. Die Politik solle sich vielmehr "wegen der demografischen Frage und der Überalterung in weiten Teilen der Welt den Kopf zerbrechen.
Kritik übte der Bischof an der Argumentation, dass Abtreibung heute für alle zugänglich und möglich sein müsse, "um die Gesundheit der Frau zu schützen, auch die psychische". Wahr sei hingegen, dass eine Abtreibung eine "tiefe Wunden in den Frauen hinterlässt, die ihr Kind abtreiben lassen". Der Kirche komme dabei die Aufgabe zu, betroffene Frauen zu unterstützen und Mut zuzusprechen. Küng weiter: "Das ist ein wichtiger Dienst."
Wer sich für den Schutz des Lebens einsetzt, muss sich laut Küng auch teils dem Vorwurf des Fundamentalismus stellen. Dem entgegnete der emeritierte Bischof: "Lieber etwas fundamentalistisch als ohne Fundament." So würden manche verbreitete Argumentationsweisen für Abtreibung und die Beihilfe zum Suizid von falschen Grundlagen ausgehen, und seien damit "ohne Fundament".
"Es wird immer gefährlicher, wenn man für Lebensschutz eintritt", sagte Küng zu Beginn der Messe. Er erinnerte dabei an den Gedenktag des hl. Papstes Kallistus, den die katholische Kirche am Samstag beging und dessen Märtyrer-Tod. Gleichzeitig warnte der Bischof vor Verhärtung oder Überheblichkeit aufseiten der "Pro-Life-Bewegung": "Friede beginnt im Herzen."
Lebensschutz für Sterbende und Kranke
Küng, der als Bischof zwischen 2004 und 2018 die Diözese St. Pölten und zuvor die Diözese Feldkirch leitete, war bis zu seiner Emeritierung in der Österreichischen Bischofskonferenz für die Bereiche Ehe und Familie sowie Lebensschutz zuständig. Bezüglich Lebensschutz strich der Bischof in seiner Predigt auch den notwendigen Schutz von Alten und Kranken hervor. Eine Absage erteile er dabei Argumenten, die den assistierten Suizid oder die weitgehende Freigabe der Euthanasie begründeten "als wäre es eine Hilfestellung".
Betroffene benötigten vielmehr Anteilnahme, Begleitung und eine Palliativmedizin, um Leiden zu lindern und erträglicher zu machen. "Immer werden wir die Freiheit jedes Menschen respektieren, allen bewusst machen, dass wir für sie da sind", so Küng wörtlich. Letztlich sei "Gott allein der Herr über Leben und Tod", daher werde sich die Kirche niemals dazu hergeben, bei einem Suizid mitzuwirken.
Der Einsatz für den Lebensschutz impliziere auch die Verteidigung der Gewissensfreiheit der Ärzte, des Krankenpflegepersonals, der Hebammen und der Angehörigen. "Diese Gewissensfreiheit ist auch ein fundamentales Menschenrecht, so wie die Religionsfreiheit ebenfalls ein fundamentales Menschenrecht ist", so Küng am Ende seiner Predigt.
"Marsch fürs Leben"
Vor Beginn der Kundgebung gab es neben der Messe mit Bischof Küng auch weitere religiöse Feiern, etwa eine orthodoxe Liturgie in der Kapelle zum Hl. Johannes Chrysostomos, ein evangelischer Gebetsgottesdienst im "Campus Hub Wien" sowie eine Messe in der Paulanerkirche.
Im Rahmen der darauffolgenden Kundgebung am Karlsplatz sprach u.a. der Direktor des "Instituts für Ehe und Familie" (IEF), Johannes Reinprecht, laut dem 90 Prozent der Föten mit Verdacht auf eine Behinderung vor der Geburt abgetrieben werden. Der Hauptgrund dafür sei die Angst vor einem Leben mit einem behinderten Kind, so der Leiter der Einrichtung der Österreichischen Bischofskonferenz. Betroffene Eltern benötigten mehr Unterstützung. Reinprecht verwies dabei auf die kostenlosen Angebote des IEF, wie Beratungen und Unterstützung bei Behördengängen.
Die Initiatorin der Bürgerinitiative "#fairändern", Petra Plonner, forderte einmal mehr eine österreichweite anonyme Abtreibungsstatistik sowie faire Bedingungen und mehr Ressourcen für schwangere Frauen. Positiv bewertete sie die künftige Abtreibungs-Motivforschung in Salzburg und Tirol. Sie verwies zudem auf eine vom Marktforschungsinstitut "IMAS" durchgeführte Umfrage, laut der 77 Prozent für eine stärkere Unterstützung von ungeplant schwangeren Frauen sind. Plonner forderte zudem eine mehrtägige Bedenkzeit vor dem Schwangerschaftsabbruch.
Bei dem auf die Messe in der Karlskirche folgenden "Marsch fürs Leben" nahmen in der Wiener Innenstadt laut Veranstaltern rund 2.000 Personen teil. Der Marsch startete bei der Karlskirche um circa 14 Uhr. Die Strecke führt über den Schweizergarten - wo eine Zwischenkundgebung stattfindet, über das Arsenal wieder zurück zum Karlsplatz. Laut Wiener Polizei war eine Gegendemonstration offiziell angemeldet.
Quelle: kathpress