Vor Treffen mit Nehammer: NGOs fordern Maßnahmen gegen Armut
Vor dem Treffen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) mit Vertreterinnen und Vertretern von Hilfsorganisationen am Freitag haben Caritas und Diakonie Vorschläge zur Verringerung von Armut in Österreich eingebracht. "Wir werden den Austausch nutzen, um über die Not von Menschen auch in Österreich aufzuklären und einmal mehr ein armutsfestes Sozialnetz fordern", betonte Caritas-Präsident Michael Landau am Donnerstag in einer Aussendung. "Wir sollten morgen über die Verringerung von Kinderarmut sprechen", meldete sich auch Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser per Aussendung zu Wort.
Auslöser der Veranstaltung im "Schutzhaus Zukunft" im 15. Bezirk in Wien war ein an die Öffentlichkeit gespieltes Video über einen Auftritt Nehammes in Hallein, wo er etwa die hohe Teilzeit-Quote von Frauen beklagte, die Sozialpartner sinngemäß als Bremser kritisierte und meinte, dass in Österreich niemand hungern müsse, indem er auf Hamburger-Preise verwies. Die darauf folgende teils scharfe Kritik motivierte den ÖVP-Chef, 13 Organisationen zu einem 90-minütigen Gespräch einzuladen.
"Wir verstehen es als unseren Auftrag, Menschen eine Stimme zu geben, die sonst oft überhört werden. Deshalb werden wir auch den Austausch mit Bundeskanzler Nehammer am Freitag nutzen und über die Lebensrealitäten von Menschen in Not hier in Österreich berichten", erklärte Landau: "Dass dieser Bildabgleich nötig ist, haben die letzten Tage und Wochen gezeigt", zeigte sich der Caritas-Präsident im Vorfeld des Treffens überzeugt. Die Hilfsorganisation werde mit drei Armutsexpertinnen bzw. Einrichtungsleitungen bei dem Gipfel aus der Praxis berichten.
Auch wenn in den vergangenen Monaten viel getan worden sei, um Armut zu bekämpfen, bleibe unbestritten, dass der Druck der auf armutsbetroffene Menschen nach wie vor hoch ist. Landau: "Die Schlangen vor unseren Lebensmittelausgaben und in den Beratungsstellen sind noch immer besorgniserregend lang. Wir werden den Termin morgen daher nutzen, um weitere wichtige Reformen einzufordern."
Die Hilfsorganisation geht mit drei konkreten Forderungen in die Gespräche. So mahne man seit Langem die Reform der Sozialhilfe ein. Hier brauche es dringlich Maßnahmen, um die Sozialhilfe wieder zum letzten Auffangnetz für alle Menschen in Österreich zu machen. Auch die Anhebung der Ausgleichszulage wird eingemahnt. Eine Anhebung wäre rasch möglich und würde etwa Mindestpensionistinnen und -pensionisten zielgerichtet helfen. Zuletzt brauche es auch Maßnahmen gegen Kinderarmut, so brauche es "armutsfeste Familienleistungen" und einen wirklich schnellen Ausbau samt Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, so Landau
Diakonie: Kinderarmut verringern
Die evangelische Diakonie will bei dem Treffen Maßnahmen gegen Kinderarmut vorbringen. Dafür gelte es, die Sozialhilfe zu reformieren, Präventionsketten einzuführen, warmes Schul-Essen zu etablieren und die Europäische Kindergarantie umzusetzen. "Jetzt in der Teuerung brauchen wir eine Sozialhilfe, die gegen Armut wirkt. Doch das Sozialhilfegesetz versagt in der Krise", kritisierte Diakonie-Direktorin Moser. Man wolle den Kanzler zur dringenden Reform und zur Rückkehr zum Prinzip der Mindest-Sicherung aufrufen.
Frauendiskriminierung fördert Armut
Neben der Caritas und der Diakonie hat sich am Donnerstag auch die ebenfalls eingeladene Katholische Frauenbewegung zum Treffen von Bundeskanzler Karl Nehammer mit Hilfsorganisationen tags darauf zu Wort gemeldet. Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl will dabei, wie sie gegenüber Kathpress mitteilte, den Blick auf die Verbindung von Armut mit der Situation vieler Frauen in Österreich lenken. "Armut ist verknüpft mit Geschlechterklischees und Frauendiskriminierung", wies sie hin; Armutsbekämpfung müsse somit mit dem Bemühen um Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung einhergehen.
Die Katholische Frauenbewegung erhofft sich vom Austausch mit Nehammer im "Schutzhaus Zukunft" in Wien-Fünfhaus Verständnis für die Förderung bewusstseinsbildender Maßnahmen, die auf eine faire Aufteilung der Verantwortung zwischen Mann und Frau abzielen. Die kfbö unterstütze dafür die von ihren ebenfalls eingeladenen Partnerorganisationen erhobenen Forderungen nach einer Sozialhilfereform, Anhebung der Ausgleichszulage, Kindergrundsicherung und ausgebauten Kinderbetreuung. Zusätzlich verwies die Frauenbewegung auf die Notwendigkeit, dass von Vätern nicht geleistete Unterhaltszahlungen staatlich garantiert werden. Tausende Kinder und Mütter in Österreich seien davon betroffen.
Quelle: kathpress