Kindschaftsrecht: Familienorganisationen appellieren an Regierung
Unter den auf die lange Bank geschobenen Reformvorhaben der türkis-grünen Bundesregierung ist laut österreichischen Familienorganisationen auch das Kindschaftsrecht: In einem offenen Brief an Bundeskanzler Karl Nehammer, Familienministerin Susanne Raab und Justizministerin Alma Zadic haben am Mittwoch Vertreter von Katholischem Familienverband, Kinderfreunden, Plattform für Alleinerziehende (ÖPA) und die "Regenbogenfamilien"-Lobby "Famos" beklagt, dass ein vor drei Jahren gestarteter Reformprozess zum Kindschaftsrecht ins Stocken geriet: Seit mehr als einem Jahr gebe es keine Treffen der damals unter Einbindung von Fachleuten und NGOs eingerichteten Arbeitsgruppen mehr, "weitere Schritte fehlen".
Die unterzeichnenden Familienorganisationen, deren Anliegen u.a. von Caritas, Diakonie, Katholischer Frauenbewegung und dem Netzwerk Kinderrechte Österreich unterstützt werden, erinnerten die Regierungsmitglieder an ihr Vorhaben zu Beginn der Legislaturperiode: Die Modernisierung des Kindschaftsrechts sollte zu einer Vereinfachung und Rechtssicherheit des Unterhaltsrechtes, zum Lückenschluss beim Unterhaltsvorschuss und zu mehr Schutz der Familien vor Gewalt führen. Es galt sicherzustellen, "dass Eltern und Kinder gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können".
Das zuständige Justizministerium habe dazu 2020 einen "intensiven partizipativen Reformprozess" gestartet. Eingebunden waren u.a. Fachleute aus Kinder- und Gewaltschutzeinrichtungen, Familienverbänden, Frauen- und Väterorganisationen. Das damals erarbeitete Konzeptpapier sei "unter Verschluss, konkrete Inhalte sind nicht bekannt", kritisieren die Unterzeichner des Offenen Briefs. Es fehle an Informationen gegenüber den damals Konsultierten wie auch der Öffentlichkeit, wann der Gesetzesentwurf in die Begutachtungsphase geht.
Die im familienpolitischen Beirat vertretenen Familienorganisationen äußerten die Sorge, "dass dieses wichtige Reformvorhaben zum Schutz der Kinder und der Familien letztlich eingestellt wird". Und das, obwohl die Umsetzung der Reform noch in dieser Legislaturperiode dringend geboten wäre.
Familienverband, Kinderfreunde, ÖPA und "Famos" fordern nun eine breite öffentliche Diskussion über den geplanten Entwurf und Klarheit über das weitere Prozedere, das in ein Begutachtungsverfahren münden solle.
Familienverband pocht auf 24 Monate Karenz
In einer eigenen Aussendung bekräftigte der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) am Mittwoch im Anschluss an seine Jahreshauptversammlung eine Forderung die Elternkarenz betreffend: Es solle weiterhin das Recht auf 24 Monate ohne verpflichtende Aufteilung zwischen Mutter und Vater bestehen. Um die Betreuungs- und Pflegeaufgaben zwischen beiden Geschlechtern EU-konform aufzuteilen, hatte der Nationalrat am 20. September beschlossen, dass die vollen zwei Jahre nur mehr dann gewährt werden, wenn jeder Elternteil zumindest zwei Monate Karenz nimmt.
Peter Mender, Präsident des Katholischen Familienverbandes, wies darauf hin, "dass viele Eltern sich die ersten Jahre selbst um ihre Kinder kümmern und selber entscheiden wollen, wer diese Zeit wie lange nutzt". Als einer der ersten Arbeitgeber Österreichs garantiere der KFÖ und seine neun Diözesanverbände ihren Mitarbeitenden den vollen Karenzanspruch ohne Einschränkung. Mender hofft auf viele Nachahmer in Kirche und Privatwirtschaft.
Der Familienverband begrüße grundsätzlich eine partnerschaftliche Aufteilung. "Allerdings gilt es, den Blick auf das Kind zu richten", so Mender. Eine mögliche Verkürzung der Karenz um zwei Monate - wenn etwa Väter beruflich unabkömmlich sind - "würde bedeuten, dem Kind Zeit mit seinen Eltern zu nehmen. Das lehnen wir ab".
Quelle: kathpress