Hospiz-Rektor Bugnyar: Israel erlebt sein "Nine-Eleven"
Israel erlebt gerade eine nationale Katastrophe, die an den Terror von "Nine-Eleven" im Jahr 2001 erinnert. Das hat der Rektor des Österreichischen Pilger-Hospizes in Jerusalem, Markus Bugnyar, am Sonntag beklagt. "Noch nie in der Geschichte des Landes hat es eine solche Eskalation gegeben", sagte der selbst seit fast 20 Jahren in Israel tätige Priester in einem weiteren, auf Facebook und der Plattform X veröffentlichen Video.
Wenn die Regierung Netanyahu nun einen "gnadenlosen Kampf" ankündige, um die Terrororganisation Hamas handlungsunfähig zu machen, ist laut Bugnyar unabsehbar, "was das im Detail bedeutet". Und niemand könne die Reaktion anderer involvierter Gruppen wie die Hisbollah im Libanon, die Mullahs im Iran, die Palästinenser in der Westbank und die Araber innerhalb Israels abschätzen.
Der österreichische Priester wies auf die Vorgeschichte zur jüngsten Hamas-Attacke auf israelischen Boden hin: Seit Monaten seien massive Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern im Westjordanland zu beobachten; heuer im Mai habe es bereits so etwas wie eine "Generalprobe" gegeben. "Für uns hier vor Ort war es nur eine Frage der Zeit. Dass es passiert, war klar, das Wann war unklar. Bis gestern", erklärte Bugnyar.
Zu kurz greife es zu meinen, die Israelis seien aufgrund Ihrer Blockade des Gazastreifens selber schuld an den jüngsten Attacken. Es dürfe nicht übersehen werden, dass täglich Menschen und Güter die Grenze passieren - "und dass Gaza auch eine gemeinsame Grenze zu seinem muslimischen Bruderland Ägypten hat". Israel habe sich bereits 2005 aktiv aus dem Gaza-Streifen zurückgezogen, erinnerte der Hospiz-Rektor. Seit 2006 regiere hier die Hamas alleine. Anders als im Westjordanland gebe es hier auch weder jüdische Siedlungen noch israelische Checkpoints. "Wozu also dieses ungekannte Maß an Brutalität?"
Die Strategie der Hamas
Bugnyars Erklärung: Die Hamas wolle ihren palästinensischen Schwestern und Brüdern in der Westbank signalisieren, dass sie für diese kämpfen und sie sich auf die Hamas verlassen können. Die palästinensische Führung in Ramallah sei dazu nach dieser Lesart nicht imstande. "Wer meint, die Hamas will hier lediglich ihre Partner im Libanon, im Iran und in Jordanien wachrütteln, der übersieht den wirklich tief sitzenden Frust der Palästinenser in der Westbank mit ihrer eigenen handlungsunfähigen und korrupten Elite", so Bugnyar.
Neben der "tödlichen Bedrohung Israels" mit einem möglichen Sturz der Regierung Netanyahu geht es nach der Analyse des Priesters somit auch um den Aufruf an die eigenen Leute im Westjordanland, Israel gemeinsam mit der Hamas zu schwächen. Was sich hier ankündige, sei ein Krieg an mehreren Fronten. Eine Rolle spiele dabei auch "Israel gegen seine Feinde innen und außen; und davon gibt es viele", wie Bugnyar festhielt.
"Gott steh uns bei!"
Im Pilger-Hospiz in Jerusalem sei die Lage weitgehend ruhig, auch wenn aktuell "im Minutentakt Stornierungen" hereinkämen. Die Nähe zu den Heiligen Stätten dreier Weltreligionen schütze die auf die Habsburger-Monarchie zurückgehende Einrichtung an der Via Dolorosa.
Abschließend bat Bugnyar um das Gebet, "nicht nur für uns. Sondern für alle Menschen, ganz gleich auf welcher Seite, ganz gleich welcher Religion". Sein Video schloss mit den Worten: "Gott steh uns bei!"
Quelle: Kathpress