Tück: Papst-Antworten auf "Dubia"-Kardinäle zu wenig konkret
Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück vermisst bei Papst Franziskus nicht nur den Mut zu klaren Entscheidungen, sondern auch jenen zu verbindlichen Antworten: So könnten die am Dienstag vom Vatikan veröffentlichten Antworten des Papstes auf die Anfragen von fünf Kardinälen ("Dubia") zwar als "konstruktiver Beitrag zur Überwindung der Polarisierung in der Kirche" verstanden werden - dennoch mangele es ihnen aus dogmatischer Sicht an Klarheit: "Die Antworten sind keine wirklichen Antworten. Sie treiben neue Fragen hervor", betonte der Professor für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien im Gespräch mit Kathpress.
Die Anfragen der Kardinäle betrafen Fragen der Lehre bzw. kirchlichen Lehrentwicklung, der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, der Leitungsvollmacht in der Kirche, des Verhältnisses von Priestern und Laien sowie die Rahmenbedingungen zu einer von Franziskus propagierten Kultur der Barmherzigkeit. Betrachte man die Antworten des Papstes auf diese Anfragen, so habe Franziskus damit "keine Punkte gesetzt, sondern Diskursräume offengehalten" und die Komplexität der Themen deutlich gemacht. Es sei eine offene Frage, ob die heute in Rom beginnende Synode am Ende mehr Klarheit bringen werde - und ob der Papst ihr überhaupt die finale Entscheidungskompetenz einräume.
Bei der Frage nach der kirchlichen Lehrentwicklung etwa weiche Franziskus dem Grundproblem aus, inwiefern die "Zeichen der Zeit" als neue Quellen der Offenbarung betrachtet werden könnten. Zweideutig bleibe auch seine Aussage zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, wenn er auf der einen Seite die Ehe als unauflösliche und exklusive Verbindung von Mann und Frau unterstreiche und praktizierte Homosexualität als Sünde qualifiziere, zugleich aber es als "Gebot pastoraler Klugheit" ansehe, auch andere Formen der Segnung zuzulassen. Er wolle an der Doktrin nicht rütteln, zugleich aber Spielräume offen halten. "Das mag man pastoral sensibel nennen, theologisch konsistent ist es nicht."
Auch in der Frage nach der Leitung der Kirche im Miteinander von Bischöfen und Laien bleibe Franziskus vage. "Wie das Verhältnis von Beratung und Entscheidung in einer synodalen Kirche am Ende ausfallen soll, lässt er offen". Gleiches gelte für das Verhältnis von Laien und Priestern und der Frage der Frauenordination. Die Entscheidung von Johannes Paul II. über die Unmöglichkeit der Frauenordination werde von Franziskus betont, allerdings müsse man über die Natur letztverbindlicher Entscheidungen neu nachdenken. Damit deute Franziskus an, dass der polnische Papst damals "auf fehlbare Weise unfehlbar gelehrt haben könnte". Kurz: "Franziskus will die Türe nun doch wieder öffnen, die er bei der fliegenden Pressekonferenz am 1. November 2016 schon geschlossen hatte, als er die Unmöglichkeit der Frauenordination bekräftigte."
Auch bei der Frage der Barmherzigkeit werde Franziskus am Ende darauf achten müssen, "dass seine Vision einer inklusiven Kirche nicht auf eine Theologie der 'billigen Gnade' hinausläuft, die am Ende nicht den Sünder, sondern die Sünde selbst rechtfertigt". Die päpstliche Kritik an einem überzogenen "Rigorismus" sollte also "nicht in die Falle des Laxismus laufen, der alles mit dem Schwamm der Barmherzigkeit wegwischt", so Tück abschließend.
Quelle: kathpress