Bischofssynode: Zulehner hofft auf Dezentralisierung der Kirche
Vorsichtig optimistisch hat sich der Wiener Pastoraltheologe Prof. Paul Zulehner im Blick auf die Bischofsversammlung im Vatikan gezeigt. Er plädierte eindringlich für Vielfalt in der katholischen Kirche, wobei diese nur möglich sein werde, wenn auf der Synode "eine Dezentralisierung und damit eine Inkulturation gelingt". Nur diese könne die derzeitige "lähmende Stagnation" beenden, wie der Theologe in seinem jüngsten Blog-Beitrag schreibt.
Möglicherweise werde es der einzige Erfolg der Synode sein, dass die Bischofskonferenzen und deren kontinentalen Verbünde die Zuständigkeit erhalten, in wichtigen Fragen des kirchlichen Alltagslebens eigene Wege einzuschlagen. "Dann könnten in Lateinamerika bewährte Gemeindeleitende ordiniert werden; anderswo könnte die Ordination von Frauen zu Diakoninnen möglich werden", wagt Zulehner einen Blick in die Zukunft.
Wäre dies künftig der Fall, dann werde die katholische Weltkirche tatsächlich noch vielfältiger. Manche würden dann wohl um die Einheit besorgt sein. Aber diese Einheit könne durch das neuformierte Papstamt gestützt werden. Es werde aber eine "kluge innerkatholische Ökumene" brauchen, so Zulehner. Wenn bei der Synode nichts anderes beschlossen wird, als eine dezentralisierte und kultursensible "Ekklesiologie des Vertrauens", dann werde sie ein epochaler Erfolg sein, so die Hoffnung des Theologen.
Ein ökumenisches Gebet am Samstagabend auf dem Petersplatz mit Papst Franziskus und tausenden Jugendlichen und weiteren Gläubigen aus aller Welt war der offizielle Startschuss zur Bischofssynode. Die Arbeitsphase der Synodenversammlung beginnt nach drei Besinnungstagen am 4. Oktober. Über fast vier Wochen werden rund 450 Synodale über eine Art neuer Verfassung für die Kirche beraten, die dem "Volk Gottes" mehr Mitbestimmung eröffnen soll. Die Bischofssynode ist Teil der 2021 vom Papst angestoßenen Weltsynode mit dem Titel "Eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation, Mission" - einem umfassenden Beratungsprozess, an dem die gesamte Weltkirche teilhaben soll.
Mehr Möglichkeiten für die Ortskirchen
In die gleiche Kerbe wie Prof. Zulehner schlug am Sonntag auch die Pastoraltheologin Petra Steinmair-Pösel in der ORF-Sendung "Orientierung". In Österreich sei im Rahmen des Synodalen Prozesses der Begriff der "Probierräume" bzw. "Experimentierräume"geprägt worden. Vielleicht eröffne die Weltsynode die Möglichkeit, in einer Ortskirche etwas auszuprobieren, was an anderen Orten derzeit noch undenkbar sei. So könnten neue Erfahrungen gesammelt und neue Wege entdeckt werden, ohne dass alle schon diese Wege gehen müssen, so Steinmair-Pösel. Sie war Mitglied des Redaktionsteams zur Erstellung des österreichischen Synoden-Synthesepapiers und gehörte auch der Österreich-Delegation bei der Kontinentalversammlung in Prag an.
In der Ö1-Religionssendung "Logos" befasst sich der Wiener Kirchenrechtler Prof. Andreas Kowatsch Samstagabend mit den Formen "demokratischer" Mitbestimmung in der Kirche, wobei Kowatsch einen grundlegenden Unterschied zum weltlichen Bereich hervorhob: In der Kirche seien "50 Prozent plus eine Stimme" nie genug, selbst eine Zwei-Drittel-Mehrheit reiche nicht aus. In kirchlichen Entscheidungsprozessen heiße das Ziel stets "Einmütigkeit".
Die römisch-katholische "Bischofssynode" ist zudem auch ein rein beratendes Gremium des Papstes. Dafür besteht sie nicht mehr ausschließlich aus Bischöfen.
Quelle: kathpress