Bischof Glettler: Tragik des Suizids mit "Netz von Hilfe" begegnen
Ein "gemeinsamer Kampf" durch ein "verstärktes Netz von Aufmerksamkeit und Hilfestellungen" ist nach den Worten von Bischof Hermann Glettler angesichts der Tragik der Selbsttötungen vonnöten: Zeiten hoher Suizidrate und Straffreistellung des assistierten Suizids verlangten "mehr solidarische Verbundenheit", erklärte der Innsbrucker Bischof im Vorfeld des Weltsuizidpräventionstages, der am Sonntag (10. September) begangen wird. "Zuhören hilft!", war in der Aussendung der Diözese Innsbruck zu lesen.
Für die Suizidprävention seien die Zeiten herausfordernd, angesichts einer Fülle belastender Krisen wie auch der Pandemie-Spätfolgen, stellte der Bischof fest. Suizid sei weltweit eine der häufigsten und zugleich am meisten tabuisierten Todesursachen. Immer handle es sich dabei - auch in der in Österreich mittlerweile straffreien assistierten Variante - um einen "Ausdruck großer Verzweiflung". Bei den Hinterbliebenen würden oft Ohnmachts- und Versagensgefühle ausgelöst sowie Fragen und Wunden, die "oft ein Leben lang bleiben".
Den am Sonntag begangenen Welttag der Suizidprävention bezeichnete der Bischof einerseits als Gedenktag an alle Menschen, die durch Suizid verstorben sind. "Zusätzlich sollen aber auch Hoffnungszeichen für jene gesetzt werden, die direkt oder indirekt davon betroffen sind", so Glettler. Besonders verwies der Innsbrucker Bischof dabei auf bestehende Hilfs-, Unterstützungs- und Beratungsangebote für Menschen in existenziellen Krisen, aber auch für sich sorgende und trauernde Angehörige, die jederzeit anonym in Anspruch genommen werden könnten; in Tirol seien dies unter anderem der Psychosoziale Krisendienst, die Telefonseelsorge und auch die Krankenhausseelsorge.
Reden bringt Erleichterung
Dass Menschen in Krisen und psychischen Ausnahmesituationen rasche Hilfe benötigten, unterstrich in der diözesanen Aussendung der Mitinitiator des Psychosozialen Krisendienst Tirol (PKT), Prof. Christian Haring. "Angst und Verzweiflung stürzt viele Menschen in eine suizidale Krise. Wir wissen aber, dass es für suizidale Menschen eine enorme Erleichterung ist, über ihr Problem sprechen zu können", so der Psychiater. Sei das Problem einmal erkannt, gebe es eine Reihe von erfolgreichen Methoden, um die Krise zu überwinden und um in weiterer Folge beispielsweise Depressionen oder Psychosen zu behandeln.
Auch an die um die Uhr unter der Notrufnummer 142 erreichbare Telefonseelsorge Innsbruck werden Suizidgedanken herangetragen - "vor allem nachts sowie häufig auch in unserer Chatberatung", berichtete deren Leiterin Astrid Höpperger. Da Suizid vor allem bei zu groß werdendem Schmerz angedacht werde, sei eine Schmerzlinderung hilfreich - "und diese ist durch persönliche Zuwendung möglich", so die Expertin. Oder, ganz konkret: "Zuhören, das Problem erzählen lassen, die Suizidgedanken und - Absichten aussprechen lassen - nicht wertend und mit Empathie und Respekt." Ein Gespräch könne ebenso wie eine Mail- oder Chatberatung eine "moralische Aufrichtung" bewirken und helfe vor allem dabei, "den Blick zu weiten".
Wege aus der Einsamkeit
Die Telefonseelsorge hat anlässlich des Welttages eine Liste mit "Konkreten Schritten aus der Einsamkeit hin zu mehr Verbundenheit" präsentiert. Erster Tipp ist gleich: "Sprechen Sie darüber. Viele leiden unter diesem Gefühl. Darüber reden hilft und verbindet", gefolgt von: "Bleiben Sie fähig für Austausch und Kommunikation." Empfohlen wird weiters: "Legen Sie Ihren Fokus auf Kontakte im echten Leben, nicht auf soziale Medien", und die Frage gestellt: "Gibt es eine Person, die Sie dabei unterstützen kann, neue Kontakte zu knüpfen? Sprechen Sie diese Person an, teilen Sie Ihre Bitte mit."
Zu den weiteren Ratschlägen gehört das tägliche Aufschreiben, wofür man dankbar oder was gut gelungen ist, was einem selbst gut tut und Freude bereitet, wie etwa Malen, Musikhören, Kochen, Basteln oder Schreiben. Es sei hilfreich, Letzteres öfter zu tun und fix in den Tagesablauf einzuplanen, ist in den Ratschlägen zu lesen. Ebenso auch: "Gehen Sie hinaus, Bewegung und Natur tun gut" sowie: "Laden Sie Leute zu sich ein - und wenn es "nur" ein kurzer Plausch bei einer Tasse Tee ist. Lassen Sie sich bei Absagen nicht entmutigen, probieren Sie es immer wieder einmal." Angeraten wird auch zu ehrenamtlichem Engagement, sowie zum Ausprobieren von Neuem. Auch hier gelte: "Bleiben Sie dran, auch wenn es nicht beim ersten Anlauf funktioniert."
Quelle: kathpress