Kirche lädt zu Gedenkfeiern für durch Suizid Verstorbene
"Hier wird niemand totgeschwiegen": Das betonen die Veranstalter der Gedenkfeiern für die an Suizid verstorbene Menschen, die rund um den Welttag der Suizidprävention (10. September) stattfinden. So gibt es etwa in der Wiener Innenstadt am Freitag, 8. September, ein solches Gedenken statt. Die Caritas, die Wiener Gesprächsinsel sowie die Telefonseelsorge laden dazu um 18 Uhr in die Ruprechtskirche (1., Ruprechtsplatz 1).
In Niederösterreich gibt es gleich zwei derartige Trauerfeiern. Im St. Pöltner Bildungshaus St. Hippolyt findet ebenfalls am Freitag, 8. September, sowie im Seitenstettener Bildungszentrum St. Benedikt am Samstag, 9. September, ein von der Kompetenzstelle Trauer der Caritas der Diözese Pölten, dem Mobilen Hospizdienst und dem PsychoSozialen Dienst der Caritas, der Telefonseelsorge sowie von AKUTTeam NÖ ausgerichtetes Gedenken statt. Beginn ist jeweils um 17.30 Uhr mit einem Ankommen und ins Gespräch kommen, gefolgt von einer Gedenkfeier um 19 Uhr und einer abschließenden Agape.
Stigma entgegentreten
Auch die Diözesen wollen zum Welttag der Stigmatisierung und Tabuisierung beim Thema Suizid entgegentreten und die Hinterbliebenen stärken. Suizide in der Familie oder im Freundeskreis veränderten schließlich das Leben grundlegend, unterstrich Kathrin Unterhofer, Leiterin der Kontaktstelle Trauer der Erzdiözese Wien, in einer Aussendung vom Donnerstag. "Neben dem Schmerz des Verlustes stoßen Menschen auf ein großes Tabu in der Gesellschaft. Für das nahe Umfeld ist es oft schwer, mit dem schambehafteten Thema Suizid umzugehen. Menschen haben Angst, etwas Falsches zu sagen", berichtete die Expertin. Manche Hinterbliebene fühlten sich deswegen alleine gelassen und werden von ihrem Umfeld gemieden, da Freunde und Familie ja nichts falsch machen wollen.
Diesen trauernden Menschen einen guten Platz in der Gesellschaft zu bieten, ist Ziel der Kontaktstelle Trauer. Ziel sei, das Thema Suizid zu enttabuisieren, Hinterbliebenen Mut zu machen und Hilfe zur Selbsthilfe bereitzustellen. Als einzige Institution in Wien bietet das Team der Kontaktstelle offene Trauergruppen für Angehörige nach einem Suizid an. So fördert man den Austausch unter Angehörigen und den Trauerprozess.
"In den Trauergruppen treffen sich Eltern, Partnerinnen und Partner, Geschwister sowie Freundinnen und Freunde, die einen lieben Menschen durch Suizid verloren haben. Hier können sie das Unaussprechliche aussprechen. Im Gespräch erfahren die Angehörigen, dass sie mit ihrer Trauer nicht alleine sind, sondern dass auch andere Menschen unter demselben Schicksal leiden. Der Austausch kann bei der Integration des Verlustes sehr förderlich sein", berichtete Unterhofer. Die Gespräche würden moderiert, Vertrautheit, respektvoller Umgang und Verschwiegenheit seien Grundlage der Begleitung.
Trauer sei mehr als nur ein Gefühl, sondern betreffe "den ganzen Menschen", so Unterhofer. Es gebe kein Patentrezept für Trauer, da jeder Mensch anders trauere. Das Team der Kontaktstelle empfiehlt daher neben der Gruppenbegleitung auch Einzelbegleitung, in der die persönliche Geschichte intensiv zur Sprache kommen kann. "Schuldgefühle und die Frage nach dem 'Warum' sind die häufigsten Reaktionen trauernder Hinterbliebener, die einen Angehörigen aufgrund eines Suizides verloren haben. Viele fragen sich, wie sie den Suizid hätten verhindern können, ob sie zu wenig getan oder etwas falsch gemacht haben", so die Trauerbegleiterin.
Einsamkeit macht krank
Speziell auf das Problem der Einsamkeit - als "Faktor, der häufig krank macht und vielen Betroffenen den Lebenswillen raubt" - wies zudem die Telefonseelsorge NÖ. Einsamkeit könne jeden treffen, wobei mangelnde Verbundenheit, Bindung und Zuwendung auf lange Sicht psychisch und physisch krank machten. "Betroffene weisen ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Angststörungen und Suizidgedanken auf. Sie fühlen sich von Stresssituationen und Krisen stärker bedroht", schilderte Ama Loeschcke, Leiterin der Telefonseelsorge NÖ, die Zusammenhänge.
Werde der Leidensdruck zu groß, könne ein Gespräch helfen, so Loeschke. Dafür seien die Angebote der Telefonseelsorge da, erreichbar unter der Notrufnummer 142 rund um die Uhr sowie im Chat täglich von 16 bis 23 Uhr. Der vertrauliche Rahmen ermögliche es Betroffenen, über ihre Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit zu reden. Auch Suizidgedanken könnten dabei offen und direkt thematisiert werden.
Suizidabsichten sind immer ernst zu nehmen, unterstrich Loeschcke: "In jedem Fall sind sie ein Notsignal dafür, dass der bzw. die Betroffene unter einem starken Leidensdruck steht und weder ein noch aus weiß." Dieser Hilferuf sollte keinesfalls überhört werden. Suizidale Absichten oder auch ein Suizidversuch stellten keinen unwiderruflichen Entschluss dar. "Hilfe ist möglich", so Loeschke. Wichtig sei, darüber zu sprechen: "Darüber reden hilft und verbindet."
Quelle: kathpress