Kirchen betonen bei "Gletscherbegräbnis" Verantwortung für Schöpfung
Die katholische und die evangelische Kirche haben am Dienstag ein "Gletscherbegräbnis" auf dem Großglockner gefeiert. Der Gurker Dompropst Engelbert Guggenberger verwies bei der symbolischen Beisetzung eines Sargs aus Eis auf Österreichs größtem Gletscher auf die Verantwortung der Menschen für die Schöpfung und die Dringlichkeit, diese "rasch und umfassend" zu übernehmen. Der Einladung der Organisation "Protect Our Winters Austria" und der kirchlichen Schöpfungsverantwortlichen zu dem Requiem waren zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Sport gefolgt. Ziel war es, auf die Gletscherschmelze und allgemeine Auswirkungen der Klimakrise aufmerksam zu machen.
Guggenberger, der selbst begeisterter Bergsteiger und Kletterer ist, leitete gemeinsam mit der evangelischen Pfarrerin Margit Leuthold, in Vertretung des erkrankten Kärntner evangelischen Superintendenten Manfred Sauer, einen symbolischen Trauerzug mit einem Sarg aus Eis von der Pasterze zum Besucherzentrum Kaiser-Franz-Josefs-Höhe. "Umweltschutz ist eine konkrete Form der Nächstenliebe. Deswegen ist es auch Anliegen und wesentliche Aufgabe der christlichen Kirchen, dies immer wieder und auf vielfältige Weise ins öffentliche Bewusstsein zu heben", sagte Dompropst Guggenberger.
"Die Pasterze wird früher als gedacht ihre Zunge verlieren und nicht mehr Österreichs größter Gletscher sein", wies Guggenberger auf die Auswirkungen des "durch das Verhalten des Menschen hervorgerufenen Klimawandels" hin. "Wir verlieren damit nicht nur eine alpine Naturschönheit, das Abschmelzen des Gletschers hat für uns alle gravierende Folgen."
Existenzielle Fragen
Wenn etwas Großes wie etwa die "Naturgegebenheit eines beeindruckenden Gletschers" zu Ende gehe, werfe das, so der Dompropst, "existentielle Fragen nach Tod und Leben, nach Ende und Anfang, nach Vergangenheit und Zukunft auf". Das Verschwinden des Gletschers sei nicht nur ein großer Verlust für die Gegenwart, sondern vor allem auch eine schmerzliche Minderung der Lebensqualität der zukünftigen Generationen.
Es benötige daher "eine neue gesellschaftliche Debatte darüber, welchen Lebensstil wir in Zukunft brauchen und wollen". Letztlich müsse sich aber jede und jeder Einzelne sich die Frage stellen, wie der persönliche Lebensstil so verändert werden könne, dass Nachhaltigkeit im Alltag konkrete Umsetzung erfahre, so der Geistliche.
Heile-Welt-Bild schmilzt
Das Requiem sei nicht "nicht nur symbolische Aktion, sondern Aufruf zur Umkehr", betonte die evangelische Pfarrerin Margit Leuthold. "Unsere Berge reagieren hier auf die globale Klimaveränderung und unser Bild der heilen Welt hier bei uns schmilzt mit dem Gletscher dahin", so Leuthold. Es gelte "Augen und Ohren" zu öffnen, "für die Forderungen, die junge Menschen an uns herantragen, die sich um die zögerliche Klimapolitik Sorgen machen".
Neben den Kirchenvertretern hatten die Nationalratsabgeordneten Carina Reiter (ÖVP), Lukas Hammer und Meri Disoski (beide Grüne) sowie Walter Rauch (FPÖ) ihre Teilnahme angekündigt, ebenso wie Europaparlamentarier Andreas Schieder (SPÖ). "Das Begräbnis symbolisiert den Verlust unserer Pasterze und macht mit aller Deutlichkeit auf die Auswirkungen der Klimakrise aufmerksam", betonte Hammer am Dienstag per Aussendung. "Es ist ein Weckruf, der niemanden von uns kaltlassen darf. Wir müssen Klimaschutz endlich als unsere wichtigste gemeinsame Aufgabe anerkennen - über alle Parteigrenzen hinweg", so der Appell des Grünen-Politikers.
Von sportlicher Seite hatten ÖSV-Athlet Julian Schütter und Freeride-Weltmeisterin Manuela Mandl ihr Kommen zugesagt. Ebenso waren Vertreterinnen und Vertreter der Tourismusregion sowie vom Nationalpark Hohe Tauern, Klimabündnis Kärnten und "Protect our Winters" zugegen.
Quelle: kathpress