
Philosoph Liessmann: Klimakrise kein Grund für schlechtes Gewissen
Fragen rund um das Klima gehören für den Philosophen Konrad Paul Liessmann in den Bereich der Physik und Chemie, auch der Ökonomie und Technik, "aber nicht der Moral". Insofern sei die Erderwärmung und damit verbundene Wetterkapriolen auch kein Grund für ein schlechtes Gewissen, sagte der em. Prof. für Philosophie, Essayist und Kulturpublizist im Interview des Canisiuswerk-Magazins "miteinander" (Ausgabe 9-10/2023). In dieser Einschätzung bestärkt habe ihn der "irrationale Weltuntergangspathos der Klimakleber", sagte Liessmann. Mit ihnen solidarisiere sich "nur eine verschwindende Minderheit"; auch von den Jugendlichen wollen laut einer aktuellen Umfrage zwei Drittel "ganz normal heiraten und sich ein Benzinauto zulegen".
Auch von der im Kontext der Klimakrise immer wieder geforderten "Generationengerechtigkeit" halte er wenig, erklärte der Autor des heuer erschienenen Bandes "Lauter Lügen". Generationen stünden sich nicht starr gegenüber, sodass man zwischen ihnen vermitteln müsste. "Entscheidend ist, eine Welt zu gestalten, die es nachfolgenden Generationen erlaubt, eigene Lebensformen zu entwickeln und nicht nur das wegzuräumen, was wir hinterlassen haben", sagte Liessmann.
In dem Interview äußerte sich der Philosoph auch zu anderen Fragen rund um das Thema Gewissen. Der Krieg in der Ukraine z.B. werde nur dann zurecht ein schlechtes Gewissen auslösen, "wenn wir unmittelbar etwas zu diesem Krieg beigetragen hätten" - was wohl auf die wenigsten in Österreich zutreffe. "Wer allerdings mit Putin Geschäfte gemacht und ihn hofiert hat, könnte darüber schon ins Grübeln kommen", wies Liessmann hin. Kein Mensch, der sein alltägliches Leben bewältigen muss, könne immer an das Schreckliche des im Osten Europas tobenden Krieges denken; das könne man auch von keinem verlangen, zumal "niemandem damit gedient wäre". Für Liessmann gilt: "Helfen kann man auch ohne schlechtes Gewissen."
Einen Seitenhieb setzte Liessmann gegen den sogenannten "Haltungsjournalismus", der Recherche und das Gebot der Unparteilichkeit in der Berichterstattung durch Moral ersetzte. Als Beispiel führte er den Fall Relotius an, jenes "Spiegel"-Journalisten, der Reportagen fälschte, "damit sie seine linksliberalen Moralvorstellungen bestätigten". Auch "Moralprüfungen" in den sozialen Medien halte er für eine "Strangulierung der Meinungsfreiheit nach den Maßstäben der herrschenden Interessen".
Quelle: kathpress