Pühringer: Religiöser Grundwasserspiegel in Österreich noch da
Der frühere OÖ-Landeshauptmann und nunmehrige Vorsitzende der Linzer "Pro Oriente"-Sektion, Josef Pühringer, hat zu tiefgreifenden Reformmaßnahmen in der Katholischen Kirche aufgerufen. In einem Gastkommentar im OÖ-"Volksblatt" (Montag-Ausgabe) zeigte sich Pühringer zuversichtlich, dass Reformen - wenn auch langwierig - doch möglich sind. Zudem ortet er, dass in Österreich immer noch ein "religiöser Grundwasserspiegel" vorhanden sei, wenn auch spürbar gesunken; aber die Quellen des Religiösen seien nicht gänzlich eingetrocknet. "Die Sehnsucht nach dem Spirituellen, nach dem, was über uns ist, was unser Denken übersteigt, wird oft sichtbar", so Pühringer. Doch die Angebote der Kirche würden scheinbar nicht immer passen.
Ganz wesentlich im Reformprozess sei, "dass das verloren gegangene Vertrauen und die Glaubwürdigkeit zurückgewonnen werden". Dieser Prozess sei mühsam, anstrengend und wirkliche Ergebnisse gebe es leider nur langfristig. Deshalb brauche es den berühmten langen Atem und Durchhaltevermögen.
Dem Ruf nach der "kleinen Herde" kann Pühringer zugleich nichts abgewinnen. Darin liege die Versuchung, sich in eine Gruppe möglichst Gleichgesinnter zurückzuziehen. Das Christentum war und ist aber nicht auf Rückzug angelegt. Die biblische Rede vom "Salz der Erde" und "Licht der Welt" würden eine ebenso deutliche Sprache sprechen wie das Pfingstereignis, bei dem der Heilige Geist bewirkt habe, dass die zurückgezogenen Jünger Mut fassen und sich in die Öffentlichkeit trauten.
"Echtes Interesse an den Menschen"
Pühringer verwies auf Papst Franziskus, der entscheidende Punkte für die notwendigen Veränderungen benenne: "Vor allem mehr Barmherzigkeit in der Kirche - allen Menschen gegenüber! Auch die Sünder verdienen Barmherzigkeit. (...) Zuhören, Anteil nehmen. Mehr gegenseitiges Zuhören, Anteilnahme, persönliche Begegnung, echtes Interesse der Kirche an den Nöten und Sorgen der Menschen, die Menschen an den Rändern nicht übersehen."
Papst Franziskus besitze eine hohe Sensibilität für Wunden im Leben von Menschen, in der Weltgemeinschaft und in der Natur. "Diese Erfordernisse müssen an der Spitze des notwendigen Reformkurses stehen", zeigte sich Pühringer überzeugt. Das sei eine entscheidende Akzentverschiebung "vom Moralisieren zum Heilen, vom Gesetz zum Einzelschicksal, vom Ausschließen zum Hereinnehmen", erinnerte Pühringer an einen Befund des Pastoraltheologen Paul Zulehner. Der notwendige Wandel könne sich freilich nicht in oberflächlichen, institutionellen Veränderungen erschöpfen. Vertiefung der Spiritualität und des Glaubens seien entscheidend.
Mehr Dezentralisierung notwendig
Pühringer benannte zudem einige seiner Meinung nach konkrete notwendige Änderungen. Zum einen eine Regionalisierung der Kirche, ohne die wesentliche Einheit in den notwendigen Dingen zu verletzen. Pühringer: "Der synodale Prozess muss zu mehr Dezentralisierung führen, zu mehr Selbstständigkeit der nationalen Kirchen." Außerdem sollte der Reformprozess unterschiedliche Geschwindigkeiten und verschiedene Schwerpunktsetzungen zulassen, die die Einheit im Glauben nicht gefährden werden. Die Subsidiarität müsse innerkirchlich endlich ernst genommen werden.
Dezentralisierung und Synodalität könnten so erfolgreiche Zwillinge werden, mit dem Ergebnis: "Mehr hinhören auf die Sorgen der Menschen, den Informationsfluss von unten nach oben neu gestalten und oben nur entscheiden, was für die Einheit notwendig ist."
Die Kirche werde zudem in jenen Bereichen wertgeschätzt, wo sie sich für die Menschen einsetzt: im Sozialbereich, Bildungsbereich, in Seelsorge-Angeboten, insbesondere in Grenzsituationen des Lebens, aber auch in der Kinder- und Seniorenpastoral. Die Orden mit ihren vielfältigen Angeboten müssten ebenfalls unbedingt mitgedacht werden. "Da wird das Licht oft unter den Scheffel gestellt. Gerade die tuende, die handelnde, meist helfende Kirche, kann sehr dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen!", mahnte Pühringer.
Quelle: kathpress