Schwarz: "Menschen zu sinnerfülltem Leben mit Gott begleiten"
Die Reformen in der Diözese St. Pölten dienen letztlich alle dem Zweck, "die Menschen zu einem sinnerfüllten Leben mit Gott zu begleiten". Das betonte der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz im Interview in der aktuellen Ausgabe der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt". Anlass des Interviews war die Amtseinführung von Alois Schwarz als Bischof von St. Pölten vor fünf Jahren, am 1. Juli 2018.
Im Sinne von Papst Franziskus gelte es, dafür zu sorgen, "dass alle missionarischer werden, dass die gewöhnliche Seelsorge in all ihren Bereichen expansiver und offener ist (...) und so die positive Antwort all derer begünstigt, denen Jesus seine Freundschaft anbietet", zitierte der Bischof aus der Papst-Enzyklika "Evangelii Gaudium". Dabei habe man Wirtschaftlichkeit ebenso im Blick zu nehmen wie eine zeitgemäße Organisationsform, und es gelte, sich von manchen Aufgabenbereichen zu verabschieden und andere zu implementieren.
Eine der wichtigsten Aufgaben sei es, "das Leben in der Gemeinschaft der Kirche in unserer Diözese so attraktiv zu machen, dass viele Menschen den Wunsch haben, dazuzugehören", sagte Schwarz. Es solle deutlich werden, "dass Christen dem Leben dienen und jene Menschen, die im kirchlichen Dienst stehen, sich bewusst dafür entschieden haben, einen Dienst für andere zu verrichten, entweder ehrenamtlich oder hauptamtlich", so Schwarz. Dieses "Lebensprogramm" werde in den Pfarren und in vielen Initiativen der Katholischen Aktion und in den apostolischen Gruppen umgesetzt.
Eine neue Initiative sei die Neugestaltung der Visitationen durch Kontaktwochen in den Dekanaten, erläuterte Schwarz: "Wir fahren hinaus zu den Menschen und hören ihre Sorgen und Nöte und versuchen darauf - so gut wie möglich - zu reagieren." Ihm selbst sei wichtig, ein "volksnaher" Bischof zu sein, und die Liebe zu den Menschen zähle für ihn zu den "berührendsten Momenten" seiner priesterlichen und bischöflichen Aufgabe.
Besorgt zeigte sich der Bischof ob der vielen Menschen, die aus der Kirche austreten: "Es sind bereits Konzepte in Bearbeitung. Wir sind da dran, denn es schmerzt mich als Bischof sehr, wenn Menschen keinen anderen Weg mehr sehen als die Kirche zu verlassen. Ich kann die Menschen nur ermuntern: Was immer Ihnen geschehen ist, warum Sie die Kirche verlassen wollen, nehmen Sie mit mir Kontakt auf!"
"Darauf schauen, was die Menschen brauchen"
In die bisherige Amtszeit von Bischof Schwarz fielen große Herausforderungen, wie die Corona-Pandemie, der Ukrainekrieg oder die Energiekrise. Dabei sei es ihm als Diözesanbischof immer wichtig gewesen, "darauf zu schauen, was die Menschen im Moment brauchen, ohne die Vision und das allgemeine Ziel dabei aus den Augen zu verlieren". Die schwere Zeit der Corona-Pandemie habe die Gesellschaft und manchmal ganze Familien gespalten. Schwarz: "Da braucht es den Blick für unterschiedliche Standpunkte. Ich versuche ein Sowohl-als-auch-Denken zu praktizieren und mich nicht in einem Entweder-oder-Denken zu verirren."
Bei allen Herausforderungen, die die Gesellschaft heute bewältigen muss, gelte es, die Würde des jeweils andersdenkenden bzw. -handelnden Menschen zu sehen und zu achten. Und: "Die Kirche ist bemüht, die Menschen in den schwierigen Zeiten der erhöhten finanziellen Ausgaben, aber auch die Flüchtlinge aus der Ukraine zu unterstützen." Er denke dabei an die vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden in der Caritas und in den Pfarren, denen er danken wolle.
Wie in allen heimischen Diözesen müsse auch in St. Pölten gespart werden, räumte der Bischof zugleich ein. Zugleich versuche die Diözese aber auch, "gleichzeitig in nachhaltige Projekte zu investieren, wie beispielsweise den Bau eines Kraftwerks neben dem Bildungshaus St. Hippolyt, das dieses damit stromautark werden ließ".
Auf das in der Vorwoche veröffentlichte Arbeitspapier für die Weltsynode im Herbst in Rom angesprochen, meinte Bischof Schwarz, dass der Text für manche eine Überraschung und für andere eine Enttäuschung sei, "weil sie den Prozess nicht aushalten und jetzt schon Entscheidungen wollen". Der Papst lade mit den großen Themen "Gemeinschaft - Teilhabe - Sendung" ein, sich auf den Weg zu machen "in der Unruhe unserer Zeit, um mit dem Heiligen in Berührung zu kommen", so Schwarz. Letzteres werde "der entscheidende Schritt sein für neue zukunftsweisende Impulse für die Kirche, denn die Welt braucht eine neue Orientierung am Transzendenten, an Gott".
Abschied von Kärnten war "wirklich sehr schwere Zeit"
Auf die erste Zeit in der Diözese St. Pölten angesprochen, in der Schwarz mit heftigen Vorwürfen konfrontiert war, die aus seiner Zeit als Kärntner Diözesanbischof herrührten - alle Verfahren gegen Schwarz wurden eingestellt - sagte der Bischof: "Es war wirklich eine sehr schwere Zeit für mich, denn die Männer aus dem Domkapitel der Diözese Gurk haben siebzehn Jahre gut und wertschätzend mit mir zusammengearbeitet. Sogar bei den Abschiedsgottesdiensten wurde mir sehr viel Dankbarkeit für mein Wirken in Kärnten von allen entgegengebracht. Deshalb war es für mich umso unverständlicher, dass danach diese Flut an Anschuldigungen auf mich und meine damalige Mitarbeiterin hereinprasselte."
Er habe in dieser sehr betrüblichen Zeit die Klagepsalmen in der Bibel gebetet. Schwarz: "Diese Texte bewahrten mich davor, nicht in eine von Wut und Zorn geleitete Vergeltung eintauchen zu müssen. Andererseits haben mir Gespräche mit jenen vertrauten Menschen geholfen, die daran geglaubt haben, dass diese Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen." Ihnen sei er von Herzen dankbar.
Er habe vor allem jene Momente in den vergangenen fünf Jahren als besonders wertvoll und schön erlebt, "in denen ich Menschen begegnet bin, die entweder mit mir gemeinsam sich Gedanken um unsere Diözese und die Kirche in Österreich machten, oder die vielen Menschen, denen ich in den Feiern der Sakramente begegnen durfte."
Beglückend sei für ihn, "wenn ich mit Jesus Christus den Menschen nahe sein kann". Berührt zeigte sich Schwarz auch "von den vielen Menschen, die mir über die Social-Media-Kanäle antworten oder einfach einen Dank aussprechen". Ein "Netzwerk der großen Wertschätzung, der Freundschaft, des Friedens und des Respekts" bilde sich auf diese Weise.
"Fragen Sie mich das, wenn ich 79 bin"
Wie eines Tages sein Resümee über seine St. Pöltner Zeit aussehen solle, wollte sich Schwarz nicht festlegen. "Ich habe nicht vor, meine Amtszeit zu beenden. Dieser Blick ist noch zu weit entfernt. Da wird sich noch viel ergeben und es wird hoffentlich noch viel Gutes entstehen. Fragen Sie mich das, wenn ich 79 Jahre alt bin!"
Erfolgreiche Social-Media-Bemühungen
Anlässlich seines fünfjährigen St. Pöltner Amtsjubiläums hat Bischof Schwarz auch den "Niederösterreichischen Nachrichten" (NÖN) ein Interview gegeben. Auch darin nahm er zu dem von ihm initiierten Zukunftsprozess in der Diözese Stellung und erläuterte u.a.: "Wir haben versucht, in den Zentralstellen der Verwaltung eine neue Dynamik in der Orientierung auf die Menschen hin zu schaffen. Der Verwaltungsbereich ist nicht für sich selber da, sondern für die Pfarren - dafür, Pfarrer, Diakone, pastoral Tätige in der Seelsorge vor Ort zu unterstützen. Die Leute müssen wissen, dass die Diözese vor Ort hilft und auch um ihre Probleme weiß." Das sei gelungen, aber: "Auch wenn etwas gut ist, darf es noch verstärkt werden."
Zentral sei der direkte Kontakt zu den Menschen, so Bischof Schwarz: "Wir haben deshalb die Social-Media-Bemühungen verstärkt und hier eine komplett neue Art der Seelsorge etabliert. Wir erreichen damit auf unseren Plattformen pro Monat ungefähr eine Million Menschen, bekommen monatlich etwa 10.000 bis 15.000 Reaktionen auf Glaubensimpulse. Wir wollen, dass hier eine eigene Community entsteht."
Außerdem haben man die Kontaktwochen ins Leben gerufen - anstelle der Visitationen. Beginn sei im September im Dekanat Neulengbach. Schwarz: "Die Diözesanleitung wird drei Wochen draußen sein. Wir schauen uns die Lebensbereiche der Menschen an und lassen uns erzählen, was bei ihnen gut geht und wie Christsein bei ihnen gelebt wird. Sie zeigen uns, woran sie Freude haben und was bei ihnen gelingt."
Auf das Thema Priestermangel angesprochen, sagte Schwarz: "Wir sehen, dass wir die Pfarrgemeinden noch gut mit Priestern bestellen können. Wir schauen parallel dazu, dass Pfarrgemeinden mehr zusammenarbeiten. Wenn man beispielsweise ans Waldviertel denkt, dort sind es oft drei bis vier Pfarren, damit man überhaupt auf 1.000 Menschen kommt." Im Blick auf die Laien fügte er hinzu: "Wir haben engagierte Pfarrgemeinderäte, Wortgottesdienstleiterinnen und -leiter, Lektoren und Lektorinnen sowie Begräbnisleiterinnen und Begräbnisleiter ausgebildet. Aber wir brauchen sicher noch mehr Menschen in allen gesellschaftlichen Bereichen, durch die Kirche spricht."
Bischof Schwarz bekräftigte im Interview, dass ihm der Ausbau der alternativen Energie ein wichtiges Anliegen sei. Er attestierte diesbezüglich auch den Pfarren eine hohe Sensibilität für Nachhaltigkeit. Schwarz: "Unser Ziel ist, dass wir überall aus Öl und Gas aussteigen. Die Pfarren sind hier sehr engagiert und einfallsreich. Manche überlegen sogar, ob sie Energiegemeinschaften bilden." Als Bischof leite er auch eine überdiözesane Arbeitsgruppe, in der die Bau- und Finanzkammerdirektoren aller Diözesen vertreten sind. Das Ziel sei, "dass wir in Österreich in unseren kirchlichen Einrichtungen Vorbild in der Nachhaltigkeit sind. Beim Energieaufwand, bei der Beschaffungsordnung, aber auch in der Mobilität. Strecken, die mit dem Zug bewältigt werden können, sollten mit dem Zug bewältigt werden."
Darauf angesprochen, dass die Politik bezüglich der Coronamaßnahmen bereits Fehler eingestanden hat und ob die Kirche selbiges vorhabe, meinte der Bischof: "Ich glaube, dass sich manche von der Kirche im Stich gelassen gefühlt haben und wir vielleicht in manchen Bereichen zu streng waren. Wenn Fehler passiert sind, dann ist es gut, dass wir sagen: Ja, es tut uns leid, aber schauen wir jetzt aufeinander. Denn das Land braucht eine neue Wachsamkeit miteinander und nicht ein Gegeneinander."
Auf ein vom Vatikan angeregtes "Versöhnungstreffen" zwischen ihm und dem Gurker Domkapitel sagte Bischof Schwarz auf Anfrage: "Das Thema liegt derzeit beim Gurker Domkapitel und dem Erzbischof von Salzburg. Ich bin jedenfalls bereit für ein Versöhnungsgespräch."
Quelle: kathpress