Schwertner zu Flüchtlings-Katastrophe: Europa versagt seit Jahren
Scharfe Kritik an der europäischen Flüchtlingspolitik hat der Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, Klaus Schwertner, nach dem Untergang eines Flüchtlingsbootes vor der Südwestküste Griechenlands geäußert. Bis zu 700 Menschen könnten sich an Bord des in der Nacht auf Mittwoch gesunkenen Boots befunden haben. 78 Leichen und 104 Überlebende wurden bisher geborgen. "Europa versagt seit Jahren, wenn es darum geht, Menschen auf der Flucht zu schützen. Seit 2014 sind bereits mehr als 20.000 Geflüchtete auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken", sagte Schwertner am Donnerstag gegenüber Kathpress.
Acht Jahre nach dem dramatischen Bootsunglück vor Lampedusa drohten nun erneut hunderte Menschen in der Ägäis ertrunken zu sein, unter den Flüchtlingen waren auch zahlreiche Frauen und Kinder: "Menschen, die unter anderem vor den Kriegsgräueln in Syrien und Afghanistan geflohen sind". Es sei leider zu befürchten, dass auch der jüngste Vorstoß der EU-Innenminister die Situation nicht verbessern werde, so Schwertner. "Wichtige menschenrechtliche Garantien und humanitäre Erwägungen werden völlig außer Acht gelassen."
Europa müsse sich zu humanitären Aufnahmeprogrammen und zu Resettlement bekennen, so die Forderung des Caritasdirektors. "Wer dem Sterben vor den Toren Europas ein Ende bereiten will, muss auch sichere und legale Zugangsmöglichkeiten zu Schutz schaffen". Nur so könne sichergestellt werden, dass sich Menschen nicht auf klapprige Boote begeben und auf der Flucht ihr Leben riskieren müssen. "Europa kann und darf diese Verantwortung nicht länger abschieben", schloss Schwertner.
Krisenzentrum in Kalamata
Die Hafenstadt Kalamata auf der Halbinsel Peloponnes wurde unterdessen zum Krisenzentrum: Ins dortige Krankenhaus und in andere Kliniken in der Region wurden Überlebende gebracht, die zum Teil wegen Unterkühlung behandelt werden mussten. Am Donnerstag und Freitag sollen die Geretteten in ein Flüchtlingslager nahe Athen gebracht werden. Staatspräsidentin Ekaterini Sakellaropoulou flog nach Kalamata, um sich ein Bild der Lage zu machen. Die griechischen Behörden vernehmen laut dem griechischen Rundfunk ERT drei Überlebende, die im Verdacht stehen, als Schlepper agiert zu haben.
Schon am Dienstag hätten italienische Behörden die griechischen Nachbarn über ein voll besetztes Fischerboot im griechischen Such- und Rettungsbereich informiert, hieß es in einer Mitteilung der Küstenwache. Ein Frontex-Flugzeug habe das Boot daraufhin 47 Seemeilen südwestlich der Halbinsel Peloponnes lokalisiert. Sowohl die griechische Küstenwache als auch vorbeifahrende Frachter hätten den Passagieren per Funk wiederholt Hilfe angeboten, diese sei aber abgelehnt worden, hieß es.
Das Schiff sei stattdessen weiter Richtung Italien gefahren und dann in der Nacht plötzlich gekentert und gesunken. Nach Angaben Überlebender war es vom libyschen Tobruk aus in See gestochen. Bei den Personen soll es sich unter anderen um Menschen aus Afghanistan, Pakistan und Syrien handeln. Die Unglücksstelle liegt nahe der tiefsten Stelle im Mittelmeer, dem Calypsotief, das rund fünf Kilometer bis zum Meeresboden reicht. Eine Bergung des Wracks könnte damit so gut wie ausgeschlossen sein.
Quelle: kathpress