Fronleichnam: Christen gehen auf die Straße
Es gilt als eines der "katholischsten" Termine im Kirchenjahr und ist in Österreich mit viel regionaltypischem religiösen Brauchtum verbunden: Das "Hochfest des heiligsten Leibes und Blutes Christi", kurz meist "Fronleichnam" genannt. Das stets am zweiten Donnerstag nach Pfingsten gefeierte Fest ist in Österreich wie auch in über einem Dutzend anderer Länder wie Polen, Kroatien, Portugal, Brasilien sowie mehreren deutschen Bundesländern ein gesetzlicher Feiertag. Sofern die Witterung es zulässt, werden an diesem Tag hunderttausende Menschen in den österreichischen Pfarren und Domkirchen erwartet.
Fronleichnam gilt als das "öffentlichste" der Kirchenfeste: Vielerorts folgt an diesem Tag nach der Heiligen Messe eine Prozession durch die Straßen, bei denen Gläubige das vom Priester oder Diakon getragene Allerheiligste in der Monstranz, das von einem Stoffbaldachin ("Himmel") beschirmt wird, mit ihren Gebeten und Gesängen begleiten. Vielfach werden entlang der Prozessionsrouten Birkenbäumchen aufgestellt und die Fenster mit Blumen, Kerzen und Andachtsbildern geschmückt. In manchen Gegenden in Südösterreich ist es auch üblich, Blumenteppiche und Blumenbilder zu legen, an einigen Orten gibt es zudem Seeprozessionen.
Die Fronleichnamsprozession ist mit alten Volksbräuchen verbunden. So sind bei den Prozessionen oft Kinder zu sehen, die Blütenblätter auf den Prozessionsweg streuen. Auch durch Fahnen, Wimpeln und Trachtenkleidung und Trachtenkapellen wird dem Allerheiligsten Ehre geboten, und oftmals kommen bei dieser Gelegenheit Erstkommunionkleider nochmals zur Geltung. Viel gesehen sind auch Einsatzkräfte, farbentragende Verbindungen, kirchliche Gemeinschaften, Studierende sowie politische und gesellschaftliche Vertreter, die durch ihre Teilnahme ihren religiösen Glauben bekunden.
Große Umzüge in den Landeshauptstädten
Im Wiener Stephansdom feiert Kardinal Christoph Schönborn am Donnerstag um 8.30 Uhr die Messe zum Fronleichnamsfest, die auch live von "radio klassik Stephansdom" übertragen wird. Bei Schönwetter findet im Anschluss ab ca. 9.30 Uhr der Stadtumgang vom Riesentor weg durch die Wiener Innenstadt: Über die Kärntnerstraße und Augustinerstraße zum ersten Altar am Michaelerplatz, dann über Kohlmarkt und Graben zur Pestsäule, von wo aus nach erneuter Station schließlich der Stephansplatz angesteuert wird, wo die Stadtsegnung stattfindet. An Beginn und Ende der Prozession läutet auch die Pummerin. Bei Schlechtwetter wird die Stadtsegnung am Ende des Pontifikalamtes im Dom vorgenommen.
Ähnlich in Salzburg, wo Erzbischof Franz Lackner zu Fronleichnam um 9 Uhr den Gottesdienst im Dom feiert und anschließend die Prozession durch die Salzburger Altstadt leitet. In Tirol leitet Bischof Hermann Glettler die traditionelle Landesprozession, die ab 8.30 Uhr vom Dom über Stationen an der Annasäule, beim Landhaus und bei der Seniorenresidenz Velidenapark zur Basilika Wilten führt, wo es den Schlusssegen gibt, einen landesüblichen Empfang und gemütliches Beisammensein beim St. Bartlmä-Kirchlein. Bei Absage der Prozession findet nach der Messfeier im Dom der landesübliche Empfang am Domplatz statt.
In St. Pöltner Dom beginnt die Fronleichnamsmesse mit Bischof Alois Schwarz um 9 Uhr, gefolgt von der zur Franziskanerkirche führenden Prozession. In Klagenfurt zelebriert Bischof Josef Marketz am Domplatz (bei Regen im Dom) den Gottesdienst, ehe die Prozession durch die Innenstadt zum Landhaushof geht. Vorarlbergs Bischof Benno Elbs feiert mit den Pfarren des Seelsorgeraums Bregenz, beginnend mit einer Messfeier am Bregenzer Kornmarktplatz um 10 Uhr (bei Regen in der Pfarre Herz Jesu). In Eisenstadt leitet Bischof Ägidius Zsifkovics um 9 Uhr auf dem Platz vor Schloss Esterhazy mit anschließender Prozession durch die Hauptstraße zur Dreifaltigkeitssäule.
Prozession am See
Besonderheiten gibt es in Oberösterreich, wo Bischof Manfred Scheuer Fronleichnam in Hallstatt feiert. Im Weltkulturerbeort feiert die weltbekannte Seeprozession heuer ihr 400-Jahr-Jubiläum. Der Gottesdienst in der katholischen Pfarrkirche beginnt um 9 Uhr, anschließend geht der Zug vom Ortsplatz zum See, wo die Prozession auf festlich mit Blumen und Kränzen geschmückten traditionellen Booten - den sogenannten Fuhren - zu Wasser fortgesetzt wird. Auch am nahegelegenen Traunsee in Traunkirchen werden viele Besucher zur dortigen Schiffsprozession erwartet, sowie in Aschach, wo nach dem Gottesdienst in der Kirche um 9 Uhr die Prozession durch das Ortsgebiet und schließlich auf der Donau ihr Ende findet.
Einen besonderen Umwelt-Fokus hat die Fronleichnamsprozession heuer in Graz. Bischof Wilhelm Krautwaschl leitet nach der Messe um 9 Uhr im Dom den "Marsch für Christus für die Schöpfung", der durch die Grazer City bis zum Hauptplatz führt, wo es zum Abschluss einen Segen und ein Friedensgebet gibt. Begleitet wird der Umzug von einer von der Textilkünstlerin Karin Gollowitsch gestalteten "Schöpfungsfahne". Ziel dieser neuen "Akzentsetzung" ist laut der Diözese Graz-Seckau, "alte und neue Formen des Demonstrierens" zu verbinden und sich damit solidarisch zu zeigen mit jungen Menschen, die sonst für das Klima auf die Straße gehen. Erinnert wird bei der Grazer Feier zudem an das 40-Jahr-Jubiläum des Österreichischen Katholikentags 1983.
Fest der Gegenwart von Jesus
Das Fronleichnamsfest wurde in der katholischen Kirche 1264 von Papst Urban IV. eingeführt, als Reaktion auf eine Vision der Mystikerin Juliana von Lüttich. In dieser Zeit veränderte sich die Messfeier dahingehend, dass in der Eucharistie zunehmend die Realpräsenz Christi in Brot und Wein in den Mittelpunkt rückte und der Gedächtnischarakter in den Hintergrund trat. Zugleich entwickelte sich auf diese Weise zunehmend eine Verehrung der eucharistischen Gaben. Dass das Fest 60 Tage nach Ostern an einem Donnerstag gefeiert wird, ist eine Erinnerung an den Gründonnerstag, an dem Jesus Christus die Eucharistie gespendet hat. In Ländern, in denen Fronleichnam kein gesetzlicher Feiertag ist, wird das Fest am darauf folgenden Sonntag gefeiert. Der Name "Fronleichnam" leitet sich im Übrigen vom mittelhochdeutschen "vronlichnam" ab und bedeutet so viel wie "Leib des Herrn".
Eine kindgerechte Erklärung des Festes bietet die Katholische Jungschar der Diözese Linz in einem Kurzvideo. "In der Monstranz - dem Ding, das aussieht wie ein Schatz - ist der Leib Christi. Jesus sagt, dass er selbst in diesem Brot ist. Wir glauben, dass da Jesus ganz und echt drinnen ist. So tragen wir ihn jetzt in der Monstranz durch die Straßen, singend und betend. Am Altar halten wir an, um Gott zu danken, dass er immer bei uns da ist. Wir sagen den Leuten: Schaut her, in diesem Stück Brot ist Jesus immer unter uns. Er ist unser Schatz", heißt es in dem knapp dreiminütigen Videoclip (abrufbar unter https://youtu.be/nwjrXLQw_io).
Quelle: kathpress