Schönborn: Gebet ist Atem der Seele
"Wenn wir gehetzt sind, wenn die Seele nicht zur Ruhe kommt, dann können sich auch die Früchte des Heiligen Geistes nicht zeigen": Das hat Kardinal Christoph Schönborn beim Pontifikalamt zu Pfingsten im Wiener Stephansdom am Sonntag betont. Der Heilige Geist, der im Zentrum des Pfingstfestes steht, sei eine Art göttlicher Atem, der den Menschen inspiriere und lebendig mache. Das Gebet sei folglich "das Atmen der Seele" und eine wichtige Frucht des Heiligen Geistes, so der Wiener Erzbischof in dem Gottesdienst, der von "Radio klassik Stephansdom" und auf dem YouTube-Kanal der Erzdiözese Wien live übertragen wurde.
Der belebende Atem Gottes werde im Alten Testament auch als "Ruach" - hebräisch für "bewegte Luft" und "Atem Gottes" - bezeichnet, erläuterte Schönborn. Die "Ruach", meist als ein feminines Substantiv verwendet, sei das "Leben unseres Lebens" und spiele in der Genesis eine wichtige Rolle. Schönborn nannte etwa die Erschaffung des Menschen: Gott habe dem Menschen bei dessen Erschaffung aus Lehm und Erde "den Lebensatem" eingeblasen. "So wurde der Mensch zum lebendigen Menschen", konstatierte Kardinal Schönborn.
Der Heiligen Geistes sei folglich eine Lebenskraft und ein "Atem Gottes", sagte Schönborn. In vielen Religionen spiele zudem der Atem eine große Rolle. So werde auch das Beten als Atmen der Seele bezeichnet.
Schönborn rekurrierte in seiner Predigt auch auf die jüdischen Wurzeln des Pfingstfestes und das jüdische Fest Schawuot, das heuer nah an Pfingsten 25. bis 27. Mai gefeiert wurde. Schawuot feiert die Offenbarung der Thora auf dem Berg Sinai durch Gott 50 Tage nach Pessach. "Es ist eines der drei großen Wallfahrtfeste nach Jerusalem", erläuterte Schönborn.
Früchte des Geistes und Leibes
Im Zuge eines Firmfestes habe er sich gefragt, was bei dem Sakrament der Firmung geschehe, sagte Schönborn. Als Antwort habe er in den Texten des Apostels im Neuen Testamentes gefunden, dass sich das Firmgeschehen in den Früchten des Heiligen Geistes zeige. Paulus nannte als Früchte u.a. Liebe, Friede, Langmut, Freundlichkeit sowie Sanftmut. Das Pfingstfest erinnere an diese Früchte und die positive Kraft des Heiligen Geistes.
Im Gegensatz dazu stünden laut Paulus die Früchte bzw. Werke des Leibes, wie Neid, Spaltung oder Maßlosigkeit. Letztere würden verhindern, dass sich die positiven Früchte zeigen könnten. "Sie machen nicht glücklich und sind doch so häufig am Werk", meinte der Wiener Erzbischof. Er schloss seine Predigt mit den Worten: "Wir bitten, atme in uns Heiliger Geist, wirke in uns Heiliger Geist. Wir und die Welt brauchen es."
Schawuot und Pfingsten
Juden feiern zu Schawuot (dieses Jahr von 25. bis 27. Mai) die Offenbarung der Thora auf dem Berg Sinai durch Gott 50 Tage nach Pessach. Der Überlieferung nach wurde bei diesem Ereignis die gesamte Thora empfangen, sowohl die schriftliche als auch die mündliche. Während Schawuot werden die Zehn Gebote als Symbol für dieses Ereignis gelesen. In der jüdischen Tradition wird dieser Akt auch als Besiegelung eines Vertrags zwischen Gott und den Juden verstanden. Die Thora wird dabei manchmal als Vertrag zwischen Gott als Herrscher und seinem Volk oder sogar zwischen dem Ehemann und seiner Ehefrau angesehen.
Pfingsten (28. Mai) hingegen erinnert Christen an die Gabe der Heiligen Geistkraft Gottes, die auf die Jünger Jesu herabkam und allen Menschen geschenkt ist. So wird die christliche Botschaft allen Menschen in allen Sprachen der Welt verständlich und soll sie dazu animieren, Gottes frohe Botschaft allen Völkern der Welt zu verkünden.
Quelle: kathpress