Ukrainekrieg: Im Bemühen um Frieden nicht nachlassen
Zur EU, die von ihren Wurzeln her ein Friedensprojekt ist, gibt es letztlich keine Alternative. Das hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer betont. Er äußerte sich zum Abschluss einer mehrtägigen Brüssel-Reise einer Oberösterreichischen "Pro Oriente"-Delegation, die am Freitag zu Ende ging. Er habe bei den Begegnungen und Gesprächen in den EU-Institutionen wie auch bei kirchlichen Einrichtungen allerdings auch gespürt, dass Solidarität nicht auf Knopfdruck hervorgerufen werden kann. Umso mehr gelte es, "nicht zu resignieren, das, was möglich ist zu tun und weiter zu arbeiten", so Scheuer. Zudem mahnte Scheuer auch ein stärkeres Bewusstsein für das ein, "was in der EU durchaus gelingt".
Mit unterschiedlichen Meinungen und Positionen gelte es, sich auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung, konstruktiv auseinanderzusetzen, so der Bischof im Blick auf innereuropäische Konfliktlinien. Das sei auch eine Aufgabe für die Stiftung "Pro Oriente", die ja in einer Zeit entstanden sei, als Europa noch durch den Eisernen Vorhang geteilt war. Von Anfang an habe sich "Pro Oriente" als Brückenbauer zwischen West und Ost verstanden.
Der Linzer "Pro Oriente"-Obmann Josef Pühringer hob ebenfalls den Friedensauftrag der Europäischen Union wie auch von "Pro Oriente" hervor. Es sei ernüchternd, dass derzeit in der Ukraine noch kein Zeitpunkt für einen Waffenstillstand zu sehen sei. Das ändere nichts daran, sich auf weiterhin mit aller Kraft für den Frieden einzusetzen. Nachsatz: "Und dafür auch zu beten."
Ein zweites Thema, das Pühringer in Brüssel ein großes Anliegen war: "Die weltweite Christenverfolgung ist ein himmelschreiender Skandal. Da kann die EU nicht wegschauen und sie tut es auch nicht." Gerade als ökumenische Bewegung sei "Pro Oriente" dazu verpflichtet, dieses Thema im Blick zu haben und wo immer möglich darauf aufmerksam zu machen. Auch oder gerade bei den EU-Institutionen in Brüssel. Pühringer: "An den Krieg und die Christenverfolgung dürfen wir uns nicht gewöhnen."
Positiv vermerkte der "Pro Oriente"-Obmann und frühere oberösterreichische Landeshauptmann, dass die Kirchen in den EU-Institutionen durchaus noch ernst genommen und gehört würden. Freilich könne man schon auch sagen: "Wenn die Kirchen mit einer Stimme sprechen, dann werden sie noch stärker gehört."
Treffen mit EU-Botschafter
Am letzten Tag des Brüssel-Besuchs der Delegation stand u.a. ein Gespräch mit Österreichs Botschafter bei der EU, Nikolaus Marschik, auf dem Programm. Marschik berichtete von unterschiedlichen Betroffenheiten der Mitgliedsländer im Blick auf die Ukraine. Derzeit werde das elfte Sanktionspaket geknüpft. Die unmittelbaren Nachbarn Russlands hätten sich von Anfang an für die strengsten Sanktionen ausgesprochen. "Für diese Länder geht es ums Überleben", so Marschik. Andere wiederum seien geografisch viel weiter weg und emotional weit weniger betroffen. Die unterschiedliche Betroffenheit zeige sich freilich nicht nur im Fall der Ukraine, sondern etwa auch in der Migrationsfrage, räumte der Diplomat ein.
Klar sei aber auf jeden Fall, dass die EU in den nächsten Jahren verstärkt in Sicherheit und Verteidigung investieren wird. Dieses Geld würde aber an anderen Stellen fehlen. Aber es sei verständlich, "dass in Ländern, wo es ums Überleben geht, Bildung, Klimaschutz oder soziale Themen nicht so im Fokus stehen".
Österreich habe im Ukraine-Krieg von Anfang an die Position vertreten, Dialogplattformen bzw. -kanäle offen zu halten, betonte der Botschafter. An dieser Linie wolle man auf jeden Fall festhalten. Konkrete Anzeichen dafür, dass es in der Ukraine schon bald zu einem Waffenstillstand kommen könnte, sah Marschik allerdings nicht.
"Konferenz Europäischer Kirchen"
Über die Bemühungen der "Konferenz Europäischer Kirchen" (KEK), berichtete am Freitag die orthodoxe Theologin Elizabeta Kitanovic von der "Konferenz Europäischer Kirchen" (KEK). Der KEK gehören 113 orthodoxe, anglikanische, altkatholische, lutherische, reformierte, unierte und methodistische Kirchen Europas an. Die KEK repräsentiert rund 380 Millionen Christinnen und Christen. Die Russisch-orthodoxe Kirche hat sich allerdings schon 2008 wegen eines Konflikts um die Orthodoxe Kirche in Estland aus der aktiven Zusammenarbeit mit der KEK zurückgezogen. Zuletzt herrschte weitgehende Funkstille.
Kitanovic verwies in ihren Ausführungen u.a. auf das KEK-Dokument "Pathways to peace". In diesem wird u.a. anderem die Zielsetzung aufgestellt, dass sich Kirchenvertreter der Ukraine und Russlands während der anstehenden KEK-Vollversammlung im Juni 2023 im estnischen Tallin treffen können. Ebenso wolle man den Austausch zwischen Bürgern Russlands und der Ukraine ermöglichen, die in anderen Ländern Europas leben. Besonderes Augenmerk legt das KEK-Dokument auf die Bildung eines Netzwerks mit europäischen Jugendgruppen, die in Zukunft bei der Friedensarbeit entscheidend mitwirken sollen.
Gottesdienste und Ökumene
Am Freitag stand zum Abschluss der Reise auch noch ein Gottesdienst in der katholischen Kathedrale von Brüssel auf dem Programm, dem Bischof Scheuer und der Brüsseler Weihbischof Jean Kockerols vorstanden.
Am Christi Himmelfahrtstag hatte die OÖ-Delegation den Gottesdienst mit der katholischen deutschsprachigen Gemeinde St. Paulus in Brüssel gefeiert. Dieser Messe stand Scheuer gemeinsam mit Pfarrer Wolfgang Severin vor. Bei einem anschließenden Empfang berichteten Severin und der Pastor der evangelischen deutschsprachigen Gemeinde in Brüssel, Frederik Kossmann, über zahlreiche ökumenische Initiativen.
Auf dem Besuchsprogramm der Delegation standen in den vergangenen Tagen u.a. auch Gespräche mit EU-Kommissar Johannes Hahn und dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, sowie dem Apostolischen Nuntius bei der Europäischen Union Erzbischof Noel Treanor.
Ein Schwerpunkt des Besuchs lag zudem auf den Aktivitäten der EU-Bischofskommission COMECE. So traf die Delegation etwa mit COMECE-Generalsekretär Fr. Manuel Enrique Barrios Prieto und Bischof Janusz Stepnowski, dem Vorsitzenden der COMECE-Kommission für Bildung und Kultur, zusammen.
Quelle: kathpress