Theologin: Im Marienmonat Mai die Himmelskönigin wiederentdecken
Der Marienmonat Mai ist ein guter Anlass, um traditionelle Marienbilder wie die Himmelskönigin, die Schutzmantelmadonna oder die Gottesmutter, "vor der Männer auf die Knie fallen", als Belege für "Frauenpower" im Christentum wiederzuentdecken. Darauf hat die Grazer Religionswissenschaftlerin an der Uni Graz, Prof. Theresia Heimerl, in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche" (4. Mai) hingewiesen. Es sei erfreulich, dass einer Frau gleich ein ganzer Monat gewidmet ist - was laut Heimerl schon rein quantitativ den Weltfrauentag am 8. März toppen würde. Auch qualitativ lohne es sich aus Frauensicht, traditionelle Marienlieder wie "Maria, breit den Mantel aus" ernst zu nehmen und "allzu lieblich altmodische Melodien" oder Dirndl tragende Sängerinnen auszublenden.
Als eines von vielen Beispielen für die Machtfülle dieser "Queen Mary", die heutige "Politiker und gekrönte Häupter - ab Samstag dieser Woche gehört auch König Charles III. dazu - vor Neid erblassen lässt", verwies die Grazer Theologin auf ein Fresko von Thomas von Villach in Gerlamoos/Kärnten aus dem späten 15. Jahrhundert: Maria erscheint hier als weiß gekleidete, mit Diadem und Halskette geschmückte Frau, unter deren weit ausgebreiteten Mantel sich zahllose verängstigte Menschlein aller Stände und Geschlechter drängen. Der Schutz dieses Marienmantels gelte nicht nur gegen den Teufel zur Linken, sondern auch vor einem "grimmigen Christus, der von rechts oben mit Pfeil und Bogen in Despotenmanier auf seine Untertanen zielt".
Theologisch sei dieses Gottesbild "natürlich ganz furchtbar und falsch", räumte Heimerl ein. Aber es veranschauliche sehr schön, "wessen die Menschen früherer Jahrhunderte Maria für fähig gehalten haben".
Mehr als nur "fromme Briefträgerin"
Maria habe schon rein ikonografisch seit dem Barock viel an Macht und Souveränität verloren, erklärte die Theologin. Aus der stolzen Schutzmantelmadonna sei "eine blasse, schmale Frau geworden, die fromm ihre Hände faltet und die Augen gen Himmel richtet". Auf der visuellen Ebene dominiere damit eine "fromme Briefträgerin, die Gottes Aufträge überbringt", die "liebevolle, fürsorgliche Mutter, wie sie das Bürgertum des 19. Jahrhunderts und seine Kleriker sich wünschen - aber keine, die ihren Mantel über die schlimmen Kinder breiten und sie vor dem Zorn des Himmels-/Haushaltsvorstandes erfolgreich bewahren würde". Die öffentliche, politische und mächtige Maria des Thomas von Villach sei heute vielfach ins Private, Familiäre verschwunden, schrieb die Religionswissenschaftlerin.
Maria sei immer schon eine Frau mit vielen Facetten gewesen. Und es kämen neue dazu - wie die "brave Lourdesmadonna" im 19. oder die basisdemokratische "Maria 2.0" im 21. Jahrhundert, die als Schirmherrin für Gleichberechtigung in der heutigen Kirche herhält. Das 2.0 hinter Maria soll laut Heimerl einen Neustart und Kontrast zu Maria 1.0 suggerieren, die als "die Schweigende, nichts zu sagen Habende uns vermittelt worden" sei. Ihre lieben Mit-Katholikinnen hätten bei dieser Sichtweise bei den Maiandachten zu früh weggehört, mahnte die Theologin und hielt fest: "Die Maria der Tradition ist, in the long run betrachtet, definitiv nicht die schweigende, demütige, dienende Frau." In Klassikern wie "Maria, breit den Mantel aus" werde erbeten, was man nur von einer wirklich mächtigen Person erbitten kann: Schutz vor den höchsten Mächten und Gewalten.
Quelle: kathpress