Erzbischof Gänswein gegen regionale Lösungen beim Zölibat
Erzbischof Georg Gänswein pocht auf eine Einheit in der römisch-katholischen Kirche weltweit beim verpflichtenden Zölibat für Priester. "Wesentliche Grundfragen der Kirche können nicht regional unterschiedlich gelöst werden. Dazu gehört auch die Frage zum Zölibat, sagte Gänswein im Interview der "Salzburger Nachrichten" (Dienstag). Die Kirche müsse "mit Überzeugung das Evangelium verkünden und das Wort Jesu ernst nehmen, dass Menschen um des Himmelreiches willen ehelos leben", betonte der Erzbischof und langjährige frühere Privatsekretär von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. (1927-2022). Der Zölibat "ist und bleibt ein Stolperstein", fügte Gänswein hinzu. "Wer es fassen kann, der fasse es."
Hintergrund der Aussagen sind in der Debatte um Kirchenreformen immer wieder laut werdende Stimmen von Theologen und Bischöfen nach regional verschiedenen Lösungen. So gab es auch bei der Sonderbischofssynode zur Amazonien-Region in Rom 2019 ein positives Votum zur Priesterweihe von bewährten verheirateten Männern, sogenannten "viri probati". Papst Franziskus griff dies in seinem nachsynodalen Schreiben aber nicht auf.
Als Oberhaupt der katholischen Kirche hätte der Papst damals entscheiden, können, die "viri probati" für Amazonien zuzulassen, erklärte Gänswein dazu im SN-Interview. "Aber klar ist, das ist eben gerade nicht passiert." Papst Franziskus sage immer wieder, dass er den Zölibat für ein großes Geschenk Christi an die Kirche halte, so der Erzbischof. Zu jüngsten Aussagen des Papstes, der in einem Interview darauf hingewiesen hatte, dass der Zölibat ein kirchliches Gesetz sei, das man auch ändern kann, betonte Gänswein: "Er sagte, das Priestertum sei ein Sakrament, der Zölibat aber nicht, sondern eine disziplinäre Entscheidung der Kirche. Damit hat er aber nichts Neues gesagt."
Die Feststellung, dass junge Leute die zölibatäre Lebensform des Priesters kaum annehmen, wies Gänswein zurück. "Das ist eine unbelegte Behauptung. Schauen Sie einmal in andere Länder, auf andere Kontinente, da boomen geradezu Priesterseminare und Ordensgemeinschaften." Selbst in Europa hätten junge Gemeinschaften "relativ viel Nachwuchs - auch wenn Sie vielleicht sagen werden, es seien konservative Gründungen", so der Erzbischof.
In der römisch-katholischen Kirche ist der Zölibat für Priester weltweit verpflichtend. Innerhalb der weltweiten katholischen Kirche gibt es aber verheiratete Priester in den mit Rom verbundenen Ostkirchen oder konvertierte evangelische Pfarrer. Die Zahl der katholischen Priester lag nach offiziellen Angaben aus dem Vatikan Ende 2021 bei rund 410.000 in aller Welt. Die Anzahl der Priester sinkt generell sei einigen Jahren, bei Ordenspriestern überproportional. Während in Europa und Amerika die Priesterzahlen zurückgehen, steigen sie aber in Afrika und Asien deutlich.
Papstbrief an deutsche Katholiken "ohne Wirkung"
Im Interview der "Salzburger Nachrichten" äußerte sich Erzbischof Gänswein auf Nachfrage auch zur Lage der Kirche in Deutschland. In seinem jüngst veröffentlichten Buch "Nichts als die Wahrheit" über seine Jahre mit Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. hatte Gänswein von Benedikts Sorgen in diesem Zusammenhang berichtet. "Es fiel Benedikt schwer, das Verhalten mancher Bischöfe zu verstehen, insbesondere in der ganzen Angelegenheit dessen, was unter der Überschrift 'Synodaler Weg' lief und läuft", sagte Gänswein nun mit Blick auf den Reformprozess der Katholischen Kirche in Deutschland.
Gänswein erinnerte zudem an den 2019 veröffentlichten Brief "An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" von Papst Franziskus. Der Papst habe darin "überzeugend und klar gesagt, was er sich wünscht: eine Vertiefung im Glauben, der eine geistliche Umkehr voraussetzt, keine bloßen Strukturdebatten, mit einem Wort: Evangelisierung", sagte der Erzbischof, der Mitte der 1980er Jahre in der deutschen Erzdiözese Freiburg zum Priester geweiht worden war: "Sein Brief wurde hoch gelobt, blieb aber ohne Wirkung."
Quelle: kathpress