Zsifkovics: "Jetzt ist nicht die Stunde des Spaltens"
Krisen wie die multiplen Krisen der Gegenwart sind nicht etwa Chancen, wie oft behauptet werde, sondern seien schlichtweg in Gemeinschaft und Solidarität zu bewältigen. Darauf hat der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics in einem Interview in der "Kronenzeitung" (9. April) hingewiesen: "Da mache ich der Politik einen Vorwurf. Regierung, Sozialpartner, Gewerkschaften und Kirchen sollten einen Konsens finden. Das vermisse ich. In der Pandemie machten wir die Erfahrung des Zusammenhalts. Davon ist nichts mehr übrig. Jeder kocht seine Suppe, versucht, allein weiterzukommen und anderen etwas zu versalzen. Jetzt ist nicht die Stunde des Spaltens, sondern der Solidarität und Gemeinschaft!"
Die Kirche komme den Menschen neben konkreter Hilfe u.a. auch mit Rücksichtnahmen bei den Forderungen des Kirchenbeitrags entgegen, erklärte der Bischof. Zugleich verteidigte der Bischof das österreichische Modell des Kirchenbeitrags: "Die Kirche engagiert sich in der Kinder- und Jugendarbeit, Alten- und Krankenpflege sowie Seelsorge und erfüllt einen Bildungs- und Kulturauftrag." All dies brauche finanzielle Ressourcen. Daher sei es auch gut und richtig, wenn jeder Katholik einen Beitrag leiste. "Es kann aber gut sein, dass es dazu einmal neue Verhandlungen gibt", räumte Bischof Zsifkovics ein. "Unsere Fachleute halten bereits nach anderen vertretbaren Möglichkeiten Ausschau."
Thema des Interviews war außerdem der Zölibat - über den sich der Bischof bereits tags zuvor im ORF Burgenland-Interview geäußert hatte. In der "Krone" führte er ähnlich aus, dass er eine Freistellung des Zölibats als Lebensform für Priester befürworte: "Der Zölibat ist und bleibt eine Provokation, weil er die Lebensform Jesu ist. Trotzdem war ich schon als Pfarrer dafür, dass jeder frei entscheiden darf. Diese Frage sollte auf weltkirchlicher Ebene diskutiert werden, denn Alleingänge könnten zu Spaltungen und Belastungen mit anderen Kirchen beitragen. Wichtig ist, dass endlich entschieden wird."
Dennoch rechne er auch nach einer Freistellung des Zölibats nicht notwendigerweise mit einem verstärkten Zulauf an neuen Priestern, "denn auch die evangelische Kirche, wo Pfarrer und Pfarrerinnen heiraten dürfen, hat ihre Not mit dem Personal." Auch sei es für Priester sicher nicht einfach, "die passende Frau zu finden, die das alles mitträgt und auch bei Versetzungen mitzieht, vor allem, wenn sie arbeitet und es schulpflichtige Kinder gibt. Man müsste auch die Pfarrhäuser familiengerecht umbauen und klären, was passiert, wenn eine solche Ehe scheitert. Das zieht einen Rattenschwanz an Fragen nach sich."
Offen zeigte sich Zsifkovics prinzipiell auch bei der Frage nach der Weihe von Diakoninnen und Priesterinnen: "Das hängt mit der generellen Weiterentwicklung zusammen. Ich hätte kein Problem damit, schließlich tragen Frauen die Kirche am meisten. Man darf aber nicht alles auf die Ämterfrage reduzieren und diese Gleichmacherei erzwingen. Berufung ist ein Geschenk."
In einer Woche (16. April) feiert der burgenländische Bischof seinen 60. Geburtstag. Gefragt, ob ein Ruf auf den Bischofsstuhl von Wien als Nachfolger von Kardinal Christoph Schönborn ein "Geschenk" für ihn wäre, sagte Bischof Zsifkovics abschließend: "Geburtstagsgeschenke stelle ich mir anders vor. Ich bin froh, dass ich im Burgenland bin. Die Zeiten, in denen sich Burgenländer auswärts beweisen mussten, sind zum Glück vorbei."
Quelle: kathpress