Küberl: Mehr Verantwortung für Frauen in der Kirche
Der frühere Caritas-Präsident Franz Küberl sieht die Aufarbeitung des Missbrauchs in der Katholischen Kirche in Österreich durchaus "beispielhaft", fürchtet aber dennoch einen großen Vertrauensverlust in die Kirche, da international noch vieles im Argen liegt. Im Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" (Wochenende) sieht Küberl zudem die kirchliche Zukunft auch in Frauenhand und er kann auch durchaus der Abschaffung des Pflichtzölibats etwas abgewinnen.
Darauf angesprochen, dass zu Beginn seiner Präsidentschaft bei der Caritas der Fall Groër die Kirche erschütterte, meinte Küberl wörtlich: "Der Missbrauch von Kindern und Schwächeren durch Geistliche hat dazu beigetragen, das fundamentale Vertrauen in die Kirche - sie sei doch eine bessere Institution, weil inspiriert vom menschenliebenden Gott -zu zerbrechen. Es hat in Österreich damals schon lange geschlummert und ist immer nur ein wenig hochgekommen." Die Gründung der Opferschutzkommission unter Waltraud Klasnic sei dann 2010 ein sehr wichtiger Schritt gewesen. "Das kam spät in Österreich, aber dann beispielhaft."
Seine Sorge sei, so Küberl im Blick auf die weltweite Situation, "dass bei Weitem noch nicht alles aufgedeckt ist. Man schaue nach Polen. Je repressiver eine Gesellschaft, desto eher wird das unterdrückt. Wir haben etwa in Afrika oder Lateinamerika noch große Machogesellschaften, wo das noch gar nicht debattiert wird. Und der innere Vertrauensverlust ist massiv." Er befürchte, "dass das Ausmaß noch nicht allen klar ist und wie lange das noch nachhallen wird".
"Brauchen Verheutigung der Kirche"
Im Blick auf innerkirchliche Reformdebatten, etwa was den Zölibat betrifft, meinte der frühere Caritas-Präsident: "Der Papst hat gerade wieder festgestellt, dass das eine Rechtsangelegenheit wäre, die mit einem Federstrich abgeändert wäre. Das ist also nicht das Problem." Priester-Sein sei ein Alleinstellungsmerkmal, aber man müsse den Zugang zum Priesteramt verbreitern.
Unstrittig sei zudem, "dass wir eine Verheutigung der Kirche brauchen. Dazu gehört auch, dass Frauen mehr Verantwortung in der Kirche bekommen müssen. Das Diakonat ist eine Option und auch das Priesteramt." Das bedeute noch nicht, "dass morgen alle Menschen, die die Kirche verlassen haben, wieder kommen. Aber es würde den Prozess vielleicht verlangsamen. Das wäre schon was."
Küberl äußerte sich im Interview anlässlich seines bevorstehenden 70. Geburtstags (22. April) und seines neuen Buches "Zukunft muss nach Besserem schmecken, Herausforderungen für Kirche und Gesellschaft". In seinem Buch setzt er sich intensiv mit dem Christ-Sein auseinander. Das bedeute, "dass es in allen Lebensbereichen konkret gelebt wird. (...) Es geht nicht darum, meinen Glauben demonstrativ vor mir herzutragen, sondern darum, dass man an meinem Verhalten erkennt, wessen Geistes Kind ich bin."
Kriege bringen unermessliches Leid
Sorgen bereiten Küberl auch die vielen Kriege auf der Welt: "Dazu muss gesagt werden, dass es nicht nur um die Ukraine geht. Weltweit gibt es derzeit mehr als 50 Kriege, die unermessliches Leid über die Menschen bringen. Überall geht es gleich grausig zu. Es ist wichtig, dass wir uns der Frage stellen, ob wir genug dazu beitragen, das zu verhindern." Die Österreicherinnen und Österreicher seien insofern "Mitschuldige", "weil unser Staat eine bestimmte Politik macht. Das ist nicht böse gemeint, denn es ist ein Dilemma. Wir haben diese Politiker ja gewählt."
Küberl verdeutlichte seine Ansicht mit den Beispielen Syrien und Ukraine: "Wenn wir zurückdenken an Syrien vor ein paar Jahren, müssen wir uns eingestehen, dass weder die EU noch Österreich sich außergewöhnlich hervorgetan haben, damit die Situation sich verbessert. Zudem hat kein Politiker erkannt, dass die Besetzung der Krim Ausgangspunkt für diese Dramen wird. Das ist der Punkt, man kann nicht alles tun, aber das, was man kann, muss man tun."
Quelle: kathpress