Schönborn: Franziskus ist Papst "ohne das ganze Drumherum"
Als "Papst der Weltkirche", dessen Akzente und Vorstellungen bereits vom ersten Tag an zu bemerken waren, hat Kardinal Christoph Schönborn Papst Franziskus gewürdigt. Besonders seine "Einfachheit" etwa bei der Wahl seiner Kleidung oder des Wohnorts mache Franziskus zu einem Pontifex "ohne das ganze Drumherum, das sonst bei Päpsten oft prägend war", sagte Schönborn anlässlich des am 13. März bevorstehenden zehnten Jahrestags der Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst in der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (aktuelle Ausgabe).
"Er wohnt seit zehn Jahren nicht in der Papst-Wohnung, sondern im Gästehaus Santa Marta, mitten unter den Leuten. So erlebe ich ihn, wenn ich im Gästehaus bin", erzählte Schönborn. Beim Essen sitze er am selben Tisch wie die anderen, hole sich sein Abendessen selbst. "Das sagt schon sehr viel über ihn. Er möchte, so hat er am Anfang gesagt, unter den Menschen sein. Er möchte nicht isoliert ganz oben in der Papst-Wohnung leben", so der Wiener Kardinal, der als enger Vertrauter des Papstes gilt.
Verändert habe sich vieles, "auch in der Art und Weise, wie er sein Pontifikat angelegt hat"; von Anfang an etwa mit einem Ständigen Rat von neun Kardinälen, mit denen er die wichtigsten Fragen berate. Eine weitere Besonderheit, die vom ersten Moment an auffiel, sei, dass Franziskus "an die Ränder, die Peripherie" gehe. "Seine erste Reise in Italien war Lampedusa, die Insel der Flüchtlinge. Seine erste Reise in Europa führte ihn in das ärmste Land Europas: Albanien. Das sind Zeichen, die sehr viel sagen über sein Selbstverständnis als Papst", sagte Schönborn.
Jeder Papst präge mit seiner eigenen Geschichte und eigenen Akzente sein Pontifikat. "Franziskus ist ein Sohn von italienischen Immigranten in Argentinien. Er ist in zwei Kulturen aufgewachsen, der argentinischen und der italienischen. Und diese doppelte Herkunft prägt natürlich auch sein Pontifikat", so der Kardinal. "Lateinamerika ist seine Welt, in der er groß geworden ist. Gleichzeitig ist er Jesuit, Mitglied eines weltweiten Ordens, der ihn zutiefst geprägt hat."
Franziskus' Reformen greifen
Bei all den Fragen zu Stil und Gestus dürfe aber nicht vergessen werden, was Franziskus bisher vorangebracht und umgesetzt habe, sagte Schönborn. So sei augenscheinlich, dass er das Kardinalskollegium viel internationaler gemacht habe, mit den Akzenten auf Asien, Afrika, Lateinamerika. Bei seiner Kurienreform habe er "deutliche Schritte gesetzt".
Dass seine Reformen wirklich greifen, habe das Beispiel der Vatikanbank gezeigt, erklärte Schönborn: "Ich bin seit Langem in der Kardinalskommission für die Vatikanbank und da bewundere ich, wie er diese Bank auf Vordermann gebracht hat." Schon Papst Benedikt XVI. habe damit begonnen, Franziskus aber "hat das Werk wirklich durchgezogen". Die Bank sei heute international wieder anerkannt, "sie ist clean, sie ist ganz den internationalen Maßstäben entsprechend. Auch wenn sie klein ist, ist sie doch fein und sauber und modellhaft für den Vatikan."
Die Frage, die man sich stellen müsse, sei aber nicht, wie Franziskus das Papstamt verändert habe, "sondern wie die Welt sich verändert hat und was das für die Kirche bedeutet und wie er darauf eingeht", betonte Schönborn. So habe der Papst etwa Religionsdialog viel stärker akzentuiert: "Sein Dialog mit dem Islam ist eine Begegnung mit dem Islam: nicht theologische Diskussionen, sondern echte menschliche Begegnungen."
Basis dafür sei seine Enzyklika "Fratelli tutti" über die universale Geschwisterlichkeit der Menschen. "Er will den Muslimen nicht zuerst kritisch, nicht zuerst diskutierend begegnen, sondern in der gemeinsamen Menschlichkeit und in den gemeinsamen menschlichen Anliegen, die uns alle bewegen und die deshalb auch die Basis dafür sind, dass wir miteinander leben und füreinander da sind." Das sei einer der Akzente, "es könnten noch viele andere genannt werden", betonte Kardinal Schönborn. Wichtig sei "nicht das Verändern, sondern die Kontinuität in veränderter Zeit".
"Prophetisches" Pontifikat von Franziskus
Auch der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Lackner, hat Papst Franziskus zum Jahrestag seiner Wahl gewürdigt. Er habe das Steuer der Kirche in den zehn Jahren seiner Amtszeit "durch viele, bisweilen auch gesundheitliche Prüfungen gehalten". Sein Blick gelte dabei immer besonders jenen an den "Peripherien", den Armen, den Ausgegrenzten und Benachteiligten, den Verletzten und Leidenden, ebenso sorge er sich um die ganze Schöpfung, schrieb er in einem Beitrag für das "Rupertusblatt" seiner Erzdiözese Salzburg.
"Gerade jetzt, wo wir im von ihm ausgerufenen weltweiten synodalen Prozess stehen, können wir auch die prophetische Dimension seines Pontifikats erleben und ahnen", so der Bischofskonferenz-Vorsitzende. Die Kirche werde am Ende dieses Prozesses zumindest in Teilen eine andere sein - sie werde aber, zusammen mit dem Papst, stets die "katholische", die "allumfassende" bleiben.
Quelle: kathpress