Adolfo Perez Esquivel: Der Mann, der den Ruf des Papstes rettete
Als am 13. März 2013 Kardinal Jorge Bergoglio als Papst Franziskus zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde, war Argentiniens Medienlandschaft in heller Aufregung. Horacio Verbitsky, Journalist der linken Tageszeitung "Pagina 12", berichtete über angebliche Verbindungen des späteren Erzbischofs von Buenos Aires zur rechten Militärdiktatur, die Argentiniens Gesellschaft von 1976 bis 1983 brutal unterdrückte. Die peronistische Staatspräsidentin Cristina Kirchner schickte ein unterkühltes Glückwunschtelegramm.
Dann aber kam Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel ins Spiel. "Ich war damals in Italien", erinnert sich der heute 91-Jährige. "Ich gab der BBC ein Interview und stellte klar, dass diese Berichte falsch sind. Franziskus stand während der Diktatur stets auf der richtigen Seite; nämlich der der Opfer", sagte Perez Esquivel der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Buenos Aires. "Franziskus hat sich für die Leidenden eingesetzt, nicht für die Täter."
Der Künstler und Menschenrechtsaktivist war selbst ein Opfer der Diktatur; daher gelten seine Worte als besonders wichtig. Während der Westen weiter Geschäfte mit Argentiniens brutaler rechtsextremer Junta machte, der US-Geheimdienst CIA zahlreiche Militärputsche von rechten Generälen in Lateinamerika unterstützte oder sogar mit einfädelte, der Weltfußballverband FIFA die WM 1978 in Argentinien ausrichtete, wurde Regimekritiker Perez Esquivel monatelang inhaftiert und gefoltert.
Für seinen Einsatz und gewaltfreien Widerstand erhielt er 1980 den Friedensnobelpreis. Noch heute gilt Perez Esquivel als ein Vordenker der Linken Lateinamerikas, wird aber auch wegen seiner Verharmlosung der Linksdiktaturen auf Kuba, in Nicaragua und Venezuela kritisiert.
Als Motiv für Verbitskys Behauptungen, die sich bis heute nicht beweisen lassen, vermutet Perez Esquivel eine persönliche Abneigung gegen den Menschen Bergoglio. Diktaturopfer sprachen sich für den Papst aus. Später wurde Verbitsky selbst mit Vorwürfen konfrontiert, er selbst habe mit der Diktatur kooperiert. Während der Corona-Pandemie geriet er in die Schlagzeilen, weil er zu jenen regierungsnahen VIPs gehörte, die sich still und heimlich vor allen anderen eine Impfung besorgten.
Perez Esquivel nennt den Papst heute einen alten Freund. Franziskus tue sein Bestes, um das Bewusstsein zu schärfen; die Köpfe und das Herz der Kirche zu öffnen". Die Kirche werde oft "in eine Schublade gesteckt; sie leidet", sagt der Menschenrechtler über die Reformbemühungen des Papstes.
In der Kirche Lateinamerikas habe er sich um eine Vertiefung der Befreiungstheologie bemüht. "Die Befreiungstheologie ist nicht marxistisch", sagt Perez Esquivel; "obwohl sie in der Begegnung mit Diktaturen, Hunger, Armut Elemente aus dem Marxismus aufnimmt." Es sei eine Gnade, "dass wir heute einen Papst haben, der versucht, das Gesicht der Kirche zu verändern", sagt der Bildhauer und Maler, der derzeit an einem großen Abendmahlbild arbeitet. Am Tisch jedoch sitzen nicht die Apostel, sondern Befreiungstheologen wie der erschossene Erzbischof von San Salvador, der inzwischen heiliggesprochene Oscar Romero, Ordensfrauen und ermordete Priester.
Franziskus habe es immer noch schwer, glaubt der Menschenrechtler. "Er hat eine Menge Opposition, sogar innerhalb des Vatikans, wegen der unterschiedlichen politischen und ideologischen Positionen." Franziskus habe viel Mut bewiesen, als er versucht habe, die Missbrauchsfälle aufzudecken, "die andere vor uns zu verbergen versuchten". Das ist ein Weg der Reinigung innerhalb der Kirche. "Es gibt noch so viele Dinge, von denen ich nicht weiß, ob Franziskus sie in seiner Zeit als Papst erledigen kann." Der Weg der Kirche werde weitergehen; "aber er hat die Saat zur Wiederbelebung der Spiritualität ausgestreut".
Quelle: kathpress