"Grüne Theologie" sieht nicht mehr nur Menschen im Mittelpunkt
Kirchen und Theologie müssen sich vom anthropozentrischen Denken lösen, dass den Menschen als Mittel- und Höhepunkt der Schöpfung sieht. Diese Überzeugung bildet den Kern der "Grünen Theologie", die die niederländische Theologin Trees van Montfoort in ihrem gleichnamigen, demnächst auf Deutsch erscheinenden Buch entfaltet. In einem am Dienstag online gestellten Beitrag im Theologie-Portal www.feinschwarz.net plädiert die Utrechter Pfarrerin für einen Paradigmenwechsel und eine Theologie, die sich nicht nur auf Gott und Mensch, sondern auf die gesamte Schöpfung richtet.
Van Montfoort stellt dabei die Frage neu, was Theologie und Nachhaltigkeit miteinander zu tun haben. Meistens rede man unter dem Gesichtspunkt der Ethik darüber, dass angesichts einer globalen Krise etwas getan werden müsse: "Der Welt geht es nicht gut, aus unserem christlichen Glauben heraus müssen wir uns um die Welt kümmern, also sollten wir die Umwelt weniger verschmutzen, eine weitere globale Erwärmung bekämpfen und verhindern, dass Tiere aussterben." Aber dies bleibt nach den Worten der Theologin an der Oberfläche.
"Das westliche Christentum hat sich mit einer Weltanschauung identifiziert, in der die Erde und alles auf ihr dem Menschen dient", erläuterte van Montfoort. Diese Denkweise habe es einem Teil der Menschheit ermöglicht, die Erde im Interesse des Wirtschaftswachstums auszubeuten. Papst Franziskus nenne diesen Glauben an Technologie und Wachstum in seiner Enzyklika "Laudato si" von 2015 das "technokratische Paradigma". Der Eigenwert von Tieren, Pflanzen und Ökosystemen spiele dabei keine Rolle. Letztlich sei durch diese Denkweise "nicht nur Gott in den Hintergrund getreten, sondern auch das nicht-menschliche Leben", kritisierte van Montfoort.
Bibel sieht Menschen als Teil der Schöpfung
Auch die Bibel sei nicht nur als eine Geschichte von Gott mit den Menschen zu lesen. Dieser "Verengung des Blicks, die negative Folgen für unsere Mitgeschöpfe hat", widerspreche der biblische Gedanke, "dass die gesamte Schöpfung von Gottes Wesen Zeugnis ablegt und Gott lobt". In der Bibel stehe der Mensch nicht über der Schöpfung, sondern sei Teil der Schöpfung. "Wir sollten also auch auf Tiere hören, ja sogar auf Bäume und, wie die Bibel sagt, auf Berge, so van Montfoort, "auch weil wir glauben, dass Gott sich in ihnen erkennen lasst". Besonders in den Psalmen und in Teilen der Propheten seien es die Wälder und die Berge, die zum Lob Gottes aufgerufen werden. Auch im Sonnengesang von Franziskus von Assisi heiße es "Gelobt seist Du durch Schwester Mond und die Sterne", was allerdings oft als "Gelobst seist Du für Schwester Mond und die Sterne" übersetzt werde.
Van Montfoort sieht die Welt als "Gottes Körper", wie sie sagte. Und sie plädierte für Bescheidenheit in Bezug auf ethische Appelle zur Nachhaltigkeit: "Nicht im Mittelpunkt zu stehen und nicht alles kontrollieren zu können, bedeutet nicht, dass man machtlos ist... auch andere Lebewesen und eben nicht-lebende Wesen tun ihre Dinge. Die Lösung liegt in der Zusammenarbeit. Nicht verwalten, sondern zusammenarbeiten."
Der Band "Grüne Theologie. Eine öko-feministische und ökumenische Perspektive" von Trees van Montfoort erscheint im Mai 2023 im Grünewald Verlag.
Quelle: kathpress