Neue "Österreichische Islamkonferenz" in den Startlöchern
Mit dem Ziel, die "weltoffene Seite" des Islam stärker zu betonen, ist am Montag in Wien die "Österreichische Islamkonferenz" präsentiert worden. Die vom "Muslimischen Forum Österreich" (MFÖ) getragene und aus EU-Fördermitteln finanzierte Plattform werde den Dialog mit Politik, Medien, Kirchen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft suchen, kündigte der österreichische Theologe Mouhanad Khorchide am Montag in einer Pressekonferenz und danach im Interview mit Kathpress an. Die erste der künftig fünfmal jährlichen Sitzungen der Konferenz ist für den 24. Juni anberaumt. Kritik äußerte indes die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), die von einer "Parallelstruktur" sprach und die Legitimation hinterfragte.
Die Islamkonferenz sei eine Reaktion auf das seit den Anschlägen vom 11. September 2001 schlechte Image des Islam, erklärte Khorchide. Dieses sei ungerechtfertigt, belegten doch Studien beispielsweise, dass die absolute Mehrheit der Muslime keine Probleme mit demokratischen Grundwerten und der Rechtsstaatlichkeit hätte. Mit der neuen, vorerst auf zwei Jahre mit Aussicht auf Verlängerung errichteten Plattform wolle man die innerislamische Vielfalt sichtbar machen und in "lösungsorientierter Zusammenarbeit" auch regelmäßigen strukturierten Austausch mit gesellschaftlichen Akteuren "nicht nur über Probleme, sondern über Gestaltungsmöglichkeiten" pflegen. Praxisorientierte Handlungsempfehlungen sollen dabei erstellt werden, "um das Zusammenleben mit Muslimen noch konstruktiver zu gestalten", so Khorchide gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress.
Konkret schwebt dem Soziologen, Islamwissenschaftler und Religionspädagogen ein sich regelmäßiges Forum vor, bei dem sich jeweils 15 bis 20 Vertreter aus den Bereichen Politik, Kirchen, Medien, Wissenschaft, Zivilgesellschaft sowie der Muslime - "also in Summe 100 bis 120 Personen" fünfmal jährlich zusammenfinden. Gespräche über mögliche Teilnehmende würden derzeit anlaufen und sollten bis Ende Mai abgeschlossen sein. Kirchlicherseits wolle er "besonders jene Akteure, die schon bisher für den interreligiösen Dialog und konstruktive Gespräche offen waren" für die neue Plattform gewinnen, erklärte Khorchide. Dafür Interessierte seien darüber hinaus eingeladen, sich auch selbst zu melden.
Khorchide verwies auf das Beispiel Deutschlands, wo eine Islamkonferenz bereits seit 2006 besteht. Während sie dort jedoch am Innenministerium angedockt und damit sicherheitspolitisch konnotiert sei, hätten in Österreich Muslimen selbst die Initiative ergriffen und gemeinsam den Trägerverein gegründet. Die Mittel stammen aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU. Khorchide betonte, die Plattform werde auf Unabhängigkeit achten und wolle sich nicht politisch vereinnahmen lassen. "Auf keinen Fall" stelle man den Anspruch, mit dieser Struktur Muslime in Österreich vertreten zu wollen, sagte der Theologe. Das Gespräch mit der IGGÖ strebe man an.
Kritik von IGGÖ
Seitens der IGGÖ war am Montag Kritik an der neuen Plattform zu vernehmen. Die Glaubensgemeinschaft sei als zentraler Akteur "nicht miteinbezogen oder gar vorab informiert" worden, wodurch die Legitimation fraglich sei, hieß es in einer Aussendung. Man halte zudem den Vergleich der "Österreichischen Islamkonferenz" mit dem deutschen Modell für nicht angebracht: In Deutschland existiere keine zentrale und staatlich anerkannte islamische Religionsgemeinschaft als Ansprechpartnerin für den Staat und seine Behörden, für die Zivilgesellschaft, Kirchen und Religionen. In Österreich allerdings schon - eben die IGGÖ, die darin auch ihren gesetzlichen Auftrag habe. Offenbar werde nun versucht, eine von außen aufgesetzte "Parallelstruktur" zu schaffen, bei der dann "über anstatt mit Muslim*innen geredet" werden solle.
Khorchide entgegnete auf die Kritik gegenüber Kathpress, die IGGÖ-Spitze sei nach erfolgter Bewilligung des Projekts durch den zuständigen EU-Fonds durchaus als erste darüber informiert und zur Mitwirkung eingeladen worden. Man wolle "nicht über die Köpfe hinweg" organisieren und habe bereits ein erstes Gespräch in Aussicht. Die zu behandelnden Themen werde nicht er vorgeben, sondern diese sollten von den Mitgliedern der Plattform selbst eingebracht werden.
Quelle: kathpress