Scheuer: Statt "Fasten-Egoismus" auch anderen Gutes tun
Für den Linzer Bischof Manfred Scheuer können Christinnen und Christen die Fastenzeit "nicht losgelöst von den gesellschaftlichen Unsicherheiten und der momentanen Krisenhaftigkeit begehen". Beim Fasten gehe es um die Aufmerksamkeit für das Wesentliche, im Beten um die Hinwendung zu Gott - und in der Barmherzigkeit um die Zuwendung zum Nächsten, vor allem zu den Menschen in Not. "Auch in den Unsicherheiten unserer Zeit kann uns diese dreifache Haltung zurück auf den Weg der Hoffnung und Zuversicht führen", schreibt der Diözesanbischof in seinem Fastenhirtenbrief 2023.
Nach der Erleichterung über das Ende der Corona-Pandemie liege seit einem Jahr der schwere "Schatten des Krieges in der Ukraine" über der Gesellschaft. "Ratlosigkeit und wohl auch Traurigkeit drückt auf das Gemüt vieler Menschen", hielt Scheuer fest. "Tausende Familien trauern um Angehörige, und Menschen, die im Angesicht des Krieges aus ihrer zerstörten Heimat geflohen sind, stehen vor einer ungewissen Zukunft. Ein Weg, der zu einem Frieden führen kann, ist nicht absehbar."
Auch in Österreich habe der Krieg zu einer Erschütterung gewohnter Lebensweisen und bisheriger Selbstverständlichkeiten geführt, so der Bischof. "Etwa infolge der Energiekrise sind wir in Österreich massiv von Teuerung betroffen. Auch wenn für die einen die Belastungen tragbar sind, sind viele andere Menschen dadurch in echte materielle Nöte geraten." Vorrangig sei jenen zu helfen, die am meisten davon betroffen sind.
Beim Fasten gehe es nicht nur darum, der eigenen Seele und dem Körper etwas Gutes zu tun, betonte Scheuer, "das wäre eine Art Fasten-Egoismus". Vielmehr gehöre auch ganz wesentlich dazu, "dass ich auch anderen Gutes tun soll, also gemeinschaftsfähig werde und bleibe". Fasten dürfe nicht von den Menschen trennen, indem man sich aus den menschlichen Sorgen und Nöten zurückziehe, vielmehr befähige es zu "echter, tiefer und kraftvoller Begegnung". Das habe Jesus selbst so vorgelebt: "Auch Jesus hat vor seinem öffentlichen Wirken Kraft im Fasten gesucht, um dann zu verkündigen, zu heilen, zu befreien und zu erlösen", so der Bischof.
Durchaus könne diese Art von Fasten auch gesellschaftliche Folgen entwickeln, zeigten doch etwa politische Maßnahmen nur dann Wirkung, wenn möglichst viele Menschen zu einer Änderung ihres Lebensstils bereit sind. Scheuer: "Nicht in der Absicherung des materiellen Wohlstands und der damit verbundenen Konsummöglichkeiten werden wir zu innerem Frieden finden, sondern im Entdecken einer neuen Bescheidenheit und Genügsamkeit." Genau darum gehe es in der Fastenzeit, um "das Sich-Einüben in eine solche Lebensweise, es geht um die Suche nach einem evangeliumsgemäßen Lebensstil". Es gelte, "das für uns selbst Mögliche zu entdecken".
Klimakrise Ausdruck überzogenen Verbrauchs
Ebenso wichtig sei es, mit dem eigenen Lebensstil zu einem "Mehr an Gerechtigkeit" auf der Welt beitragen, erklärte Scheuer. "Wir wissen, dass das Maß des Konsums in den reichen, industrialisierten Ländern bei Weitem jenes Maß übersteigt, das die Erde verträgt." Die Klimakrise sei "Ausdruck dieses überzogenen Verbrauchs, der sich zur Gier, in der nichts mehr genug erscheint, auswachsen kann." Besonders junge Menschen führten derzeit der Gesellschaft die Dringlichkeit der "höchst notwendigen" Trendumkehr vor Augen.
Papst Franziskus habe bereits zu Pfingsten 2015 in seiner Enzyklika "Laudato si" zu einem Leben in Genügsamkeit ermutigt und für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung plädiert, erinnerte Scheuer, und lud dazu ein, in der Fastenzeit "das Leben einmal so zu probieren, wie wir es guten Gewissens vor den Nöten der Welt verantworten können". Es gelte, die Lösungen der "vielschichtigen Probleme unserer Zeit" nicht bloß von anderen zu erwarten, sondern selbst zum Teil der Lösung zu werden.
Quelle: kathpress