Ein Jahr nach Kriegsbeginn: Diakonie fordert "Ukrainer-Gesetz"
Die Diakonie fordert im Vorfeld des Jahrestags des Angriffs Russlands auf die Ukraine am 24. Februar von der Politik weitere Integrationsmaßnahmen und die Möglichkeit für dauerhaften Aufenthalt für geflüchtete Menschen aus der Ukraine in Österreich. Zusammengefasst werden sollen die Maßnahmen in einem eigenen "Ukrainer:innen-Gesetz" nach dem Vorbild des Bosnier-Gesetzes von 1997, sagte die Direktorin der evangelischen Hilfsorganisation, Maria-Katharina Moser, bei einem Pressetermin am Dienstag in Wien.
Aktuell lebten rund 60.000 Menschen aus der Ukraine mit befristetem Vertriebenenstatus in Österreich, berichtete Moser. "Es ist höchste Zeit, dass Ukraine-Vertriebene Möglichkeiten für einen dauerhaften Aufenthalt bekommen." Mittlerweile sei klar, dass ein baldiges Ende des Kriegs nicht realistisch sei. "Ukrainerinnen und Ukrainer, die wir in unserer Beratungsstelle unterstützen, berichten uns, dass sie sich vom Gedanken an rasche Rückkehr verabschiedet haben."
Ende der 1990er Jahre habe man beim Bosnienkrieg eine ähnliche Situation vorgefunden, so die Diakonie-Direktorin. Damals habe Österreich den Kriegsflüchtlingen mit dem sogenannten Bosnier-Gesetz Bleibeaussichten geboten. "Das war sehr wertvoll, nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für Österreich. Es hat die Voraussetzungen für Integration geschaffen und die Integration war höchst erfolgreich", zeigte sich Moser überzeugt.
Angleichen an Asylberechtigten-Status
Konkret müsse es darum gehen, den Status von aus der Ukraine geflüchteten Menschen an den von anerkannten Flüchtlingen anzugleichen, forderte Moser. Auf diese Weise wären sie am besten für ein selbstständiges Leben in Österreich abgesichert. Damit einhergehen würde auch die Überführung von der sogenannten Grundversorgung in das reguläre Sozialsystem, und die Menschen könnten ein Jahr nach ihrer Flucht die "Warteposition der Grundversorgung" verlassen.
Der anfängliche "Hype" bei der Hilfe von geflüchteten Menschen aus der Ukraine sei nach einem Jahr "abgeflacht", berichtete die Leiterin der Ukraine-Beratungsstelle der Diakonie in Wien, Claudia Lui. Auch die Spenden von privaten Wohnraum-Kapazitäten kämen an ein Ende. So hätten viele private Quartiergeber mittlerweile selbst Schwierigkeiten, die hohen Nebenkosten etwa bei Energie zu finanzieren, erklärte sie. Viele haben eine Wohnung auch bewusst nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung gestellt, weil sie der Überzeugung sind, dass nun der Staat am Zug sei. "Am Anfang waren wir im Hilfemodus, jetzt müssen wir in einen Integrationsmodus kommen", sagte Lui.
Imke Hansen, in der Ukraine tätige Expertin für psychische Gewalt, erzählte vom Alltag der Menschen in dem Land, der von andauernden Ausnahmesituationen geprägt sei. Infrastruktur sei in vielen Landesteilen stark zerstört, Strom und Wasser sind Mangelware und dauernd gebe es Fliegeralarm. Gegen alle international geltenden Rechte und Absprachen würden auch Krankenwagen im Einsatz gezielt beschossen; das habe sie selbst miterlebt, schilderte Hansen. Auch wenn der Einsatz der Zivilgesellschaft nach wie vor groß sei, gehen die Kräfte der Menschen in den umkämpften Gebieten ein Jahr nach dem Beginn des Kriegs langsam aus, so die Psychologin.
Quelle: kathpress