Glettler: Leihmutterschaft widerspricht Menschenrechten
"Mit großer Sorge" verfolgt der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler die aktuellen Bestrebungen der EU-Kommission, Leihmutterschaft international zu etablieren und zu erleichtern. Leihmutterschaftsvereinbarungen stellten eine Form des Kinderhandels dar und bedeuteten eine "rücksichtslose Ausbeutung von Frauen", betonte Glettler, in der Österreichischen Bischofskonferenz für Familie und Lebensschutz, am Freitag gegenüber Kathpress. Sie widersprächen damit den Menschenrechten.
Aus diesem Grund habe sich der Bischof in einem Schreiben mit der Bitte an die politischen Verantwortungsträger in Österreich gewandt, sich gegen die vorgeschlagene Verordnung der Europäischen Kommission sowie ähnliche Initiativen auszusprechen und stattdessen ein internationales Verbot der Leihmutterschaft zu fordern. Leihmutterschaft widerspreche allein aufgrund der Tatsache, dass sie einen Handel mit Kindern darstelle, der Würde und den in der UN-Kinderrechtskonvention geschützten Rechten von Kindern. Außerdem würden Kinder vorsätzlich einer gespaltenen Elternschaft ausgesetzt, die zahlreiche negative Konsequenzen nach sich zieht, warnte Glettler: "Sie müssen mit dem Wissen oder auch nur der Ahnung leben, dass sie neun Monate lang von einer Frau ausgetragen wurden, der sie in den meisten Fällen nie mehr in ihrem Leben begegnen werden."
Ebenso verletze Leihmutterschaft das Recht des Kindes, nach Möglichkeit seine leiblichen Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden. In dem Zusammenhang dürfe man auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Thema "frühkindliche Bindung" nicht ignorieren. Glettler: "Die frühkindliche Bindung beginnt bereits im Mutterleib und ist wesentlich für eine gesunde Entwicklung des Kindes". Im Falle einer Leihmutterschaft werde aber eine nachhaltige, tiefere Bindung und ein Beziehungsaufbau der Schwangeren mit dem ungeborenen Kind von vornherein vermieden.
Rücksichtslose Ausbeutung von Frauen
Letztlich bedeute Leihmutterschaft immer eine "rücksichtslose Ausbeutung von Frauen", so Glettler und greife tief in ihre Autonomie ein. "Eine Frau nimmt solche gesundheitsgefährdenden medizinischen Behandlungen meist nur dann auf sich, wenn sie sich in einer finanziellen Notsituation befindet. Der wachsende Leihmutterschaftsmarkt verfestigt somit globale Ungerechtigkeiten und wirtschaftliche Notlagen von Frauen."
Vertragsvereinbarungen darüber, welche medizinischen Untersuchungen die Schwangere durchführen muss, was sie essen oder trinken darf, wo sie sich aufzuhalten hat und wann sie das Kind abzugeben oder die Schwangerschaft abzubrechen hat, beraube Leihmüttern ihrer Würde und sie werde zu einem "Instrument für einen fremden Kinderwunsch" degradiert, kritisierte der Bischof: "Die Selbstbestimmung der Frau endet spätestens mit dem Unterzeichnen des Leihmutterschaftsvertrags. Auch dieser Aspekt ist mit den geltenden Menschenrechten unvereinbar."
Ziel EU-weites Elternschaftszertifikat
Bezug nimmt der Bischof auf den Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung des Rates zur grenzüberschreitenden Anerkennung der Elternschaft zwischen den Mitgliedstaaten und der Schaffung eines europäischen Elternschaftszertifikats aus dem vergangenen Dezember, sowie auf das Projekt Elternschaft/Leihmutterschaft der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (HCCH), das sich mit der Erstellung eines multilateralen Instruments zum Internationalen Abstammungsrecht beschäftigt.
Beide Initiativen wollen die Anerkennung der Elternschaft aus ausländischen Vereinbarungen erleichtern und EU-weit normieren. "Leihmutterschaftsverbote, die in Ländern wie Österreich berechtigterweise bestehen, laufen dadurch Gefahr, de facto ausgehöhlt und unterwandert zu werden", wies der Bischof hin. Zahlreiche internationale Experten, Gremien und Organisationen hätten die Praxis der Leihmutterschaft immer wieder verurteilt, so Glettler, der Berichte der Vereinten Nationen und der EU selbst anführte.
"Aus all den genannten Gründen" bitte er die politischen Verantwortungsträger, sich gegen die vorgeschlagene Verordnung der Europäischen Kommission auszusprechen - "zum Wohle von Kindern, Frauen und der Gesellschaft als Ganzes".
Quelle: kathpress