Erzbischof Lackner: Synodalität ist "große Chance" für die Kirche
In Prag kommen ab 5. Februar Bischöfe und Delegierte aus der katholischen Kirche in Europa eine Woche lang zusammen, um im Rahmen der Kontinentalversammlung den Synodalen Prozess fortzusetzen. Für den Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz ist der weltweite Synodale Prozess "eine große Chance", wie Erzbischof Franz Lackner am Montag im Kathpress-Interview betonte. Er erwarte sich als Teilnehmer an der Versammlung in Prag, dass die Stimme der Kirche in Österreich gehört wird, so wie er auch bereit sei, die Stimmen und Erfahrungen der anderen Länder zu hören, um voneinander zu lernen. "Wir haben gemeinsam Verantwortung vor Gott und den Menschen", appellierte Lackner in diesem Zusammenhang an die Teilnehmenden aus allen Ländern Europas.
Die österreichische Kirche habe etwa durchaus bedeutsame Erfahrungen im Blick auf die Säkularität und das Zusammenspiel Staat-Kirche einzubringen, zeigte sich der Erzbischof überzeugt. Es gehe in Prag also sowohl um konkrete Themen als auch um eine grundsätzlich synodale Haltung, die er sich von allen Teilnehmenden erwarte.
Freilich: Österreich wie auch Europa seien nur ein Teil der Weltkirche. Für Österreich wie auch Europa gelte deshalb: "Wir müssen andockfähig und ergänzungsfähig bleiben. Wo sind wir mit unseren Anliegen andockfähig auf Ebene der Weltkirche, wo können wir andererseits von anderen Regionen lernen?" Die Frage stelle sich allerdings auch umgekehrt: "Wo ist Rom andockfähig und ergänzungsfähig. Was können Landeskirchen einbringen, was Rom nicht hat?"
Nun würden erstmals auch die Bischöfe direkt in den Synodalen Prozess eingreifen, erläuterte Lackner weiter. Bisher habe man den Prozess eigentlich nur begleitet. Die Kirche sei von ihrer Konstitution her sowohl synodal als auch hierarchisch verfasst. Lackner: "Die große Frage ist: Wo trifft sich das? Wo wird das Hören verbindlich?" Vor diesem Hintergrund warnte Lackner vor der "Gefahr, dass bestimme Punkte durchgedrückt werden". Das sei auch gegen die Intention, die Papst Franziskus mit gelebter Synodalität verbinde.
Der Erzbischof verwies im Blick der Rolle der Bischöfe einmal mehr auf ein Bild, das er auch schon im bischöflichen Begleitschreiben zur Österreich-Synthese im vergangenen Sommer verwendete: In der Basilika San Francesco in Assisi finde sich ein bekanntes Fresko, welches ein Traumbild Papst Innozenz III. zeigt: Die Lateranbasilika - Mutter aller Kirchen - ist dem Einsturz nahe, doch ein armer und bescheidener Mann - der hl. Franziskus - stütze sie mit seiner Schulter, damit sie nicht zusammenfällt. Dieser Akt des Stützens sei auch ein Akt des Dagegenhaltens und umgekehrt, betonte Lackner. Es gehe beim Dagegenhalten nicht um ein Verhindern, sondern um ein Stützen für die Zukunft der Kirche.
Österreich ist in Prag durch den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak, die Innsbrucker Hochschul-Rektorin und Theologin Petra Steinmair-Pösel und den Salzburger Theologen Markus Welte vertreten. Zusätzlich werden zehn weitere Personen aus Österreich online zugeschaltet sein und sich einbringen können. Verantwortlich für die Konferenz ist der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE).
Ausgangspunkt für die Beratungen ist das Vorbereitungsdokument "Mach den Raum deines Zeltes weit" (Jes 54,2), das Ende Oktober 2022 vom Vatikan veröffentlicht wurde. Die mehrtägige Konferenz in Prag teilt sich in zwei Phasen: Die erste dauert vom 5. bis 9. Februar und an ihr nehmen 200 Personen vor Ort sowie 390 Online-Delegierte teil. Erklärtes Ziel ist die gemeinsame Erarbeitung und Verabschiedung eines Abschlussdokuments. Anschließend tagen von 10. bis 12. Februar die 39 Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen in Europa. Sie werden sich mit dem Abschlussdokument befassen und planen dazu eine Stellungnahme.
Der von Papst Franziskus initiierte Synodale Prozess startete im Herbst 2021. Der Herbst und das Frühjahr 2022 standen im Zeichen der lokalen Konsultationen über Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung in Diözesen und kirchlichen Organisationen in aller Welt. Um möglichst viele Menschen zu beteiligen, setzte man neben verschiedenen Gesprächsformaten, diözesanen Versammlungen und anderen Impulsen vielerorts auch auf Fragebögen zur Erhebung von Anliegen und Ideen der Gläubigen. Auch aus Österreich gingen die Ergebnisse, gebündelt in eine nationale Zusammenfassung ("Österreich-Synthese"), im Sommer 2022 an das Synodensekretariat in Rom. Die heimischen Bischöfe griffen inhaltlich in das Korpus des Berichts nicht ein. Sie ergänzten es lediglich um ein kurzes Begleitschreiben.
Auf Basis der Einreichungen aus aller Welt erarbeitete eine Gruppe von 50 Fachleuten ein Arbeitsdokument für die aktuelle kontinentale Phase der Synode. Unter dem Titel "Mach den Raum deines Zeltes weit" (Jes 54,2) fasst das im Oktober 2022 vom Vatikan veröffentlichte Papier auf 45 Seiten Sorgen und Nöte in katholischen Diözesen weltweit zusammen. Dabei stehen vor allem besseres gegenseitiges Zuhören und Beteiligung aller im Fokus. Hervorgehoben werden Frauen, gesellschaftliche Randgruppen und Minderheiten.
Das Arbeitspapier wurde in den heimischen Diözesen nochmals behandelt und Rückmeldungen wurden an die Österreich-Delegierten gesandt. Diese haben nun neuerlich eine Synthese erarbeitet, die in Prag präsentiert wird. Allzu große konkrete Schritte dürfe man sich von Prag noch nicht erwarten, dämpfte Erzbischof Lackner die Erwartungen. Es gehe um kleine, aber notwendige Schritte. "Wir säen, andere werden ernten."
Quelle: kathpress