Lackner: Seelsorge neu zwischen Priestern und Laien aufteilen
Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner hat im Interview mit den "Salzburger Nachrichten" (Freitag) zu den jüngsten Austrittszahlen aus der Katholischen Kirche Stellung genommen, ebenso auch zu notwendigen Reformen in der Seelsorge. Es brauche ein neues Rollenverständnis von Priestern und Laien, betonte Lackner. Dass er Erzbischof von Wien und somit Nachfolger von Kardinal Christoph Schönborn werden könnte, schloss er im Interview weitgehend aus.
Die Kirche könne dem "Fluss der säkularen Zeit" nicht entkommen, so Lackner. Daher werde es wohl auch so bald keinen Zuwachs bei den Katholikenzahlen geben. Darüber hinaus gebe es auch konkrete Anlässe, die zum Austritt führten, wie die Pandemie, der Kirchenbeitrag und ein genereller Vertrauensverlust. "Die Frage ist, was können wir tun. Die Abkehr ist jedenfalls ein gesellschaftliches Phänomen." Die Kirche sei aber "eine Sinnquelle, in ihr haben Sinnfragen einen Platz". Sie sei zudem "Anwältin der Gerechtigkeit für alle". Der Kirchenbeitrag ermögliche vielfach den kirchlichen Einsatz für die Menschen in der Gesellschaft.
Im Blick auf die kirchliche Personalsituation sagte der Erzbischof: "Wir haben 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - das sind genug. Wir vergeuden Energie, wenn wir redundant agieren. Der Priester möchte die Aufgabe der Laien übernehmen und umgekehrt. Darin sehe ich Herausforderungen für ein neues Rollenverständnis von Priestern und Laien."
Die Rolle der Priester habe sich geändert. "In erster Linie müssen diese für die sakramentale Arbeit da sein. Dem Spirituellen können sich auch die Laien widmen. Die machen das auch sehr gut", so der Erzbischof. Es brauche Ansprechpersonen vor Ort, so Lackner: "Mir sagen Sekretärinnen in den Pfarren, dass sie das bindende Glied in der Pfarre seien. In den Klöstern waren auch die Pförtner früher die ersten Seelsorger."
Die Seelsorge könne heute aufgeteilt werden: "Das Sakramentale, die Beichte liegt beim Priester. Die Seelenführung aber leisten heute oft Laien. Ein anderes Beispiel ist die Katechese, die Darstellung des Glaubens der Kirche als Orientierungspunkt. Der Papst hat das Amt des Katecheten beziehungsweise der Katechetin eingeführt."
Wie Lackner weiter sagte, müsse man aufgrund der schwindenden Anzahl an Mitgliedern vielleicht darüber nachdenken, Kirchen zu verkleinern. "Nicht den Dom, aber andernorts." Vorstellbar sei etwa, Bibliotheken mit christlicher Literatur in den Kirchen zu installieren, auch Ruhe- oder Sozialräume wären eine Möglichkeit. Fakt sei jedenfalls: "Wir haben 800 Gebäude zu erhalten und benötigen dafür auch finanzielle Mittel."
"Meine Erstlektüre wird es nicht werden"
Auf das neue Buch "Nichts als die Wahrheit" von Erzbischof Georg Gänswein angesprochen, meinte Lackner, dass er zum einen Erzbischof Gänswein sehr schätze: "Er hat sich rührend um Papst Benedikt gekümmert, ein Krankenpfleger hätte es nicht besser gekonnt." Einen Konflikt zwischen Papst Benedikt und Papst Franziskus habe er nie gesehen, so Lackner: "Auch bei meinem letzten Besuch vor dem Ableben Benedikts war das kein Thema." Aber: "Einem Buch so kurz nach dem Ableben des Papstes stehe ich sehr kritisch gegenüber", so Lackner. Es bräuchte vielmehr eine "Phase der Ruhe und Trauer". Nachsatz: "Meine Erstlektüre wird es nicht werden."
Auf eine mögliche Nachfolge von Kardinal Christoph Schönborn als Erzbischof von Wien angesprochen, wiegelte Lackner ab: "Die Nachfolge ist Chefsache und obliegt somit vornehmlich dem Papst. Ich mische nicht mit. In meinem Leben habe ich mehrere Gehorsamsschritte gesetzt - auch als ich Weihbischof von Graz und später Erzbischof von Salzburg wurde. Das ist für mich kein Thema." Kategorisch könne man zwar im Glauben nichts ausschließen, er habe aber "jetzt schon sehr große Schuhe an und muss auch mit meinen Kräften haushalten", so Lackner. Es zeichne sich zudem auch kein baldiger Amtswechsel in Wien ab. Zuletzt habe Papst Franziskus Kardinal Schönborn für seine weitere Tätigkeit gedankt und der Kardinal habe sich gesundheitlich gut erholt. Freilich: "Überraschungen kann es in der Kirche immer geben."
Diskussionen um Loretto-Bewegung
Auf innerdiözesane Diskussionen rund um die Loretto-Bewegung angesprochen, meinte Erzbischof Lackner: "Ich bin kein Loretto - ich bin Franziskaner. Ich halte die Diskussion über die Lorettos für übertrieben. Die Bewegung hat den guten Willen, tief in den Glauben einzudringen. Wir sollten lieber froh darüber sein. Manches erinnert an Verliebtheit. Diese kann sich verflüchtigen oder vertiefen. Die Lorettos haben jedenfalls keine Macht in der Erzdiözese." Fraglich sei, wie sich die Lorettos entwickeln, "vielleicht streben sie nach mehr Institutionalisierung".
Kritik, dass die Loretto-Bewegung zu freikirchlich und evangelikal unterwegs sei, wollte Lackner so nicht gelten lassen: "Die Menschen zieht es in die Freikirchen, das ist ein allgemeines Phänomen. Daher seien wir doch froh, dass die bei den Lorettos sind. Theologisch sehe und höre ich keine Unterschiede. Es ist eher eine Machtfrage, die gestellt wird." Von seinem Umfeld würde er sich wünschen, so Lackner, "dass man ehrlich darüber spricht. Ich lade zu einem runden Tisch mit gutem Wein aus der Südoststeiermark ein. Wir müssen intern endlich die Engstirnigkeit ablegen."
Für mehr Gelassenheit sprach sich Lackner auch im Blick auf die Jungfrauenweihe im vergangenen Jahr aus, die für so manche Diskussion gesorgt hatte. "Ich bin Franziskaner und habe immer das Bild von Gott und Mensch als freundschaftliche Beziehung präferiert und jenem von Braut und Bräutigam vorgezogen." Die Jungfrauenweihe sei aber eine Nachahmung der Lebensform Jesu, mit einer sehr langen Geschichte. "Daher verstehe ich die Aufregung nicht." Der Erzdiözese werfe man zudem häufig vor, warum sie nicht mehr Marketing mache, die Lorettos kritisiere man dafür, bemerkte Lackner.
Quelle: kathpress