Debatte über das Miteinander von zwei Päpsten geht weiter
In den italienischen Medien geht die Debatte um das demnächst erscheinende autobiografische Buch von Erzbischof Georg Gänswein weiter. Unter dem Titel "Nichts als die Wahrheit" berichtet der langjährige persönliche Sekretär von Benedikt XVI. darin unter anderem bislang unbekannte Details über das nicht immer konfliktfreie Miteinander von Papst Franziskus und Ex-Papst Benedikt in den Jahren von 2013 bis zu dessen Tod 2022.
Nachdem einige italienische Zeitungen diese Berichte als Angriff auf Papst Franziskus gedeutet hatten, äußerten sich nun prominente Kirchenmänner zum Verhältnis zwischen dem früheren und dem amtierenden Papst.
Der für Heiligsprechungen zuständige Kardinal Marcello Semeraro sagte der Tageszeitung "Corriere della Sera" (Samstag), er habe von Benedikt XVI. stets nur Worte der Wertschätzung, des Respekts und der wechselseitigen Zuneigung gehört. Zu den Berichten über Spannungen zwischen unterschiedlichen Fraktionen in der Kirche bemerkte der Kardinal: "Wenn so etwas passiert, zeigt es, dass etwas auf der geistlichen Ebene nicht stimmt. (...) Es ist schade, wenn es in der Kirche solche Unterstellungen und Versuche gibt."
Dies betreffe aber nicht das "Herz der Kirche", sondern nur deren "menschliche Dimension", betonte Semeraro. Es habe in der Kirchengeschichte immer wieder "Fans" von einzelnen Päpsten gegeben. Aber wenn man solche "Fangemeinden" konstruieren wolle, dann habe das "etwas Teuflisches", denn damit würden Spaltungen geschaffen, die sicher nicht vom Heiligen Geist kämen.
Semeraro äußerte sich auch zu den Forderungen nach einer raschen Seligsprechung für Benedikt XVI. und erinnerte daran, dass der damalige Kardinal Joseph Ratzinger nach dem Tod von Johannes Paul II. im Jahr 2005 versucht habe, eine beschleunigte Seligsprechung mit dem Argument zu bremsen, dass solche Unterscheidungs-Prozesse "eine angemessene Zeit brauchten".
Am Tag zuvor hatte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in einem Interview derselben Tageszeitung daran erinnert, dass das Nebeneinander von zwei Petrusnachfolgern eine "potenziell delikate Situation" für die Kirche gewesen sei. Möglicherweise habe jemand das ausnutzen wollen, das sei aber nicht gelungen: "Wir alle haben die brüderliche Nähe gesehen." Ihre in Gesten, Blicken und Worten spürbare Zuneigung habe "viele Menschen bewegt und getröstet".
Ihre Unterschiede im Temperament und in den Ideen seien "Teil der Schönheit der Kirche". Beide hätten betont, dass die einzige Mission der Kirche die Verkündigung Jesu Christi sei und dass die Kirche nicht selbstbezogen sein dürfe. Jesus nachzufolgen und sein Heil der Welt zu verkünden, sei die wahre Quelle für jede authentische Reform der Kirche, betonte Parolin.
Parolin berichtete, er habe den emeritierten Papst einmal im Jahr zu Weihnachten besucht. Er habe Ruhe und tiefen Frieden ausgestrahlt. Benedikt sei ein Mann von großer Freundlichkeit und Demut gewesen, so Parolin. Deshalb glaube er, dass "die böswilligen Karikaturen, die von manch einem gezeichnet wurden, um ihn schlechtzureden, bald im Winde verwehen werden."
Quelle: kathpress