Klebe-Aktionismus: Anliegen berechtigt, Methode falsch
Die Festklebe- und Beschmutzungsaktionen der "Last Generation", die zuletzt immer wieder für Aufsehen sorgen, gehen von einem berechtigten Anliegen aus, die Methode ist aber höchst fragwürdig. Das hat der Sprecher der kirchlichen Umweltreferenten Österreichs, Markus Gerhartinger, am Freitag gegenüber Kathpress betont. Er habe "Verständnis für den Frust" über die Säumigkeit der Politik im Bereich Klimaschutz, die "zu viel redet und zu wenig umsetzt". Aber er könne sich nicht vorstellen, dass Beschmutzen und Behindern unter dem Siegel des Klimaschutzes zu mehr Umweltbewusstsein in der Bevölkerung führen, so Gerhartinger.
In den vergangenen Wochen war es in Österreich und Deutschland vermehrt zu Protestaktionen von Umweltaktivisten gekommen. Eine Störung des Neujahrskonzertes in Wien verhinderte die Polizei; in Stuttgart hatten Vertreter der "Last Generation" vergeblich versucht, den ARD-Weihnachtsgottesdienst zu stören: Die evangelische Gemeinde hatte vorab vom geplanten Protest erfahren und bereits die Generalprobe des Gottesdienstes am 23. Dezember aufgezeichnet, die dann anstelle der Liveübertragung im Fernsehen gesendet wurde.
Markus Gerhartinger, der auch Umweltbeauftragter der Erzdiözese Wien ist, wollte die Protestierenden "nicht pauschal als Spinner" abkanzeln. Aber im Gegensatz zu den Klimademonstrationen von "Fridays For Future", an denen sich auch die Kirchen aus Überzeugung beteiligten, werde mit den Aktionen der "Last Generation" kein gesellschaftlicher Dialog über ein wichtiges Thema befördert. Er fürchte, dass damit im Gegenteil dem Anliegen des Klimaschutzes geschadet wird.
Der kirchliche Umweltexperte sieht den Aktionismus in Museen u.a. öffentlichen Gebäuden oder Plätzen als Ausdruck eines Trends zur gesellschaftlichen Spaltung, wie er sagte: Meinungen würden zunehmend mit Mitteln durchzusetzen versucht, "die wir bisher nicht gewohnt waren". Richtig sei jedenfalls die Einschätzung, dass die politisch Verantwortlichen ihre Selbstverpflichtungen zu mehr Nachhaltigkeit nicht einhalten.
Krautwaschl würde "reden mit ihnen"
Auch der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl hatte zuletzt in einem Interview gemeint, es sei wichtig, beim Thema Umweltschutz Bewusstsein zu schaffen, "dass wir da endlich ins Tun kommen". In "meinbezirk.at" (1. Jänner) sagte er zu den "Klebeaktivisten": "Dort, wo Leib und Leben anderer gefährdet ist, ist für mich schon eine Grenze zu ziehen - aber anscheinend wissen sie sich halt auch nicht anders zu helfen."
Auf die Frage, was er tue, wenn sich Protestierende vor dem Grazer Dom festkleben, antwortete Krautwaschl: "Ja, was soll ich machen - reden mit ihnen." Er hoffe aber, dass es zu so etwas gar nicht kommt. Die Kirche versuche Klimaschutz nach besten Kräften umzusetzen, so der Bischof. "Wir hätten viele Dachflächen, die nach Süden ausgerichtet sind - aber da hindert uns halt der Denkmalschutz an der Errichtung von Photovoltaik-Anlagen", bedauerte Krautwaschl. Er habe das auch schon bei Umweltministerin Leonore Gewessler deponiert.
Quelle: kathpress