"Wo Gott ist, ist Zukunft": Bleibende Worte von Benedikt XVI. in Österreich
Die Worte, die Papst Benedikt XVI. bei seinem Österreich-Besuch im September 2007 in Wien, Mariazell und Heiligenkreuz an seine Zuhörerinnen und Zuhörer gerichtet hat, sind "gutes, kräftiges Brot, das den Gläubigen und Suchenden Nahrung auf ihrem Pilgerweg sein kann". Das betonte Kardinal Christoph Schönborn nicht nur bei einer Feier zum ersten Jahrestag des Papstbesuches 2008, sondern immer wieder auf die Frage nach dem Bleibenden des Papstbesuches. Anlässlich des Ablebens des emeritierten Papstes dokumentiert "Kathpress" die wichtigsten Aussagen von Benedikt XVI. bei seinem Pastoralbesuch in Österreich. Die Visite vom 7. bis 9. September 2007 war bislang der letzte Papstbesuch hierzulande:
Ansprache bei der Ankunft am Flughafen Wien-Schwechat (7.9.2007):
"Wer auf den Nächsten 'schaut' - ihn sieht und ihm Gutes erweist -, schaut auf Christus und dient ihm."
Ansprache bei der Begegnung mit Vertretern des öffentlichen Lebens und des Diplomatischen Corps in der Hofburg in Wien (7.9.2007):
"Die Trennung, die den Kontinent jahrzehntelang schmerzlich gespalten hat, ist zwar politisch überwunden, aber in den Köpfen und Herzen der Menschen steht die Verwirklichung der Einheit großenteils noch aus."
"Das 'Haus Europa', wie wir die Gemeinschaft dieses Kontinents gerne nennen, wird nur dann ein für alle gut bewohnbarer Ort, wenn es auf einem soliden kulturellen und moralischen Fundament von gemeinsamen Werten aufbaut, die wir aus unserer Geschichte und unseren Traditionen gewinnen. Europa kann und darf seine christlichen Wurzeln nicht verleugnen. Sie sind ein Ferment unserer Zivilisation auf dem Weg in das dritte Jahrtausend."
"Die viel zitierte Globalisierung kann nicht aufgehalten werden, es ist aber eine dringende Aufgabe und eine große Verantwortung der Politik, der Globalisierung solche Regeln und Grenzen zu geben, dass sie nicht auf Kosten der ärmeren Länder und der Ärmeren in den reichen Ländern realisiert wird und nicht den kommenden Generationen zum Nachteil gereicht."
"Das grundlegende Menschenrecht, die Voraussetzung für alle anderen Rechte, ist das Recht auf das Leben selbst. Das gilt für das Leben von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende."
"Ich appelliere an die politisch Verantwortlichen, nicht zuzulassen, dass Kinder zu einem Krankheitsfall gemacht werden und dass die in Ihrer Rechtsordnung festgelegte Qualifizierung der Abtreibung als ein Unrecht faktisch aufgehoben wird."
"Die richtige Antwort auf das Leid am Ende des Lebens ist Zuwendung, Sterbebegleitung - besonders auch mit Hilfe der Palliativmedizin - und nicht 'aktive Sterbehilfe'."
"Ein Land, das so viel bekommen hat, muss auch viel geben. Es darf sich viel zutrauen und sich auch einiges zumuten an Verantwortung in seiner Nachbarschaft, in Europa und in der Welt."
"Vieles von dem, was Österreich ist und besitzt, verdankt es dem christlichen Glauben und seiner reichen Wirkung in den Menschen."
"Der Glaube hat den Charakter dieses Landes und seine Menschen tief geprägt. Es muss daher ein Anliegen aller sein, nicht zuzulassen, dass eines Tages womöglich nur noch die Steine hierzulande vom Christentum reden würden."
Predigt bei der Messe mit Pilgern in Mariazell (8.9.2007):
"Gott lässt uns unsere Freiheit und er weiß doch, in unserem Versagen neue Wege seiner Liebe zu finden. Gott scheitert nicht."
"Pilgern heißt, eine Richtung haben, auf ein Ziel zugehen. Dies gibt auch dem Weg und seiner Mühsal seine Schönheit."
"Diese Resignation der Wahrheit gegenüber ist meiner Überzeugung nach der Kern der Krise des Westens, Europas."
"Wenn es Wahrheit für den Menschen nicht gibt, dann kann er auch nicht letztlich Gut und Böse unterscheiden."
"Wahrheit setzt sich nicht mit äußerer Macht durch, sondern sie ist demütig und gibt sich dem Menschen allein durch die innere Macht ihres Wahrseins. Wahrheit weist sich aus in der Liebe."
"Gott kommt nicht mit äußerer Macht, sondern er kommt in der Ohnmacht seiner Liebe, die seine Macht ist. Er gibt sich in unsere Hände. Er bittet um unsere Liebe."
"Europa ist arm an Kindern geworden: Wir brauchen alles für uns selber, und wir trauen wohl der Zukunft nicht recht. Aber zukunftslos wird die Erde erst sein, wenn die Kräfte des menschlichen Herzens und der vom Herzen erleuchteten Vernunft erlöschen - wenn das Antlitz Gottes nicht mehr über der Erde leuchtet. Wo Gott ist, da ist Zukunft."
"'Auf Christus schauen!' Wenn wir das tun, dann sehen wir, dass das Christentum mehr und etwas anderes ist als ein Moralsystem, als eine Serie von Forderungen und von Gesetzen. Es ist das Geschenk einer Freundschaft, die im Leben und im Sterben trägt."
Predigt bei der Messe im Wiener Stephansdom (9.9.2007):
"Nur der Liebende findet das Leben. Und Liebe verlangt immer das Weggehen aus sich selbst, verlangt immer, sich selber zu lassen."
"Die rastlose Gier nach Leben, die die Menschen heute umtreibt, endet in der Öde des verlorenen Lebens."
"Ein letztes Loslassen unserer Selbst ist nur möglich, wenn wir dabei am Ende nicht ins Leere fallen, sondern in die Hände der ewigen Liebe hinein."
"Ohne den Herrn und ohne den Tag, der ihm gehört, gerät das Leben nicht."
"Wenn die freie Zeit nicht eine innere Mitte hat, von der Orientierung fürs Ganze ausgeht, dann wird sie schließlich zur leeren Zeit, die uns nicht stärkt und nicht aufhilft."
Ansprache beim Besuch im Stift Heiligenkreuz (9.9.2007):
"Jeder Mensch trägt im Innersten seines Herzens die Sehnsucht nach der letzten Erfüllung, nach dem höchsten Glück, also letztlich nach Gott, sei es bewusst oder unbewusst."
"Wo Gott treu gelobt und angebetet wird, da bleibt sein Segen nicht aus. In Österreich sagt man mit Recht: 'An Gottes Segen ist alles gelegen!'"
"Bei allem Bemühen um die Liturgie muss der Blick auf Gott maßgebend sein. Wir stehen vor Gott - er spricht mit uns, wir mit ihm."
Ansprache bei der Begegnung mit Ehrenamtlichen im Wiener Konzerthaus (9.9.2007):
"Nächstenliebe ist nicht delegierbar; Staat und Politik können sie bei allem nötigen Bemühen um einen Sozialstaat nicht ersetzen."
"Freiwilligkeit lebt und bewährt sich jenseits von Kalkulation und erwarteter Gegenleistung; sie sprengt die Gesetzmäßigkeiten der Marktwirtschaft."
"Die Fortentwicklung und Würde einer Gesellschaft hängt immer wieder und gerade an jenen Menschen, die mehr tun als ihre Pflicht."
"Das Ehrenamt ist ein Dienst an der Würde des Menschen, die in seiner Gottebenbildlichkeit gründet."
"Ehrenamtliche sind Hüter und Anwälte der Menschenrechte und Menschenwürde."
"Jesus Christus lehrt uns nicht eine Mystik der geschlossenen Augen, sondern eine Mystik des offenen Blicks und damit der unbedingten Wahrnehmungspflicht für die Lage der anderen, für die Situation, in der sich der Mensch befindet, der gemäß dem Evangelium unserer Nächster ist."
"Die Anteilnahme an den Situationen und Nöten der Menschen führt zu einem 'neuen' Miteinander und wirkt sinnstiftend."
"Das Gebet zu Gott ist Ausweg aus Ideologie oder Resignation angesichts der Erfahrung der Endlosigkeit der Not."
Alle Ansprachen von Benedikt XVI. bei seinem Österreich-Besuch zum Nachlesen und Nachhören sowie Hintergrundinformationen sind im Internet abrufbar unter www.papstbesuch.at.
Quelle: kathpress