Küberl zeichnet differenziertes Bild von Benedikt XVI.
Joseph Ratzinger war beim Konzil einer der Wegbereiter eines modernen Katholizismus und hat später als Papst Benedikt XVI. auch Spuren bei Besuchen in Österreich hinterlassen: Der frühere Caritas-Präsident Franz Küberl zeigte sich in einer ORF-III-Sondersendung zum Tod Benedikts am Montagabend beeindruckt von dessen gewinnender Persönlichkeit. Zur Einschätzung Benedikts als "konservativ" meinte Küberl, möglicherweise habe dieser nach dem Konzil "einen Schrecken davor bekommen, was sich alles an Vielfältigkeit und Farbenprächtigkeit in der Kirche entwickelt hat" - was ja nicht immer ganz einfach zu koordinieren war, wie Küberl einräumte.
Eine "ungemein sympathische, mitmenschliche und einfühlsame Form, wie Gläubigkeit vonstattengehen kann", habe der deutsche Papst in seiner Enzyklika "Deus caritas est" dargelegt und damit den Vorrang der Nächstenliebe als einen Wesensvollzug des Christseins unterstrichen. Andererseits hat es laut Küberl bei Benedikt "eine ganze Menge an schwierigen und nicht immer verstehbaren Entscheidungen und Situationen gegeben, wo man den Eindruck hatte: Ganz bewegt sie sich nicht, die Kirche". Im Pontifikat Benedikts habe Küberl vermisst, "dass er eine Perspektive von Kirche entwickelt, wo möglichst viele in vielfältiger und farbenprächtiger Weise Platz haben können". Als "Philosoph" habe Benedikt eher den Gleichklang betont - etwas, "das von den Menschen nicht in der Weise angenommen wird, wie es ihm und wie es vielleicht manchen anderen in der Kirche recht wäre".
Auf die Frage, was sich verändern muss, damit wieder mehr Menschen vom Glauben überzeugt werden, antwortete der Ex-Caritas-Chef, die Kirche mache in Bereichen wie tätige Nächstenliebe, Bildung, Engagement an den Rändern des Lebens viel Gutes. Letztlich gehe es nicht darum, "dass immer alle Menschen katholisch werden", sondern dass sich Menschen motiviert durch ihren Glauben in die Gestaltung der Zukunft einbringen. Der Papst solle "einer sein, der nicht selber alles dirigiert, sondern der in Wirklichkeit ein riesiges Orchester von Katholiken und Katholikinnen zum Klingen bringen kann", so Küberl. "Das ist die zukünftige Aufgabe, würde ich sagen."
Quelle: kathpress