Schönborn: Benedikt XVI. hat das Papsttum vermenschlicht
Papst Benedikt XVI. hat mit seinem Rücktritt 2013 das Papsttum vermenschlicht. Das hat Kardinal Christoph Schönborn Samstagmittag in einer Sonderausgabe der "Zeit im Bild" betont. Der Rücktritt sei ein "Schritt mit großer Bedeutung für kommende Generationen" gewesen, so Schönborn im ORF-Interview. Und er fügte hinzu, dass er persönlich diesen Schritt des Papstes verstanden habe, der seine Kräfte schwinden sah.
Das theologische Schaffen des Papstes, gebündelt in bisher 15 Bänden, sei ein "Meisterwerk der Theologie", so Schönborn. Benedikt werde aber nicht nur als Theologe, sondern auch als Papst, der stets Brücken bauen wollte, in Erinnerung bleiben. Freilich: Diese Brücken müssten auf den "Pfeilern der Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit" stehen. Das bleibe als Erbe des verstorbenen Papstes für die Zukunft bestehen.
Auf den Missbrauch in der Kirche angesprochen, erinnerte Schönborn an die "Causa Groer". Die vatikanische Kurie habe damals gebremst, als es darum ging, Untersuchungen gegen Kardinal Hans Hermann Groer durchzuführen. Kardinal Joseph Ratzinger, damals Präfekt der Glaubenskongregation, habe sich aber entschiedene für solche Untersuchungen eingesetzt und mit der Einrichtung eines eigenen Gerichtshofs für schwere Missbrauchsfälle in der Glaubenskongregation ein deutliches und wegweisendes Zeichen gesetzt. Benedikt XVI. habe zudem auch nie gezögert, eigene Fehler einzugestehen, "und das ehrt ihn auch", so Schönborn: "Benedikt XVI. hat immer für die Wahrheit plädiert, in der Theologie, in der Gesellschaft und auch was den Missbrauch betrifft."
Persönlich sei er dem Verstorbenen zutiefst verbunden gewesen, betonte Schönborn einmal mehr. Er habe ihn zuerst als wunderbaren Lehrer und später wunderbaren Vorgesetzten erlebt, so Schönborn, der Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. als "großen Meister" bezeichnete. Die persönlichen Begegnungen mit Benedikt XVI. seinen immer sehr herzlich und auch humorvoll gewesen, so der Wiener Erzbischof weiter. Das letzte Mal habe er den nun Verstorbenen 2019 persönlich getroffen.
Joseph Ratzinger sei eigentlich ein sehr scheuer Mensch gewesen, erinnerte Schönborn. Umso überraschender seien dann von Anfang an seine Gesten der offenen Hände gewesen. Das Papstamt habe es ihm ermöglicht, auf die Menschen zuzugehen. Benedikt XVI. habe zudem sehr viel Güte ausgestrahlt, "und er hat viele Bewunderer bis heute".
Quelle: kathpress