"Alarmstufe Weiß": Viele Fragen vor möglichem Tod von Benedikt XVI.
Eine Handvoll Kamerateams stehen vor dem Zugang zum Petersplatz, drei Übertragungswagen des italienischen TV-Senders RAI warten neben dem Petersdom auf ihren Einsatz. Am Donnerstag ist es verhältnismäßig ruhig auf dem Petersplatz - trotz der Mitteilungen über den ernsten Gesundheitszustand des früheren Papstes Benedikt XVI.
Es ist kein Vergleich zu den Bildern von 2005 und dem Tod von Papst Johannes Paul II. Tausende Menschen beteten damals vor Ort für den Sterbenden; viele reisten sogar extra aus Polen an. Doch Benedikt XVI. ist seit fast zehn Jahren kein amtierender Papst mehr. Bei seinem überraschenden Rücktritt 2013 hatte er ein zurückgezogenes Leben angekündigt. Obwohl die Umsetzung dessen zumindest unter dem Möglichen blieb - ein Sterben vor den Augen der Weltöffentlichkeit wie bei seinem Vorgänger war und ist es keineswegs.
Lediglich Fotos in Sozialen Netzwerken zeugten von Zeit zu Zeit von einem wenigstens körperlich stark abbauenden Mann. Bis auf wenige Äußerungen seines Privatsekretärs, Erzbischof Georg Gänswein, und Beteuerungen einiger ihm nahestehenden Personen über Benedikts geistige Wachheit hatte die Welt wenig Einblick in das Leben des früheren obersten Kirchenmanns.
Das ändert sich auch nach den Äußerungen von Papst Franziskus und dem Vatikan am Mittwoch nicht. Er sei altersbedingt schwer erkrankt, hieß es. Benedikt werde in seiner Wohnung im Vatikan ärztlich überwacht; die Lage sei unter Kontrolle. Italienische Medien berichten über eine sich schon seit Tagen verschlechternde Gesundheit - von starken Atemproblemen bis zu einem geschwächten Herzen.
Noch kein offizielles Regelwerk
Zugleich fragen sich Theologen und vor allem Journalisten: Was passiert, wenn das ehemalige Kirchenoberhaupt wirklich stirbt? Die Regeln für den Tod eines amtierenden Papstes sind klar festgelegt. Was mit dem ersten zurückgetretenen Papst seit über 700 Jahren geschehen wird, ist Neuland. Ein offizielles Regelwerk gibt es dazu nicht. Der Vatikan schweigt bislang - vermutlich auch aus Pietätsgründen. Wissen dürften es Papst Franziskus und sein Zeremonienmeister.
Kirchenexperten gehen davon aus, dass sich der Vatikan eher an Trauerfeiern für emeritierte Diözesanbischöfe orientieren dürfte. Schließlich ist Benedikt XVI. ehemaliger Bischof von Rom. So könnte es die vatikanische Pressestelle sein, die das Ableben mitteilt. Beim Tod des amtierenden Papstes ist dafür zunächst der Kämmerer intern zuständig, bevor es der Kardinalvikar von Rom anschließend der Bevölkerung mitteilt. Ob die Glocken des Petersdoms mit ihrem Läuten einen Hinweis auf den Tod geben werden, ist ebenso unklar.
In Besitz genommen und versiegelt wird seine Wohnung in den Vatikanischen Gärten ziemlich sicher nicht. Auch die neuntägige Trauerzeit nach dem Tod eines Papst wird vermutlich ausgelassen. Die Aufbahrung seines Leichnams und die Möglichkeit zum Abschiednehmen wird es beim Tod des 95-jährigen Deutschen mit Sicherheit geben. Das ist bei Bischöfen üblich.
Vermutlich werden die Zeremonien rund um den Tod des früheren Papstes aber doch ein wenig aufwendiger ausfallen als bei anderen emeritierten Bischöfen. Gäste aus aller Welt und vor allem aus Deutschland werden zur Trauerfeier in den Vatikan reisen. Sein Nachfolger Papst Franziskus könnte der Totenmesse selbst vorstehen. Wahrscheinlicher - wegen der gesundheitlichen Einschränkungen - ist, dass Franziskus persönlich die Riten der "Ultima Commendatio" (Aussegnung) und "Valedictio" (Verabschiedung) vornimmt. Das übernimmt er auch beim Tod eines Mitglieds des Kardinalskollegiums.
Ziemlich sicher ist der Ort der Beisetzung. In seinem geistlichen Testament soll er schon vor Jahren festgelegt haben, im ehemaligen Grab von Papst Johannes Paul II. seine letzte Ruhe finden zu wollen. Das schlichte Grab mit der weißen Marmorplatte befindet sich in den Vatikanischen Grotten unterhalb des Petersdoms. Mit der Seligsprechung wurde der polnische Papst in eine Seitenkapelle der Basilika umgebettet.
Noch aber lebt Benedikt XVI. Menschen auf der ganzen Welt beten für erkrankten 95-Jährigen. Der Vatikan plant am Freitag eine Messe für ihn in der römischen Lateranbasilika.
Quelle: kathpress