"Gruft Winterpaket": Caritas und Christopher Seiler erbitten Spenden
Die Caritas weiß, dass Obdachlosigkeit nach Krisen wie der zuletzt durch die Teuerungswelle verschärften zeitversetzt ansteigt. Durch diese Erfahrung "alarmiert" wolle die Caritas der Erzdiözese Wien Betroffenen mit dem "Gruft Winterpaket" helfen, versicherte Direktor Klaus Schwertner am Donnerstag in der Obdachloseneinrichtung "Gruft". Dort warb er gemeinsam mit Sänger Christopher Seiler vom Erfolgsduo "Seiler & Speer" um Spenden für die Caritas-Winternothilfe und nahm dabei auch die Politik in die Pflicht. Auch "Gruft"-Leiterin Judith Hartweger und der vor Kurzem noch wohnungslose Herbert veranschaulichten die aktuell besonders schwierige Situation Betroffener.
Schwertner belegte mit folgenden Zahlen die Dringlichkeit des Problems: In Österreich gelten laut Statistik Austria knapp 20.000 Menschen als wohnungslos; rund 60 Prozent davon sind in Wien registriert. Und diese Gruppe wird durchschnittlich immer jünger: Ein Drittel aller Wiener Wohnungslosen ist jünger als 30 Jahre alt. 148.000 Menschen in Österreich leben in Wohnungen, die sie nicht mehr angemessen warmhalten können. "Wir müssen jetzt handeln, um keinen Anstieg der Obdachlosigkeit zu riskieren", wandte sich Schwertner an Spendenwillige und Sozialpolitik.
Sorge bereite ihm, dass es - anders als zu Beginn der Pandemie - aktuell keinen Delogierungsstopp gebe. Die Fälle, dass zahlungssäumige Menschen aus ihren Wohnungen ausziehen müssen, hätten sich zuletzt wieder gehäuft. "Wir benötigen langfristige Hilfen wie eine armutsfeste Sozialhilfe - nicht nur, aber auch, um einen Anstieg der Obdachlosigkeit zu verhindern", hielt der Caritas-Direktor fest. Ein leistungsfähiger Sozialstaat sei angesichts der höchsten Inflation seit Jahrzehnten dringlicher denn je. "Der Druck für viele Menschen steigt", warnte Schwertner: "Mehr Menschen, auch Familien, suchen aktuell die Caritas Wärmestuben auf, Kinder kommen immer öfter hungrig in die Lerncafés."
Die Caritas bemühe sich um Abhilfe nicht nur mit ihrer Obdachlosenhilfe: Die Zahl der Notquartiersbetten wurde mithilfe des Fonds Soziales Wien auf mehr als 2.000 erhöht; Caritas-Streetworker verteilen Schlafsäcke an jene, die trotz der Kälte lieber im Freien bleiben, sowie warme Kleidung und Mahlzeiten; das "Kältetelefon" (01/480 4553) wurde seit Anfang November bereits 3.400 Mal angerufen; "Canisibus" und "Louisebus" sind die mobilen Hilfsangebote der Wiener Caritas.
Betroffenheit äußerte Schwertner über die zuletzt kolportierten 15 Mrd. Euro, die der Allgemeinheit durch Korruption entgingen: Diese müsse "bedingungslos bekämpft werden", um der steigenden Armut besser vorzubeugen.
"Ohne Caritas müsste man sich genieren"
Gemeinsam mit Musiker Christopher Seiler bat Schwertner um Spenden für ein "Gruft Winterpaket", bestehend aus Schlafsack plus sieben warmen Mahlzeiten. Um 70 Euro sei hier Unterstützung obdachloser Menschen ganz konkret möglich. Seiler zeigte sich "stolz, Teil dieser Kampagne zu sein". Der Sänger kritisierte die Politik, die "lieber Banken rettet" und Hilfsbereite zu "Bittstellern" degradiere. Seiler, an die Caritas-Mitarbeiter gewandt: "Ihr rettet Leben. Ohne Menschen wie euch könnt' man sich nur noch genieren."
Einblicke in die tägliche Arbeit in der "Gruft" gab Judith Hartweger: "Kaum hatten wir die Pandemie überstanden, beschäftigen uns jetzt Inflation und Teuerungen. Die Folgen spüren wir jeden Tag und jede Nacht." Von November 2021 bis November 2022 wurden allein in der "Gruft" fast 23.000 Kontakte mit Sozialarbeitern dokumentiert. Im selben Zeitraum schliefen fast 11.000 Menschen im Nachtquartier. Gemeinsam mit den Pfarren und hunderten Freiwilligen sei auch das Wärmestuben-Angebot ausgebaut worden, so Hartweger: 38 Pfarren und ein Verein öffnen deren Türen von Dezember bis März.
Einer der "Gruft"-Klienten und jetzigen Mithelfenden ist Herbert, der 2021 nach einer Trennung im Freien, meist auf der Donauinsel schlief, wie er berichtete. Nun sei er stolzer Bewohner einer von der Caritas zur Verfügung gestellten Startwohnung, die er längstens fünf Jahre belegen darf. Herbert möchte aber schon früher in eine Gemeindewohnung wechseln, sagte er. Seine Dankbarkeit zeige er der Caritas durch freiwillige Dienste bei deren Wohnungslosenhilfe.
(Caritas-Spendenkonto: IBAN AT163100000404050050, Kennwort: "Gruft Winterpaket"; Online-Spenden: www.gruft.at oder wirhelfen.shop)
Quelle: kathpress