Tirol: Ordensmann wegen sexuellen Kindesmissbrauchs verurteilt
Wegen schweren sexuellen Missbrauchs ist am Mittwoch ein 66-jähriger Mann in Innsbruck verurteilt worden. Der Ordensbruder aus einem Kloster in Osttirol war wegen sexueller Übergriffe auf eine minderjährige Ministrantin angeklagt, berichtet der ORF Tirol. Das Urteil auf dreieinhalb Jahre Haft ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte machte von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu den schweren Anklagevorwürfen zu verweigern, bekannte sich aber zumindest teilweise schuldig.
Das Opfer, eine mittlerweile junge Frau, hatte mit acht Jahren zu ministrieren begonnen, als der angeklagte Ordensbruder ein gutes Verhältnis zu dessen Mutter pflegte. Immer wieder gab es Geldgeschenke, bald suchte er aber auch die Nähe des kleinen Mädchens. Dabei kam es zu unerwünschten Berührungen und zuletzt auch zu schweren Übergriffen, wie oft lasse sich nicht sagen, weil die Vorfälle teilweise schon zehn Jahre zurückliegen und erst mit Beendigung der Ministrantenzeit aufhörten. Angeklagt waren aber auch drei, dem Beischlaf bzw. dem Versuch zuzuordnenden Übergriffe. Das Mädchen hatte sich seiner Mutter nie anvertraut.
Ans Tageslicht kam das Verbrechen erst heuer, als sich die inzwischen junge Frau auf Anraten ihres Freundes an die Ombudsstelle der Diözese Innsbruck wandte und dort auch Hilfe bekam. Die Staatsanwaltschaft wurde verständigt, zudem wurden dem Opfer auf Vermittlung der Klasnic-Opferschutzkommission 25.000 Euro ausbezahlt.
Bei der Gerichtsverhandlung wurde dem Schöffensenat eine Videoaufzeichnung mit Aussagen des Opfers vorgespielt. Der Angeklagte äußerte sich zu den Anschuldigungen nicht, worauf der Richter sagte, ein umfassendes und reumütiges Geständnis wäre mildernd gewesen. Auch wenn es schwer gewesen wäre, die Übergriffe einzugestehen, sei es für das Opfer "wesentlich schwieriger" gewesen, und zwar ein ganzes Leben lang. Von einer teilbedingten Strafe sah der Schöffensenat schon aus generalpräventiven Gründen ab.
Provinzial: Opfer und Täter im Blick
Der Provinzial der betroffenen Gemeinschaft, P. Fritz Wenigwieser, zeigte sich in einer ersten Reaktion gegenüber Kathpress betroffen von dem Fall, "der uns furchtbar leid tut". Der Orden wolle besonders auf das Opfer sehen, weshalb die Begleichung der Therapiekosten für die betroffene Frau wie auch die Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden "selbstverständlich" gewesen seien und man auch überlegen werde, welche Wiedergutmachung geschehen könne. Darüber hinaus habe es schon im vergangenen Jahr - noch vor Bekanntwerden des Falls in Tirol - in Österreich wie auch in weltweit allen Regionen der Ordensgemeinschaft Schulungen für die Missbrauchs-Prävention gegeben. Auch in Zukunft werde man den Fokus besonders auf die Prävention legen.
Als "Gratwanderung" bezeichnete P. Wenigwieser den künftigen Umgang mit dem nunmehr verurteilten Ordensbruder innerhalb seiner Gemeinschaft. "Früher war es üblich, jemanden nach einem derart kapitalen Fehler aus dem Orden auszuschließen. Inzwischen hat man gemerkt, damit der Gesellschaft keinen Dienst zu erweisen." Als Regionalleiter sei es ihm ein Anliegen, einen guten Umgang mit der zum Täter gewordene Betroffenen zu finden, denn: "Wir können ihn ja nicht irgendwo parken". Werde die Haftstrafe schlagend, "so werden wir im Orden überlegen, wer ihn im Gefängnis besucht".
Opfer von Missbrauch und Gewalt im kirchlichen Bereich finden unter www.ombudsstellen.at Hilfe.
Quelle: kathpress