Österreichs Orden wollen "viele kleine Friedensbeiträge" leisten
Klar vom Krieg in der Ukraine gezeichnet war der diesjährige "Missionstag" der Orden, der am Mittwoch im Rahmen der Ordenstagungen 2022 im Wiener Kardinal-König-Haus stattgefunden hat. Unter dem Motto "Die frohe Botschaft und der Krieg in Europa" haben rund 50 Vertreterinnen und Vertreter der im Missions-Bereich tätigen katholischen Ordensgemeinschaften mit Fachexperten über die Art und Weise diskutiert, wie sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Beilegung des Krieges beitragen und Beiträge zur Friedenssicherung liefern können. Derartiges Engagement sei heute und auch in Zukunft dringender denn je gefragt, so der Tenor der Debatte.
Zum "zivilen Widerstand" ermutigte der Friedensforscher Thomas Roithner die Ordensmitglieder. Schon seit den 1980er-Jahren sei dieser erfolgreicher als der gewaltsame Widerstand gewesen und habe etwa entscheidend zur Beendigung der Diktatur auf den Philippinen unter Präsident Ferdinand Marcos (1972-1986) beigetragen. Auch Ordensleute hätten sich daran beteiligt, als sich Menschen nur mit Schildern oder betend vor die Panzer gestellt hätten. Damals habe eine Solidarisierung stattgefunden, "denn man schießt nicht so leicht auf Unbewaffnete", sagte Roithner. Freilich handle es sich bei zivilem Widerstand um "kein Schönwetterprogramm".
Neutrales Österreich gefordert
Als gangbaren Weg für Österreich bezeichnete Roithner den zivilen Friedensdienst, der in Deutschland bereits ein "Erfolgsmodell für Friedens- und Konfliktarbeit" sei. Auch in Österreich liefen dazu die Vorarbeiten: Acht Organisationen hätten sich in einem Koordinationskomitee miteinander vernetzt und seien Ansprechadresse für das Außenministerium, um Fachkräfte auszubilden, die dann in Krisen- und Konfliktgebiete entsendet werden könnten. Ein Pilotprojekt im Libanon läuft bereits. Roithner: "Wir sind der Ansicht, dass es so ein Erfolgsmodell auch gerade für ein neutrales Land wie Österreich geben sollte", so der Privatdozent für Politikwissenschaft an der Universität Wien und Mitarbeiter des Internationalen Versöhnungsbundes.
Auf weltpolitischer Ebene sprach sich der Friedensforscher für "Foren, wo Expertinnen und Experten unterschiedlicher Staaten die Lage beurteilen und gemeinsam über Probleme und Lösungen verhandeln", aus. Alle - nicht nur einige wenige militärisch oder wirtschaftlich Potente - müssten dabei mit am Tisch sitzen, um Herausforderungen zu meistern, die nicht weniger würden: Etwa im Hinblick auf die sich im Zuge des Klimawandels abzeichnenden Konflikte sollten "nicht nur die Verursacher" - die sich "permanent weigern, entsprechende Maßnahmen zu setzen" - einbezogen werden. Weiters empfahl Roithner, "nicht mit zweierlei Maß zu messen": So untragbar es sei, dass Russland den Ukrainekrieg als "Spezialoperation" nenne, dürften auch westliche Mächte ihre Kriegseintritte nicht als "humanitäre Intervention" oder "Krisenmanagement" schönreden.
Bildung als Friedensmaßnahme
Auf die Wirkung "vieler kleiner Beiträge in einem großen Ganzen zur Friedenssicherung" verwies in einem weiteren Vortrag Bernhard Drumel, Geschäftsführer der sich auf Osteuropa fokussierenden "Concordia"-Sozialprojekte, bei der sich auch Vertreter österreichischer Ordensgemeinschaften federführend beteiligen. Frieden sei nicht allein Abwesenheit von Krieg, sondern auch "Abwesenheit von persönlicher und struktureller Gewalt in allen Gesellschaftsbereichen", zitierte Drumel den schwedischen Friedensforscher Johan Galtung, sowie auch den deutschen Friedensnobelpreisträger Willy Brandt mit: "Wo Hunger herrscht, ist auf Dauer kein Friede möglich."
Bei Concordia, das mit 550 Mitarbeitenden rund 13.000 Kinder und Jugendliche in Moldau, Rumänien, Bulgarien und Kosovo erreicht, liegt laut Drumel der Fokus auf Präventionsarbeit in vielen Tageszentren und eigenen Schulen, Jobcoaching, Berufsschulen, Kinderparlamenten und Jugendarbeit. Kinder und Jugendlichen ein selbstbestimmtes Leben ohne Ausgrenzung zu ermöglichen, sei das klare Ziel. Am ehesten durch Bildung könne es gelingen, aus dem "Teufelskreis der Armut" auszubrechen, wobei es auch viel Anstrengungen brauche, "um Familien klarzumachen, dass Bildung einen höheren Wert hat als ein Einkommen durch Betteln".
Kinder werden von "Concordia" darin unterstützt, "zu gesunden, gut informierten und verantwortungsbewussten Bürgern zu werden", zitierte der Geschäftsführer aus der Begründung des kürzlich verliehenen "Pax Christi-Preises 2022" an die Hilfsorganisation, die vom Ukraine-Krieg auch unmittelbar betroffen ist: Viele der in Moldawien gestrandeten Flüchtlinge aus dem Nachbarland würden von Concordia betreut, auch psychologisch. Unterstützt werde man dabei von vielen Organisationen, darunter auch Caritas, Jugend Eine Welt sowie Jesuit Relief Service.
Quelle: kathpress