Marketz: Konzil gab der Volksgruppenversöhnung in Kärnten Impulse
Das vor 60 Jahren eröffnete, für die Weltkirche wegweisende Zweite Vatikanische Konzil sorgte in Kärnten auch auf gesellschaftspolitischer Ebene für wichtige Anstöße zur Versöhnung der Volksgruppen: Wie Bischof Josef Marketz am Freitagabend im Stift St. Georgen/Längsee ausführte, wurde bei der zehn Jahre später durchgeführten Diözesansynode zur Umsetzung der Beschlüsse des Konzils auf ortskirchlicher Ebene wichtige Weichen gestellt: Der Synodenbeschluss Nr. 33, betitelt mit "Das Zusammenleben der Deutschen und Slowenen in der Kirche Kärntens", sei 1972 von den Delegierten "mit großer Mehrheit gefasst worden, während gleichzeitig in Südkärnten von gewaltbereiten Landsleuten zweisprachige Ortstafeln entfernt wurden", erinnerte Marketz.
Der selbst der slowenischen Volksgruppe angehörende Kärntner Bischof erwähnte den bei der Synode beschlossenen Koordinationsausschuss, "der auf synodale Art und Weise unter Einbeziehung aller betroffenen Menschen das Zusammenleben und die Zusammenarbeit von Christinnen und Christen der beiden Volksgruppen unterstützen sollte". Die ersten beiden Vorsitzenden dieses Ausschusses - Valentin Inzko und Ernst Waldstein - seien zwei "Botschafter der Versöhnung" gewesen, "die aus der Kirchengeschichte Kärntens nicht mehr wegzudenken sind", so Marketz. Viele Jahre lang seien sie von Pfarre zu Pfarre gewandert und hätten in den neu eingerichteten Pfarrgemeinderäten zwischen den Vertretern der beiden Volksgruppen vermittelt, um Versöhnung und Frieden herzustellen. Konflikte hätten Inzko und Waldstein dabei nicht unter den Teppich gekehrt - im Bewusstsein, dass an die Oberfläche gehört, was aufgearbeitet werden soll.
Von der Beharrlichkeit der beiden Laienvertreter könne heute gelernt werden, "dass Reformen und Neuausrichtungen auch und vielleicht gerade in der Kirche mühsam sind", wies Bischof Marketz hin.
Anlass für seine Ausführungen war das 50-Jahr-Jubiläum der Kärntner Diözesansynode, die - wie in anderen Diözesen auch - das Konzil ortskirchlich konkretisierte. Der jetzige Diözesanrat der Diözese Gurk-Klagenfurt trat am Wochenende im Stift St. Georgen/Längsee erstmals nach fast vier Jahren in neuer Formierung zusammen; als Grund für die lange Pause gab die Diözese den Bischofswechsel (Josef Marketz folgte 2020 auf Alois Schwarz) und die Corona-Pandemie an.
Konzil leitete "ungeheure Wandlung" ein
Bischof Marketz leitete den Festakt zum Jubiläum mit Grußworten ein, im anschließenden Festvortrag blickte der Klagenfurter Theologe und Historiker Josef Till auf die Kärntner Diözesansynode von 1972 zurück.
Das 1962 eröffnete Vatikanische Konzil leitete laut Marketz "einen ungeheuren Wandlungsprozess in der katholischen Kirche ein". Er erwähnte die erneuerte Liturgie, die Stellung der Kirche in der säkularen Welt sowie die neue Beziehung zu christlichen Konfessionen und nichtchristlichen Religionen. In der 1972 abgehaltenen Diözesansynode sei spürbar geworden, "dass die Zeit vorbei ist, da die Kirche wesensmäßig hierarchisch verfasst war, deren Wahrheiten nicht hinterfragt werden durften, schon gar nicht durfte man daran etwas ändern".
Der Bischof verwies auf ein ganz anderes Bild für Kirche, das sich auf dem Konzil durchsetzte: jenes der "Gemeinschaft des Gottesvolkes". In dieser Linie sehe er auch die Arbeit des neu konstituierten Diözesanrates und die von diesem Gremium mitverantwortete künftige Pastoral und Kirchenstruktur. Marketz riet dabei zu einem Blick "mit Gottes liebenden Augen" und plädierte für eine Kirche, die von "Gift und Polemik" absieht und "jenseits aller Spaltung in progressiv oder liberal und konservativ" das Gemeinsame voranstellt. Der Bischof wörtlich: "Gott, befreie uns vom Kritisieren, von Unduldsamkeit, Härte und Wut. Das ist nicht nur eine Frage des Stils, sondern der Liebe."
Kirchenhistoriker Till bezeichnete die Ergebnisse der von Kardinal Franz König und dem damaligen Gurker Bischof Joseph Köstner eröffneten Diözesansynode von 1972 als "Magna Charta" für die katholische Kirche in Kärnten und als "Sternstunde" in deren Geschichte. Gerade hinsichtlich der Gleichwertigkeit der beiden in Kärnten gesprochenen Sprachen sei "die Kirche der Politik um Jahre voraus" gewesen. Anwesend beim Festakt war u.a. der gleichnamige Sohn des damaligen Versöhners und ehemalige Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, Valentin Inzko.
Diözesanrat verantwortet Seelsorge mit
Die konstituierende Plenarsitzung des Diözesanrates endete am Samstagnachmittag. Inhaltlicher Schwerpunkt der Sitzung war der Kirchenentwicklungsprozess der Diözese Gurk. Im Rahmen der von Bischof Marketz initiierten Neukonzeption diözesaner Gremien wurden in den vergangenen zwei Jahren in der Projektgruppe "Diözesanrat neu" Besetzung und Aufgabenbereiche des Diözesanrates überarbeitet sowie ein neues Statut verfasst. Es sieht vor, dass das Gremium zukünftig noch stärker für die inhaltliche und strategische Ausrichtung der Seelsorge zuständig ist und "über pastorale Belange der Diözese berät und entscheidet", wie es hieß. Elisabeth Schneider-Brandauer, Direktorin des Bischöflichen Seelsorgeamtes der Diözese Gurk, verbindet mit der Diözesansynode den Mut zum Aufbruch und damit eine "Geschichte, die wir heute fortschreiben wollen".
Die mindestens zweimal jährlich stattfindenden Sitzungen des Diözesanrates, der regulär alle fünf Jahre mit Mitgliedern aus den 23 Dekanaten der Diözese neu zusammengesetzt wird, sind öffentlich. Der Diözesanrat der Diözese Gurk, in dem die Kärntner Katholikinnen und Katholiken repräsentiert sind, ist laut Statut "ein Gremium, das im kirchlichen Heilsdienst den Bischof in seinem Amt mitverantwortlich unterstützt". Dem Diözesanrat gehören unter der Leitung des Bischofs weitere 70 Personen an, die von Amts wegen, durch Wahl oder durch Ernennung bestimmt sind. Der Diözesanrat fasst Beschlüsse und gibt Richtlinien und Empfehlungen, die durch die Bestätigung durch den Bischof Rechtswirksamkeit erlangen.
Quelle: kathpress