Polak zum Synodalen Prozess: "Riesenproblem", wenn nichts geschieht
Die prinzipielle Ausrichtung des von Papst Franziskus angestoßenen weltweiten Synodalen Prozesses ist "ausgezeichnet" - es müssen aber am Ende konkrete reformerische Entscheidungen gefällt werden. Das hat die Wiener Pastoraltheologin Prof. Regina Polak im Interview mit "katholisch.de" unterstrichen. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, wir sind damit nur beschäftigt worden und dann passiert wieder nichts. Denn dann hätten wir ein Riesenproblem. Die Leute laufen uns dann wirklich davon", warnte Polak. Auch könne sie gut verstehen, wenn Gläubige nach früheren Dialogprozessen dem Synodalen Prozess mit Skepsis begegneten. Daher rate sie den Bischöfen auch, die laufenden diözesanen Prozesse fortzusetzen.
Polak gehört dem "nationalen Synodenteam" an und hat an der Österreich-Synthese mitgewirkt. Thematisch erwartet die Wiener Theologin bei den kommenden Bischofssynoden eine hohe Relevanz des Frauenthemas: "Das wird auf kontinentaler und weltkirchlicher Ebene ein zentrales Thema werden müssen." Weltweit werde schließlich seitens der Frauen mehr Partizipation und Mitspracherecht in der Kirche eingefordert. Zögerlich zeigte sich Polak indes im Blick auf die gerade aus dem deutschsprachigen Raum forcierten Forderungen nach einer Öffnung der Weiheämter für Frauen: "Zum einen ist das weltkirchlich keinesfalls einhellige Meinung, zum anderen ist es nicht das einzige Thema, das wir in der Kirche haben" - wichtiger sei ihres Erachtens die Befassung mit den multiplen Krisen weltweit: "Ich sitze gerade in meiner schönen warmen Wohnung und woanders auf der Welt kämpfen Frauen ums Überleben. Das bereitet mir mehr Sorgen als die Frage nach dem Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern."
Für "Freiräume des Experimentierens"
Auch zeigte sich die Theologin skeptisch gegenüber ortskirchlichen pastoralen Alleingängen: Damit mache man es sich "zu einfach". Es müssten stets kontinentale und weltkirchliche Folgen mitbedacht und nach "gesamtkirchlichen Lösungen" gesucht werden, mahnte Polak. "Es muss klare Regelungen geben, auch für die Freiräume des Experimentierens. Und das sollte in Absprache mit der Weltkirche geschehen."
Offene Baustellen ortete die Theologin außerdem beim Thema Missbrauch bzw. Missbrauchsaufarbeitung. Bis heute gebe es eine "Kultur des Wegschauens in der Kirche". Missbrauch sei außerdem "nicht nur ein Problem von einzelnen Persönlichkeiten, sondern ein Systemproblem", zu dem auch eine "falsch verstandene Loyalität" gehöre, die Täter "im Namen einer irregeleiteten Barmherzigkeit" schütze. Zugleich würdigte Polak die in Österreich umgesetzten Maßnahmen wie etwa die Rahmenordnung "Die Wahrheit wird Euch frei machen", die umfassende Präventionsmaßnahmen umfasst und verpflichtend für alle Mitarbeitenden in der Kirche ist. "Das gab es zu meiner Jugendzeit alles noch nicht und ist eine Folge dieser Erschütterung durch den Missbrauchsskandal damals."
Der Forderung nach einem erneuten Konzil erteilte Polak ebenfalls eine Absage: "Wir haben nicht einmal das II. Vatikanum ordentlich implementiert." Es brauche bis zu 100 Jahren, bis ein Konzil bei den Menschen ankomme. Bis dies soweit ist, wünsche sie sich "einen synodalen Prozess, der das Konzil weiter führt und an dem sich alle intensiv beteiligen, damit in Rom dann gute Entscheidungen fallen können."
Quelle: kathpress