Kirche zu Tiroler Abtreibungsplänen: Schwangere besser unterstützen
Zu dem von der Tiroler Landesregierung geplanten Ausbau des Abtreibungsangebots in Tirol meldet sich nun die Katholische Kirche zu Wort. Das Anliegen der Kirche sei "nicht die Verschärfung von Strafandrohungen, sondern eine effektive und kompetente Hilfestellung für schwangere Frauen, die um eine gute Entscheidung ringen" und ebenso das Initiieren von präventiven Maßnahmen. Das betonte der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler in einer Aussendung am Dienstag. In dieser forderten neben Glettler weitere kirchliche Vertreterinnen und Vertreter einen "sorgsamen und am Menschen orientierten Umgang mit diesem sensiblen Thema". Dringend benötigt würden "strukturelle Verbesserungen, Aufklärung über Alternativen zum Abbruch und eine ergebnisoffene Beratung".
Klare Worte richtete Bischof Glettler, der in der Bischofskonferenz für den Bereich Ehe, Familie und Lebensschutz verantwortlich ist, an die zuständigen Vertreterinnen und Vertreter der Tiroler Landesregierung: "Schwangerschaft ist eine Zeit starker körperlicher Belastungen, aber in keinem Fall eine Krankheit. Aus diesem Grund können Abtreibungen nicht Teil der staatlich zu gewährleistenden Gesundheitsversorgung sein - es sei denn, dass die Gesundheit der Mutter ernsthaft gefährdet ist."
Hintergrund für den Kirchenvorstoß war ein kürzlich veröffentlichtes Interview der Tiroler Soziallandesrätin Eva Pawlata (SPÖ) mit der Austria Presse Agentur (APA). Diese hatte gefordert, Abtreibungen sollten "flächendeckend an allen öffentlichen Krankenhäusern" und kostenlos angeboten werden - mit einem Beratungsangebot, das aber "auf keinen Fall kirchlich" sein dürfe. Diese Haltung stimme Glettler "traurig und betroffen", sagte der Bischof in der Kirchenzeitung "Tiroler Sonntag" (aktuelle Ausgabe). "Es kommt einem Affront gegenüber allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kirchlicher und kirchennaher Einrichtungen gleich, die über Jahrzehnte für Frauen im Einsatz sind, sie beraten, für ihre Rechte kämpfen und ihnen Unterstützung bieten", so Glettler.
"Jede Schwangerschaft ist ein Geschenk und eine Herausforderung. In Konfliktsituationen kann sie zu einer großen Belastung werden", betonte Glettler. Deshalb sei es notwendig, Schwangeren in Notlagen jede nötige Unterstützung zukommen zu lassen - angefangen mit einer einfühlsamen Beratung, die Perspektiven aufzeigt, bis hin zu finanzieller Hilfe und einer realen Entlastung im Alltag. "Sowohl das Wohl der Mutter als auch jenes des Kindes ist in jedem Fall zu berücksichtigen", stellte der Bischof klar.
Frauenbewegung: "Recht auf Unterstützung"
Auch die Katholische Frauenbewegung forderte verstärkte Investitionen in Beratung, Begleitung, Prävention und Bewusstseinsbildung: "Abtreibung stellt ein unlösbares ethisches Dilemma dar", sagte Angelika Ritter-Grepl, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs. Ein "Recht auf Abtreibung" könne es nicht geben, da die Autonomie einer Schwangeren immer "in Bezogenheit" zum Leben und der Würde ihres Kindes zu denken sei. Jeder Frau sei aber ein "Recht auf Unterstützung" und "Getragensein" einzuräumen, sowohl vor als auch nach einer möglichen Entscheidung für eine Abtreibung oder auch für das Austragen eines Kindes und das Leben mit ihm.
Die Notwendigkeit von Maßnahmen zur sozialen Sicherung aller Menschen sowie Gerechtigkeit in der Bewertung und Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern betonte Helene Daxecker-Okon, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung der Diözese Innsbruck: "Dazu braucht es auch eine effiziente politische Unterstützung von Familien und eine Wertschätzung der Fürsorgearbeit", sagte Daxecker-Okon. "Stigmatisiert und abgewertet werden darf keine Frau, weder eine, die sich für ein Kind entscheidet, noch jene, die eine Abtreibung vornimmt."
Hilfe und Beratung
Die Diözese Innsbruck machte auch auf die jahrzehntelange Erfahrung kirchlicher und kirchennaher Einrichtungen bei der Schwangerenberatung aufmerksam. Es sei unbedingt in allen politischen Entscheidungen zu berücksichtigen, dass es beim Thema Schwangerschaftsabbruch eine ganzheitliche Herangehensweise und die Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen brauche.
Einrichtungen wie die Caritas, die Initiative "Frauen helfen Frauen" oder die "Aktion Leben" seien unverzichtbare Akteure in der Tiroler Soziallandschaft, die jede Frau individuell und je nach Notlage, ungeachtet ihrer Herkunft und Religion unterstützten. "In die Caritas-Schwangerenberatung kommen Frauen in existenziellen Notsituationen. Sie finden dort einen geschützten Raum für ihre Ängste und Sorgen", erklärte die Tiroler Caritasdirektorin Elisabeth Rathgeb. "Kompetente Beraterinnen und eine Hebamme stehen für alle Fragen zur Verfügung und helfen auch bei der Suche nach Alternativen. Wie immer die Entscheidung der Frau oder des Paares ausgeht: Das Angebot begleitender Unterstützung bleibt aufrecht", so Rathgeb.
Enttabuisierung und flankierende Maßnahmen
Letztlich sei es auch notwendig, das Thema enttabuisieren, betonte Bischof Glettler: "Mir ist es sehr wichtig, die Beweggründe von Frauen für oder gegen einen Abbruch zu verstehen", so der Innsbrucker Bischof, der sich eine ideologiefreie Diskussion wünsche. "Ganz deutlich möchte ich für das ungeborene Kind Partei ergreifen. Sein elementares Lebensrecht darf nicht geringer bewertet werden als das Freiheits- und Selbstbestimmungsrecht einer erwachsenen Person." Diesen Grundkonflikt zu benennen und gewaltfreie Lösungen vorzuschlagen, sei das Anliegen derer, die sich für Lebensschutz einsetzen. "Es ist unseriös, diese Personen in das Eck von Fundamentalisten zu drängen - ebenso ist jede politische Vereinnahmung der Abtreibungsgegner und -gegnerinnen zu verurteilen", betonte Bischof Glettler.
Es sei vielmehr Aufgabe der Gesundheitspolitik, das Leben in seinen verwundbarsten Phasen zu schützen, so der Bischof, es gelte die lange versprochenen "flankierenden Maßnahmen" endlich umzusetzen. Dazu gehörten eine statistische Erfassung der tatsächlich durchgeführten Abtreibungen, um eine seriöse Motivforschung zu ermöglichen und auch die Einführung einer ausreichenden Bedenkzeit zwischen Beratung und Eingriff. Wirklich schmerzhaft sei der immer noch bestehende diskriminierende Tatbestand, dass ein Kind mit einer diagnostizierten körperlichen Beeinträchtigung bis zur Geburt abgetrieben werden kann, so der Innsbrucker Bischof. "Damit betreiben wir eine Selektion von scheinbar 'lebensunwürdigen' Leben, die dem Anspruch einer humanen, inklusionsbereiten Gesellschaft in keiner Weise gerecht wird".
Quelle: kathpress