Eisenstadt: Martinsfest im Zeichen christlicher Solidarität
Im Zeichen von Solidarität, Gerechtigkeit und dem Bemühen um Frieden stand das diesjährige Martinsfest in der Diözese Eisenstadt. Als Ehrengast war heuer Kardinal Jean-Claude Hollerich, Präsident der Kommission der Bischofskonferenz der Europäischen Gemeinschaft (ComECE), nach Eisenstadt gekommen. Er stand am Freitagvormittag gemeinsam mit Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics dem Festgottesdienst zum Martinifest im Eisenstädter Dom vor.
In seiner Predigt rief Hollerich zu einer neuen Kultur des Teilens auf. Teilen bzw. Solidarität wahrhaft christlich verstanden sei mehr als nur das Geben vom Überfluss. Der Heilige Martin, der - ähnlich wie heute - in einer Zeit des Übergangs lebte, habe es vorgezeigt: Bei den römischen Soldaten gehörte die Hälfte ihrer Ausstattung dem römischen Staat bzw. der Armee, die andere Hälfte war ihr Privatbesitz. Der Heilige habe also, als er seinen Mantel teilte, alles verschenkt, was ihm gehörte. Er habe sich auf eine Stufe mit dem Bettler gestellt und habe so Gerechtigkeit hergestellt, betonte der Kardinal: "Wäre es nicht schön, wenn wir uns sagen könnten, dass all das, was wir besitzen, ein Geschenk Gottes ist? - Ein Geschenk, das uns anvertraut ist. Das uns gar nicht gehört und das wir mit anderen teilen." Das sei freilich alles andere als einfach, räumte Hollerich ein, "auch nicht für Bischöfe".
In einer solchen Haltung des Teilens und der gegenseitigen Fürsorge könne eine neue Kultur entstehen. Dazu brauch es freilich auch mehr als nur ein "Scheinchristentum", mahnte der Kardinal, der zugleich selbstkritisch fortsetzte: Auch die Bischöfe seien vor diesem Scheinchristentum nicht gefeit: "Man betet sein Brevier, geht zur Anbetung in der Kapelle. Man feiert die Heilige Messe. Und dann trifft man Entscheidungen nach anderen Kriterien als denen des Evangeliums. Und dann liege ich falsch. Denn: Das Gebet und die Messe müssen mir ja helfen, damit die 24 Stunden des Tages mit Liebe, mit christlichem Denken und Handeln erfüllt sind."
Der Luxemburger Kardinal verwies auf ein Sprichwort: "Man wird nicht automatisch zu einem Auto, wenn man jede Woche 40 Minuten in einer Garage steht." Und so sei es auch mit dem Christentum. Man werde nicht automatisch nur deshalb zum Christen, wenn man jeden Sonntag die Messe besucht. In der Eucharistiefeier müssten sich die Gläubigen formen und verändern lassen und zu liebenden, teilenden und letztlich zutiefst glücklichen Menschen werden.
Zum Teilen gehöre auch, so Hollerich weiter, den Mitmenschen nicht zu verurteilen, ihn anzunehmen und ihn zu begleiten. Zeit teilen sei besonders wichtig in der gegenwärtigen schnelllebigen Welt: "Und wenn wir unseren Kindern diese urchristlichen Werte weitergeben, dann werden sie glückliche Menschen sein".
Widerstand der Liebe
Der Erzbischof von Luxemburg kam auch auf den Ukraine-Krieg zu sprechen und unterstrich den unbedingten christlichen Einsatz für den Frieden. "Sicher muss der Friede auch mit Waffen verteidigt werden. Das hatten wir vergessen und wir haben es jetzt wieder gelernt. Aber das alleine genügt nicht. (...) Der höchste Widerstand, den wir leisten können, ist der Widerstand der Liebe." Die Kultur der Liebe werde letztlich über den Krieg triumphieren, zeigte sich der Kardinal überzeugt. Und er fügte hinzu: "Das wird auch Opfer kosten. Die Kirche zählt auch viele Märtyrer. Aber die Liebe allein wird triumphieren, weil Gott die Liebe ist."
Bischof Zsifkovics konnte im bis auf den letzten Platz gefüllten Eisenstädter Dom u.a. auch den griechisch-orthodoxen Metropoliten Arsenios (Kardamakis) und den evangelischen Superintendenten Robert Jonischkeit begrüßen. Auch Altbischof Paul Iby feierte mit. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Politik waren ebenfalls gekommen. Die musikalische Gestaltung hatten der "Chor der Religionslehrer:innen der Diözese" gemeinsam mit der Tamburizza Koprive (Szentpéterfa, Ungarn) und der Polizeimusik Burgenland inne. Im Anschluss an die Messe wurden die traditionellen Martinskipferl gesegnet und verteilt.
Gebet für den Frieden
Schon am Donnerstagabend wurde im Eisenstädter Dom im Rahmen einer byzantinischen Vesper für den Frieden in der Ukraine gebetet. Der Generalvikar der katholischen Ostkirchen in Österreich, Yuriy Kolasa, stand dem Gottesdienst gemeinsam mit Kardinal Hollerich und Bischof Zsifkovics vor. Bischof Zsifkovics zeigte sich in seinem Grußwort tief betroffen vom Leid der Menschen in der Ukraine und rief zum verstärkten Gebet, aber ebenso auch zur materiellen Hilfe auf. Die Menschen im Burgenland sollten zu Martini zu "Lichtträgern und Friedensboten" werden und "Hoffnung, Trost und Zuversicht in die Welt tragen". Er bete inständig für den Frieden in der Ukraine, so der Bischof und dass dann auch - "Gott möge es geben" - Versöhnung möglich wird.
Die burgenländische Caritasdirektorin Melanie Balaskovics zitierte bei der Vesper aus einem Hilfsschreiben des Charkiwer griechisch-katholischen Bischofs Vasyl Tuchapets, der von unbeschreiblicher Not berichtete. Die Dörfer in der Umgebung Charkiws wurden durch den russischen Beschuss schwer beschädigt, sodass die Menschen in der Stadt Schutz suchen. Viele Gebäude hätten durch den Beschuss aber zerbrochene Fenster, sodass die erste Aufgabe darin bestehe, dafür zu sorgen, dass es die Menschen in ihren Wohnungen warm hätten. Lebensmittel, warme Sachen und Medikamente würden weiterhin benötigt, wobei letztere Priorität haben, da mit dem kalten Wetter auch saisonale Krankheiten auftreten werden. Die Kirche verteile so viele Hilfsgüter wie möglich, sei freilich auf Hilfe von außen angewiesen.
Im Zuge der Feierlichkeiten zu Martini bitten die Diözese Eisenstadt und die Caritas Burgenland deshalb um eine gemeinsam Martinstat. Unter dem Motto "Fenster für Frierende" kann für die durch den Winter bedrohten Menschen der zerbombten Stadt Charkiw in der Ostukraine gespendet werden.
(Caritas der Diözese Eisenstadt, IBAN: AT34 3300 0000 0100 0652, BIC: RLBBAT2E, Verwendungszweck: Martinstat Winterhilfe)
Quelle: kathpress