Wiener Pastoralamtsleiter: "Unsere Themen sind in Rom angekommen"
Am Donnerstag wurde in Rom das Arbeitsdokument für die zweite Phase der Weltsynode vorgestellt. Dieses fasst auf 45 Seiten Sorgen und Nöte in katholischen Diözesen weltweit zusammen. Dabei stehen vor allem besseres gegenseitiges Zuhören und Beteiligung aller im Fokus. Hervorgehoben werden Frauen, gesellschaftliche Randgruppen und Minderheiten. Der Wiener Pastoralamtsleiter Markus Beranek findet die in der Erzdiözese Wien zur Sprache gekommen Themenfelder im Arbeitspapier wieder und ortet einen Paradigmenwechsel im kirchlichen Selbstverständnis, wie er in einem auf der Website der Erzdiözese Wien veröffentlichten Beitrag betont: "Die Themen, die uns auf diözesaner Ebene, in den vorbereitenden Gesprächen und Wortmeldungen beschäftigt haben, sind angekommen."
Er erhoffe sich nun eine neue Dynamik, so Beranek, denn: Wer sich gehört fühlt, sei auch motiviert, sich noch mehr auf den Prozess des Hinhörens und des gemeinsamen Suchens einzulassen. Synode sei für ihn weniger eine klar definierbare oder rechtlich zu verankernde Institution als vielmehr "eine Haltung, die es einzuüben und auf Dauer zu praktizieren gilt: Es geht ums Erzählen, Hinhören und Unterscheiden. Im Weiteren braucht es dazu passende Strukturen und Formen der Ausbildung, um Menschen auch dazu zu befähigen", so der Pastoralamtsleiter.
Das Thema von Befähigung und Teilnahme, besonders auch von Frauen, sei eines der zentralen Themenfelder, die, wie das Dokument zeige, die Menschen weltweit bewegt.
Als Paradigmenwechsel im Kirchenbild deutet Beranek das dem Dokument vorangestellte Zitat aus dem alttestamentlichen Buch Jesaia: "Mach den Raum deines Zeltes weit!" Wenn die Kirche als Zelt gesehen werde, in dessen Mitte Gott wohnt und das möglichst weit offen sein soll, so sei dies ein Verständnis, das mit althergebrachten Bildern wie "Burg" und "glorreicher befestigter Stadt" wenig gemeinsam habe. Das Zeltheiligtum könne nur bestehen, wenn die sie haltenden Seile in Spannung seien. So gesehen sei Synodalität auch die positive Bejahung von Pluralität. In der Kirche selbst finde sich "eine plurale Welt wieder, was etwa in unterschiedlichen Sichtweisen zum Ausdruck kommt, etwa beim Thema Ordination von Frauen, verschiedenen Zugängen zur Liturgie und anderem mehr".
Synodale Haltung bedeute in diesem Zusammenhang die Fähigkeit, dem anderen in seiner Andersartigkeit offen zu begegnen und Fremdes auszuhalten. Diese gesunde Spannung halte, bildlich gesprochen, das Zelt aufrecht.
Schließlich weise das Bild vom Zelt auch auf die Mobilität hin. Wie das Evangelium bzw. wie Kirche konkret gelebt wird, könne und werde sich notwendigerweise zu verschiedenen Zeiten und verschiedenen Orten unterscheiden.
Die synodale Haltung habe in der Erzdiözese Wien in manchen Aspekten schon eine gewisse Tradition, so Beranek. Die aktive Teilnahme an der Leitung sei in vielen Gemeinden bereits im Gange und entwickle sich weiter. Das im Arbeitspapier erwähnte Miteinander in der Kirche, in der Ökumene und zwischen unterschiedlichen Religionen sei in vielen Bereichen gelebte Praxis. Dennoch bleibe die Synodalität eine Herausforderung. Bewährte Strukturen müssten noch effizienter und durchlässiger werden, um Räume für Austausch und Begegnung zu schaffen. Die anziehende Kraft des Evangeliums gerade auch für junge Menschen erfahrbar werden zu lassen, sieht Beranek dabei als eine der größten Herausforderungen für die Kirche.
Eingaben der Kirche aus aller Welt
Für die Ausarbeitung des vatikanischen Arbeitsdokuments hatten sich rund 50 Fachleute aus aller Welt - darunter aus Österreich Kardinal Christoph Schönborn - zwölf Tage lang zu Beratungen in Frascati unweit Rom getroffen. Jeder vorab eingereichte Bericht von Bischofskonferenzen, Orden und anderen wurde gründlich studiert. Neben den Synthesen der nationalen Bischofskonferenzen schickten die orientalischen katholischen Kirchen, Ordensgemeinschaften, die Mehrheit der Vatikanbehörden sowie rund 1.000 Privatpersonen und Gruppierungen ihre Anliegen nach Rom.
Auf Grundlage des Papiers sollen die sieben kontinentalen Bischofsversammlungen - Afrika, Ozeanien, Asien, Naher Osten, Europa, Lateinamerika sowie USA/Kanada - bis März 2023 je ein eigenes Dokument erstellen. Diese sieben Texte wiederum fließen in ein zweites Arbeitsdokument der Weltsynode ein, das im Juni nächsten Jahres erscheinen soll. Auf dessen Grundlage berät dann die Weltbischofs-Synode in Rom.
Ursprünglich sollte die Synode abschließend im Herbst 2023 tagen. Jüngst hatte der Papst überraschend erklärt, dass der Prozess um ein Jahr verlängert werde. So soll vom 4. bis 29. Oktober 2023 erstmals und im Oktober 2024 erneut über die Ergebnisse des weltweiten Synodalen Prozesses beraten werden.
Quelle: kathpress