Wien: Weitere 20 Erwachsene zur Taufe zugelassen
Erneut sind am Donnerstagabend 20 Erwachsene in Wien zur katholischen Taufe zugelassen worden. Pastoralamtsleiter Markus Beranek überreichte in Vertretung von Kardinal Christoph Schönborn bei einer liturgischen Feier in der Pfarre Rossau elf Taufbewerberinnen und neun Taufbewerbern - die meisten gebürtig aus dem Mittleren Osten, mehreren europäischen Ländern und fünf aus Österreich - die Zulassungsurkunde als offizielle "Zusage, dass der Weg zur Taufe offen ist". Die Spendung der Initiationssakramente Taufe, Firmung und Erstkommunion steht für die Katechumenen in den nächsten Wochen bis Jahresende in ihren jeweiligen Wohnpfarren an. Bereits im Frühjahr waren in einer ersten, größeren Zulassungsfeier der Erzdiözese Wien 58 Erwachsene zur Taufe zugelassen worden.
Beranek zeigte sich bewegt von den verschriftlichten Glaubenszeugnissen der angehenden Christinnen und Christen. Diese im Zuge der Taufvorbereitung verfassten Texte zeugten davon, "wie Sie die Beziehung zu Gott auf die Spur sind, wie viel Sehnsucht, Trost, Geborgenheit und Berührtheit Sie in Gottesdiensten oder beim Lesen der Bibel verspüren". Für viele Täuflinge sei der Glaube an Jesus Christus eine "lebendige Erfahrung von innerem Frieden und Geborgenheit", die dann für die Entscheidung für die Taufe ausschlaggebend gewesen sei. Dabei sei das Christwerden jedoch "kein Momentereignis, sondern ein Weg", der oft auch mit Herausforderungen verbunden sei, gab der Pastoralamtsleiter zu bedenken. Schwierigkeiten sollten dabei zu "innerem Wachstum" genützt werden.
Mehrere der von Beranek angesprochenen Glaubensbiografien der Katechumenen wurden in anonymisierter Form bei der Feier auch verlesen. Ein in einem islamischen Land aufgewachsener Bewerber hatte beispielsweise angegeben, er habe infolge seiner Lebenserfahrungen und offener Fragen in der Bibel nach Antworten gesucht und diese in einem speziellen Bibelvers gefunden. Eine Frau aus derselben Region berichtete, sie habe erst nach ihrer Flucht nach Österreich Gleichberechtigung der Geschlechter erlebt und habe in der Bibel dafür die entscheidende Grundlage gesehen, "da ich dort las, dass wir alle Kinder Gottes sind. Wie glücklich bin ich, ein Kind Gottes zu werden", so die Taufbewerberin.
Doch auch für viele aus Europa stammenden Katechumenen nimmt die Heilige Schrift eine zentrale Rolle in ihrer Glaubensgeschichte ein. "Die Bibel ist das größte Wunder in meinem Leben", erklärte eine Österreicherin, die in glaubenslosem Umfeld aufwuchs und mit 19 erstmals intensiv mit dem Christentum in Berührung kam.
Die Verlusterfahrung beim Tod eines Angehörigen im Jugendalter habe bei ihr einen Nachdenkprozess ausgelöst und gezeigt, "wie wichtig und stark Liebe ist", so eine weitere Person, bei der das Gespräch mit einem Diakon den entscheidenden Ausschlag gab. Eine andere Frau schrieb, der Glaube gebe ihr Kraft und helfe, ruhiger und "ein ein bisschen besserer Mensch" zu sein. "Ich wünschte, ich hätte Jesus schon früher kennengelernt", so ein weiteres Glaubenszeugnis.
Höhepunkt der Vorbereitung
In der katholischen Kirche ist die traditionelle Form die Kindestaufe, als Folge der Säkularisierung wie auch von Fluchtbewegungen und Migration kommt es in den jüngsten Jahren aber zunehmend auch zu Erwachsenentaufen. Das Sakrament wird nach einem intensiven, mindestens einjährigen Glaubenskurs in der Regel rund um das Osterfest gespendet, wobei die in vielen Diözesen übliche Zulassungsfeier als abschließender Höhepunkt der Vorbereitungszeit gilt. In Wien gibt es dafür seit einigen Jahren neben dem Haupttermin in der Fastenzeit auch einen Termin im Herbst für später in die Vorbereitung eingestiegene erwachsene Taufkandidaten ("Katechumenen"), die das Sakrament dann dezentral in Pfarren der Diözese rund um den Christkönigssonntag sowie in der Advent- und Weihnachtszeit empfangen.
Im Frühjahr waren in Österreichs Diözesen rund 150 Erwachsene zur Taufe zugelassen worden. In Summe dürfte es heuer wie bereits im Vorjahr an die 200 Erwachsenentaufen geben, davon 90 in der Erzdiözese Wien, so die Einschätzung von Daniel Vychytil, Leiter des Koordinationsbüros für Katechumenat und Asyl der Österreichischen Bischofskonferenz. Waren die Täuflinge in den Jahren nach 2015 aufgrund der Migrationsströme - 2017 erreichte deren Anzahl mit 890 einen bisherigen Rekord - vorwiegend männlich, registriert Österreichs Kirche heuer erstmals wieder mehr weibliche Katechumenen.
Wie sich die Erwachsenentaufen in Zukunft entwickeln, hängt von mehreren Faktoren ab, erklärte Vychytil gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress. Aktiv beworben wird die Erwachsenentaufe nicht, "die meisten klopfen von sich aus an die Kirchentüren und nehmen Kontakt auf", so der Experte. Mehrere Diözesen böten jedoch auf ihrer Webpräsenz Informationen zum Prozedere und teils auch eigene personelle Verantwortliche für das Erwachsenenkatechumenat.
Derzeit gebe es noch relativ wenige Taufanmeldungen für das Jahr 2023, eine Änderung sei zumindest mittelfristig jedoch denkbar, so Vychytil mit Blick auf die politischen Entwicklungen im zuletzt wichtigsten Taufbewerber-Herkunftsland. "Wenn es im Iran zu keiner Systemänderung kommt, könnte die Zahl der Flüchtlinge bald wieder ansteigen." Ukrainische Täuflinge gebe es hingegen kaum, die meisten Ankömmlinge seien schon orthodoxe oder griechisch-katholische Christen. Als Trend zeige sich jedoch, dass die Zahl der Österreicherinnen und Österreicher unter den Taufbewerbern langsam, aber stetig zunehme.
Quelle: kathpress