Caritas: Sozialleistungs-Valorisierung überfällig, aber nicht genug
Die Valorisierung vieler Sozialleistungen ist in den Augen der Caritas ein überfälliger Schritt, doch sind im Kampf zur Abwendung der bevorstehenden soziale Krise weitere Maßnahmen notwendig. Durchaus bringe das am Mittwoch im Nationalrat beschlossene dritte Anti-Teuerungspaket sowie die Pensionserhöhungen "wichtige Verbesserungen", betonte Generalsekretärin Anna Parr anschließend in einer Aussendung. Die in den Gesetzespaketen verankerten Beschlüsse gingen jedoch nicht weit genug. "Will die Regierung einen sozialen Rettungsschirm aufspannen, müssen die Sozialleistungen generell auf ein armutsfestes Niveau angehoben werden", betonte Parr.
Die Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen - eine langjährige Forderung der Caritas - werde durchaus langfristig wirken, da der Effekt weit über jenen von Einmalzahlungen hinaus gehe, lobte Parr. Man dürfe sich aber angesichts einer Teuerung, die erst im September die 10-Prozent-Marke überschritten habe, keiner Illusion hingeben: Gerade für einkommensschwache Haushalte werde die höchste Teuerungsrate seit 70 Jahren zur Frage der Existenz.
Zudem würden mit den Paketen nicht alle Sozialleistungen angehoben. Die Grundversorgung oder der Kindermehrbetrag, für Alleinerziehende von besonderer Bedeutung, würden beispielsweise nicht valorisiert, so die Caritas-Kritik. "Wichtig wäre zudem, dass bei der Anpassung an die Teuerung auch der Wertverlust der vorangegangenen Jahre ausgeglichen wird. Im Falle der Familienbeihilfe beläuft sich der Wertverlust beispielsweise schon auf rund 25 Prozent", gab Parr zu bedenken. Das und weitere Beispiele, etwa im Bereich des Arbeitslosengeldes oder der Notstandshilfe, zeigten: "Das System in Österreich ist nicht armutsfest."
Die Summe der Reformen sei deswegen eher ein "Stückwerk", das für die akute Krisensituation nicht ausreiche, wobei der Winter mit den hohen Energiekosten erst bevorstehe, warnte Parr. Strukturelle Reformen müssten daher bereits jetzt in Angriff genommen werden, appellierte die Generalsekretärin an die Bundesregierung. "Setzen Sie besser heute als morgen die lange angekündigte Arbeitsmarktreform um." Mit einer Gesamtreform der Sozialhilfe könne außerdem ein soziales Auffangnetz geschaffen werden, das "Frauen, Männer, Familien und Kinder vor Armut schützen bzw. sie daraus entkommen lassen", so Parr.
Diakonie: Sozialhilfe versagt in der Krise
Kritik an den aktuellen Sozialprogrammen der Regierung übte auch die evangelische Diakonie. "Jetzt in der Teuerung brauchen wir eine Sozialhilfe, die gegen Armut wirkt. Doch die aktuellen Sozialhilfegesetze versagen in der Krise", sagte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in einer Aussendung am Mittwoch. "Wer ein Anti-Teuerungspaket schnürt, darf zur schlechten Sozialhilfe nicht schweigen", so Mosers Überzeugung. Denn "wer es bisher schwer hatte, wird es mit dem heutigen Beschluss nur wenig besser haben".
Das "Mindeste" absichern hieße, allen Menschen in Österreich tatsächlich das Recht auf ein menschenwürdiges Leben zu garantieren. Durch die Abschaffung der Mindestsicherung und die Einführung der Sozialhilfe in den Ländern komme es jedoch weiterhin zu massiven Verschlechterungen in der Armutsbekämpfung; problematisch seien zudem der Abzug der Wohnbeihilfe und die Kürzungen beim Lebensunterhalt. - Der Wohnzuschuss bzw. die Wohnbeihilfe wird nicht am tatsächlichen Wohnaufwand gemessen, sondern an einem fiktiven Richtsatz, der die tatsächlichen Wohnkosten schon lange nicht mehr abbilde, so die Diakonie. Auch Menschen mit Behinderung würden schlechter gestellt.
"Eine starke Mindestsicherung wäre ein solider Schutz gegen Armut", zeigte sich Moser überzeugt. Mit Corona und der Teuerung seien auch die sozialen Probleme größer geworden. Diese Krisen zeigten, wie wichtig eine "gute Mindestsicherung wäre, statt einer schlechten Sozialhilfe, die Menschen in Existenznöten und Notsituationen nicht trägt."
Quelle: kathpress