Wien: Politiker und Kirchenvertreter beten um Frieden in der Ukraine
Im Zeichen des Gebets für den Frieden in der Ukraine stand am Dienstagabend ein ökumenischer Gottesdienst in der Wiener Hofburgkapelle, zu dem die christlichen Kirchen die Mitglieder des National- und Bundesrates eingeladen hatten. Der Vorsitzende der orthodoxen Bischofskonferenz, Metropolit Arsenios (Kardamakis), stand der Feier vor, die anlässlich der Herbstsession des Parlaments angesetzt war und bereits Tradition hat. Kardamakis verurteilte am Rande des Gottesdienstes gegenüber Kathpress die russische Eskalation. Dieser Wahnsinn, bei dem nun sogar der Einsatz von Atomwaffen nicht mehr auszuschließen sei, müsse ein Ende haben, betonte er. Mit dem Metropoliten leiteten die Liturgie der katholische Weihbischof Stephan Turnovszky sowie die evangelische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler, die predigte.
Ausgehend von der biblischen Lesung aus dem Kolosserbrief ging die evangelische Oberkirchenrätin der Frage nach, welche Bedeutung christliche Nachfolge und eine verbindliche Richtschnur auch für Menschen in politischer Verantwortung haben können. Gerade Abgeordnete seien aufgrund der zahlreichen Anforderungen ihres Arbeitsalltags, alles erledigen, meistern, lösen und absolvieren zu müssen, gefährdet, Opfer einer allgemein beobachtbaren kulturellen und psychischen Burnout-Krise zu werden.
Als Gegenmittel riet Bachler zu einer neuen Form der Beziehung zur Welt, die der Soziologe Hartmut Rosa als "Resonanz" bezeichnet habe und damit folgende Haltung meine: "Die Menschen hören sensibel aufeinander und sind bereit für Antworten." Diese Haltung sei auch ein wichtiger Teil des politischen Berufes. Auch wenn die Antworten unter Politikern unterschiedlich ausfielen, es gehe darum, sie nach bestem Wissen und Gewissen zu suchen. "Und vielleicht mit der Richtschnur der Nachfolge Jesu", so die Oberkirchenrätin.
Als Beispiel für authentische Nachfolge berichtete Bachler von einer ukrainischen evangelischen Pfarrerin, die jüngst an einem Treffen von Amtskolleginnen in Wien teilgenommen hatte. Sigita, so der Name der Pastorin, sei - wie der Apostel Paulus in der Tageslesung - massiven Anfeindungen ausgesetzt und müsse vielleicht sogar um ihr Leben fürchten im Krieg in der Ukraine. "Dennoch bleibt sie ihrer Heimat treu, kümmert sich um ihre Gemeinde, um die Menschen, die in Furcht leben, die ihre Kinder an der Front wissen, die sich vor Raketeneinschlägen fürchten müssen. Sigita nimmt das in Kauf, weil sie das Evangelium verkünden will. Oder einfach, weil sie Menschen helfen will. Das ist konsequent, das ist Nachfolge für mich."
Im Rahmen der Liturgie konnten die mitfeiernden Politikerinnen und Politiker Dank und Bitte vor Gott bringen, indem sie einzeln ein Weihrauchkorn auf glühende Kohlen legten. "Wie Weihrauch zum Himmel aufsteigt, so mögen auch wir unsere Herzen zu Gott erheben", führte Weihbischof Turnovszky dazu aus. Der ökumenische Gottesdienst endete mit einem Segen, den die drei kirchlichen Amtsträger gemeinsam spendeten.
Metropolit Arsenios hob am Rande des Gottesdienstes gegenüber Kathpress sowohl das gute Verhältnis zwischen Staat und Kirchen als auch innerhalb der Kirchen hervor. Er zeigte sich dankbar für die nun schon längere Tradition, wonach Vertreter der Kirchen und des Parlaments im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes zum Gebet zusammenkommen. Dabei gehe es letztlich immer auch um das gemeinsame Bemühen, die Botschaft des Evangeliums zum Wohl der Gesellschaft fruchtbar zu machen.
Die Initiative zum ökumenischen Gottesdienst mit den Parlamentariern ging wie schon in den Vorjahren seit 2014 vom Generalsekretär der Bischofskonferenz und Rektor der Hofburgkapelle, Peter Schipka, aus, der für Einladung und Vorbereitung zuständig war. Für die musikalische Gestaltung sorgte das Vokalensemble der Wiener Dommusik unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Landerer.
Quelle: kathpress