Schönborn: Irene Harand ist bleibendes Vorbild für Zivilcourage
Die Nazi-Gegnerin und Autorin Irene Harand ist für Kardinal Christoph Schönborn "ein Beispiel von Zivilcourage, von Mut, von Glauben und der konkreten Umsetzung des Glaubens in das Leben." Das hat der Wiener Erzbischof im Blick auf den Jahrestag des Rosenkranzfestes am 7. Oktober 1938 - es gilt als die größte öffentliche Manifestation gegen das NS-Regime innerhalb des damaligen Deutschen Reiches - in einer Kathpress vorliegenden Botschaft betont und gleichzeitig an die jetzt auf YouTube abrufbare Marathonlesung aus dem Harand-Buch "Sein Kampf - Antwort an Hitler" erinnert. Sie fand am 12. März 2005 im Wiener Erzbischöflichen Palais statt. 100 namhafte Persönlichkeiten hatten damals zwölf Stunden lang das gesamte, von den Nazis verbotene und verbrannte Buch vorgelesen.
In der jetzt an den Veranstalter der damaligen Marathonlesung gerichteten Botschaft, den Wiener Verleger Franz Richard Reiter, in dessen "Ephelant"-Verlag Harands Buch neu aufgelegt wurde, schrieb der Kardinal: "Irene Harand war überzeugt, dass kein Mensch verachtet werden darf, dass alle Menschen gleicher Würde sind. Diese Grundüberzeugung ihres Glaubens hat sie auch gelebt." Sie sei daher "ein Beispiel von Zivilcourage, von Mut, von Glauben und der konkreten Umsetzung des Glaubens in das Leben." Harand habe ihre Überzeugung auch gelebt, schrieb der Wiener Erzbischof und hielt fest: "Sie soll Vorbild für uns alle sein. Daher lade ich alle ein, sich mit ihr zu beschäftigen. Ihr Vorbild brauchen wir für uns persönlich und für unser Land. Dringend sogar."
Beitrag zum Gedenkjahr 2005
Die Maranthonlesung aus dem Konsistorialsaal des Bischofshauses war ein bemerkenswerter Beitrag zum damaligen Gedenkjahr 2005 und wurde live mittels Videowall auf den Stephansplatz übertragen. 100 prominente Persönlichkeiten wirkten als Lesende, Moderatoren oder Musiker an der Lesung mit. Unter ihnen waren Ernst Grissemann, Peter Marboe, Dietmar Schönherr, Elfriede Ott, Peter Mati, Helmuth Lohner, Elena Strubakis, Elfriede Gerstl, Alfred Noll, Topsy Küpers, Anne Bennent, Friederike Mayröcker, André Heller, Karl Merkatz, Peter Turrini, Roland Batik, Otto Lechner, Hans Rauscher und Franz Küberl. Auch Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und Christoph Kardinal Schönborn beteiligten sich. Ernesto Cardenal schickte eine Grußbotschaft.
Schönborn leitete damals die Eröffnung der Veranstaltung und verfasste auch das Vorwort für die 2005 im "Ephelant"-Verlag erschienene Neuauflage von Harands Buch. In seinem Geleitwort unterstrich der Wiener Erzbischof: "Christ sein und Antisemit sein sind unvereinbar." Er betonte Irene Harands Motto: "Ich kämpfe gegen den Antisemitismus, weil er unser Christentum schändet."
Infolge der Marathonlesung hatte der Veranstalter und Verleger Reiter dazu aufgefordert, im Geist Harands Vorschläge für ein besseres Österreich zu machen. Daraus entstanden sind das Buch und die gleichnamige DVD "Hundert Österreicherinnen und Österreicher. 100 Vorschläge für ein besseres Österreich". Sie sind über den "Ephelant"-Verlag nach wie vor beziehbar, wie Reiter gegenüber Kathpress am Dienstag erklärte.
Widerstand und Emigration
Irene Harand, am 7. September 1900 in Wien geboren und am 3. Februar 1975 in New York City/USA verstorben, gründete 1933 zusammen mit dem 1940 im KZ Sachsenhausen ermordeten Anwalt Moriz Zalman die "Harand-Bewegung" als "Weltbewegung gegen Rassenhass und Menschennot". In ihrem 1935 erstmals erschienenen Buch "Sein Kampf - Antwort an Hitler" widerlegt Harand Hitlers Thesen. Ihr Buch wurde daraufhin von den Nazis verboten und verbrannt.
Harand, österreichische Katholikin und Vorreiterin gegen den Nationalsozialismus, begann in den 30er Jahren mit ihrer Bewegung den wachsenden Antisemitismus zu bekämpfen. Zur Emigration gezwungen, lebte sie ab 1938 in New York, wo sie ihren Widerstand aufrechterhielt und österreichischen Juden zur Flucht in die USA half. Sie ist Mitbegründerin des "Free Austrian Movement". 1969 wurde sie von der israelischen "Yad Vashem"-Gedenkstätte als "Gerechte unter den Völkern" geehrt. 1971 erhielt sie das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
(Link zum Video: https://www.youtube.com/channel/UCWKvXo4W4ut4HRYYCSzR5gg)
Quelle: kathpress