Kampf gegen Hunger: Mary's-Meals-Gründer vermisst Ernsthaftigkeit
Die derzeit in New York versammelte UNO zeigt zu wenig Entschiedenheit bei ihrem Ziel, den permanenten Hunger bis 2030 zu beseitigen: Diese Kritik hat der Gründer der Schulernährungsinitiative "Mary's Meals", Magnus MacFarlane-Barrow, bei einem Pressegespräch am Mittwoch in Wien geäußert. "Das Erreichen von null Hunger, Ernährungssicherheit und nachhaltiger Landwirtschaft gilt nach der Beseitigung von Armut als zweitwichtigstes Nachhaltigkeitsziel. Ideen und Mittel für eine Umsetzung gäbe es, es fehlt aber an Einsatz und Willen. Nehmen wir dieses Ziel überhaupt ernst?", hinterfragte der Schotte.
Erst kürzlich hat die Welternährungsorganisation WFP wegen einer "Hungerkrise von nie dagewesenem Ausmaß" Alarm geschlagen. Die Zahl der weltweit von akutem Hunger Betroffenen habe sich demnach infolge von Pandemie, Klimawandel, Benzin- und Düngemittelknappheit sowie Kriegen seit 2019 verdoppelt auf nunmehr 352 Millionen Menschen in 52 Ländern. "Die Situation ist heute schlimmer denn je", so auch MacFarlane-Barrows Wahrnehmung aus Berichten und Besuchen in betroffenen Gebieten. Zu Sommerbeginn habe er selbst das Leiden der Landbevölkerung in der kenianischen Region Turkana miterlebt, wo schon seit vier Jahren Dürre herrsche. Die Menschen wüssten, dass nach dem Tod ihrer Tiere nun bald ihr eigener bevorstehe.
So entsetzlich die Zahlen und Schicksale dahinter auch anmuteten - hoffnungslos sei die Lage insgesamt nicht, betonte MacFarlane-Barrow. "Weltweit wird genug Nahrung erzeugt, um die gesamte Menschheit zu ernähren." Als gangbaren Weg zur Beseitigung des schlimmsten Hungers habe sich seit der Gründung vor 20 Jahren seine Schulernährungsinitiative erwiesen. Mit einem Grassroots-Ansatz gelinge es, auch mit wenig Mitteln das Überleben von Kindern zu sichern, den Schulbesuch und -erfolg sprunghaft zu steigern, kleinbäuerliche Landwirtschaft zu fördern und sogar gesellschaftliche Konflikte zu entschärfen. Eine "Generation Hoffnung" der beteiligten Kinder und Jugendlichen wachse heran.
Ein Jahr Essen um 18,30 Euro
"Mary's Meals" stellt Schulmahlzeiten in 20 der am meisten von Hunger geplagten Ländern zur Verfügung, wie etwa in Malawi, Äthiopien, Uganda, Haiti, Indien, Myanmar und Syrien. Mit Spenden kauft die Organisation in den jeweiligen Ländern Grundnahrungsmittel bei Kleinbauern und lässt sie von Freiwilligen in Schulküchen zubereiten. Bereits mehr als 2,2 Millionen Kinder erhalten auf diese Weise tagtäglich eine einfache, aber nahrhafte Mahlzeit, die für viele die einzige Nahrung am Tag darstellt. Durch den enormen Einsatz von Freiwilligen können die Kosten pro Kind für ein ganzes Jahr Schulverpflegung mit durchschnittlich 18,30 Euro äußerst niedrig gehalten werden.
"Will man das Null-Hunger-Ziel erreichen, wäre die Absicherung einer Schulmahlzeit für jedes Kind der notwendige erste Schritt", betonte MacFarlane-Barrow, der 2015 vom "Times"-Magazin unter die "100 einflussreichsten Persönlichkeiten" gereiht wurde. Er hofft auf einen "Lerneffekt" und Nachahmung durch andere Organisationen und Regierungen, wie dies im südostafrikanischen Malawi bereits gelungen sei. In dem Land, in dem 70 Prozent der Bevölkerung von weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag leben, erhalten derzeit 30 Prozent aller Kinder im Grundschulalter tagtäglich an ihrer Schule "Mary's Meals".
Viele kleine Spendenaktionen
In Österreich sammelt "Mary's Meals" seit 2014 Spenden, mit "vielen kleinen Aktionen, die in Summe derzeit 115.000 Kindern anderswo die tägliche Schulmahlzeit absichern", erklärte die Geschäftsführerin Klara Heidlberger beim Pressegespräch. Nur durch Mundpropaganda und mit einem Personal-Minimum begleitet die Social-Profit-Initiative engagierte Freiwillige bei der Umsetzung ihrer Ideen. "Die Palette reicht von Firmlings- und Pfarrprojekten, Handarbeits-Verkaufsständen und Geschenkverzicht an Geburtstagen bis hin zu Schultaschen-Sammelaktionen und Benefiz-Laufveranstaltungen", berichtete Heidlberger.
Die Kreativität der Beiträge ist laut der Österreich-Geschäftsführerin schier grenzenlos: Ein Rollstuhlfahrer sammelt unter dem Motto "Move 4 Meals" Geld für jeden zurückgelegten Kilometer Geld, ein Autor stiftet den Verkaufserlös seines Buches, auch Starkoch Helmut Österreicher tischt regelmäßig zugunsten der Initiative auf. Demnächst am 4. Oktober um 19.30 Uhr lädt "Mary's Meals" zu einem Benefizkonzert junger Künstler ins Schloss Schönbrunn, das seine Große Galerie zum bereits fünften Mal dafür kostenlos zur Verfügung stellt. (Weitere Infos: www.marysmeals.at)
Quelle: kathpress